Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Antons Panßa von Mancha
werden wollen, ob man gleich einem ehrlichen Man-
ne, nicht einmal ihre Prosa zu lesen ansinnen
darf. Jch gebe ihnen mein Wort: Sie sollen
in Gesellschaften alle Vorzüge eines wahren Dich-
ters haben; aber freylich für baares Geld, denn
ohne dieses können sie unmöglich verlangen, er-
träglich zu seyn.

Noch ein paar Worte will ich von den andern
Arten des Scribenten
sagen, welchen ich durch
meine Taxen das Recht gebe, sich unter die Ge-
lehrten zu mengen, ob ihnen gleich die Welt, die
Kunstrichter, und vielmals ihr eignes Gewissen
sagen, daß sie in diese ehrwürdige Zunft nicht
gehören.

Jch habe an verschiednen meiner Landsleute *)
wahrgenommen, daß ihr Witz und ihr Verstand
mit den reifenden Jahren auf eben die Art ab-
nimmt, wie er in andern Gegenden Deutschlands,
und, wie ich vermuthe, in der ganzen Welt zunimmt.
Wo das herkommen mag, weis ich nicht; daß es
aber in der That so ist, lehrt mich die Erfahrung
alle Messen. Jch habe weise Knaben kennen ler-
nen, welche in ihrem sechzehnten Jahre, durch ver-
schiedne Blätter in moralischem Formate, strenge
und einsehende Sittenrichter der Welt waren;
und im dreyßigsten Jahre waren sie kaum noch
geschickt, einen Winkelschulmeister abzugeben.

Andere
*) Daran dürfen wir unsre Leser nicht mehr erinnern, in
welchem Lande Herr Anton Panßa dieses schreibt.

Antons Panßa von Mancha
werden wollen, ob man gleich einem ehrlichen Man-
ne, nicht einmal ihre Proſa zu leſen anſinnen
darf. Jch gebe ihnen mein Wort: Sie ſollen
in Geſellſchaften alle Vorzuͤge eines wahren Dich-
ters haben; aber freylich fuͤr baares Geld, denn
ohne dieſes koͤnnen ſie unmoͤglich verlangen, er-
traͤglich zu ſeyn.

Noch ein paar Worte will ich von den andern
Arten des Scribenten
ſagen, welchen ich durch
meine Taxen das Recht gebe, ſich unter die Ge-
lehrten zu mengen, ob ihnen gleich die Welt, die
Kunſtrichter, und vielmals ihr eignes Gewiſſen
ſagen, daß ſie in dieſe ehrwuͤrdige Zunft nicht
gehoͤren.

Jch habe an verſchiednen meiner Landsleute *)
wahrgenommen, daß ihr Witz und ihr Verſtand
mit den reifenden Jahren auf eben die Art ab-
nimmt, wie er in andern Gegenden Deutſchlands,
und, wie ich vermuthe, in der ganzen Welt zunimmt.
Wo das herkommen mag, weis ich nicht; daß es
aber in der That ſo iſt, lehrt mich die Erfahrung
alle Meſſen. Jch habe weiſe Knaben kennen ler-
nen, welche in ihrem ſechzehnten Jahre, durch ver-
ſchiedne Blaͤtter in moraliſchem Formate, ſtrenge
und einſehende Sittenrichter der Welt waren;
und im dreyßigſten Jahre waren ſie kaum noch
geſchickt, einen Winkelſchulmeiſter abzugeben.

Andere
*) Daran duͤrfen wir unſre Leſer nicht mehr erinnern, in
welchem Lande Herr Anton Panßa dieſes ſchreibt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0342" n="320"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Antons Panßa von Mancha</hi></fw><lb/>
werden wollen, ob man gleich einem ehrlichen Man-<lb/>
ne, nicht einmal ihre Pro&#x017F;a zu le&#x017F;en an&#x017F;innen<lb/>
darf. Jch gebe ihnen mein Wort: Sie &#x017F;ollen<lb/>
in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften alle Vorzu&#x0364;ge eines wahren Dich-<lb/>
ters haben; aber freylich fu&#x0364;r baares Geld, denn<lb/>
ohne die&#x017F;es ko&#x0364;nnen &#x017F;ie unmo&#x0364;glich verlangen, er-<lb/>
tra&#x0364;glich zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <p>Noch ein paar Worte will ich von den <hi rendition="#fr">andern<lb/>
Arten des Scribenten</hi> &#x017F;agen, welchen ich durch<lb/>
meine Taxen das Recht gebe, &#x017F;ich unter die Ge-<lb/>
lehrten zu mengen, ob ihnen gleich die Welt, die<lb/>
Kun&#x017F;trichter, und vielmals ihr eignes Gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x017F;agen, daß &#x017F;ie in die&#x017F;e ehrwu&#x0364;rdige Zunft nicht<lb/>
geho&#x0364;ren.</p><lb/>
          <p>Jch habe an ver&#x017F;chiednen meiner Landsleute <note place="foot" n="*)">Daran du&#x0364;rfen wir un&#x017F;re Le&#x017F;er nicht mehr erinnern, in<lb/>
welchem Lande Herr Anton Panßa die&#x017F;es &#x017F;chreibt.</note><lb/>
wahrgenommen, daß ihr Witz und ihr Ver&#x017F;tand<lb/>
mit den reifenden Jahren auf eben die Art ab-<lb/>
nimmt, wie er in andern Gegenden Deut&#x017F;chlands,<lb/>
und, wie ich vermuthe, in der ganzen Welt zunimmt.<lb/>
Wo das herkommen mag, weis ich nicht; daß es<lb/>
aber in der That &#x017F;o i&#x017F;t, lehrt mich die Erfahrung<lb/>
alle Me&#x017F;&#x017F;en. Jch habe wei&#x017F;e Knaben kennen ler-<lb/>
nen, welche in ihrem &#x017F;echzehnten Jahre, durch ver-<lb/>
&#x017F;chiedne Bla&#x0364;tter in morali&#x017F;chem Formate, &#x017F;trenge<lb/>
und ein&#x017F;ehende Sittenrichter der Welt waren;<lb/>
und im dreyßig&#x017F;ten Jahre waren &#x017F;ie kaum noch<lb/>
ge&#x017F;chickt, einen Winkel&#x017F;chulmei&#x017F;ter abzugeben.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Andere</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0342] Antons Panßa von Mancha werden wollen, ob man gleich einem ehrlichen Man- ne, nicht einmal ihre Proſa zu leſen anſinnen darf. Jch gebe ihnen mein Wort: Sie ſollen in Geſellſchaften alle Vorzuͤge eines wahren Dich- ters haben; aber freylich fuͤr baares Geld, denn ohne dieſes koͤnnen ſie unmoͤglich verlangen, er- traͤglich zu ſeyn. Noch ein paar Worte will ich von den andern Arten des Scribenten ſagen, welchen ich durch meine Taxen das Recht gebe, ſich unter die Ge- lehrten zu mengen, ob ihnen gleich die Welt, die Kunſtrichter, und vielmals ihr eignes Gewiſſen ſagen, daß ſie in dieſe ehrwuͤrdige Zunft nicht gehoͤren. Jch habe an verſchiednen meiner Landsleute *) wahrgenommen, daß ihr Witz und ihr Verſtand mit den reifenden Jahren auf eben die Art ab- nimmt, wie er in andern Gegenden Deutſchlands, und, wie ich vermuthe, in der ganzen Welt zunimmt. Wo das herkommen mag, weis ich nicht; daß es aber in der That ſo iſt, lehrt mich die Erfahrung alle Meſſen. Jch habe weiſe Knaben kennen ler- nen, welche in ihrem ſechzehnten Jahre, durch ver- ſchiedne Blaͤtter in moraliſchem Formate, ſtrenge und einſehende Sittenrichter der Welt waren; und im dreyßigſten Jahre waren ſie kaum noch geſchickt, einen Winkelſchulmeiſter abzugeben. Andere *) Daran duͤrfen wir unſre Leſer nicht mehr erinnern, in welchem Lande Herr Anton Panßa dieſes ſchreibt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/342
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/342>, abgerufen am 19.05.2024.