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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
Mädchen donnert, welche die Thorheit gehabt ha-
ben, den heiligen Schwüren ihrer betrügerischen
Liebhaber zu glauben, und sich zu einem Vorwitze
bereden zu lassen, der sich nur für ihre Mütter
schickt. Schon dieser verdammende Eifer verdient
eine Geldbuße; und weil er immer aus einem
Hochmuthe herkömmt, der seine eignen Tugenden
fühlt, so würde ich ihr nicht zugelassen haben,
ihre unglücklichen Schwestern zu richten, wenn
sie nicht jährlich - - - 1 fl. - - gezahlt hätte:
Da ich aber sichre Nachrichten bekommen, daß sie
vor acht und zwanzig Jahren nach Spaa - - -
Mit einem Worte, sie soll doppelt so viel geben;
ich habe meine Ursachen, und ich habe es aus-
drücklich von meiner seligen Frau gehört, die in
dergleichen Sachen nichts weniger, als leichtgläu-
big war; und meine selige Frau hatte es auch
von guter Hand. Will sich das Fräulein zu
diesem Ansatze nicht beqvemen, so will ich es ihr
deutlicher erklären; aber ich denke wohl, sie soll
sich geben.

Sie erzählt sehr gern in Gesellschaft ein gewis-
ses Märchen, daß ein angesehener und bemittelter
Kaufmann in Emden sie nur vor fünf Jahren noch,
aus einer recht zärtlichen Liebe, und ohne die ge-
ringsten Nebenabsichten, heirathen wollen; aber
daß sie, wegen der ehrenrührigen Verwegenheit die-
ses Würzkrämers, ihm die schimpfliche Antwort
gegeben: "Es hätten ihre gnädigen Aeltern sie
"nicht gezeugt, um bürgerliche Bastarte in ihre

"Fa-

Antons Panßa von Mancha
Maͤdchen donnert, welche die Thorheit gehabt ha-
ben, den heiligen Schwuͤren ihrer betruͤgeriſchen
Liebhaber zu glauben, und ſich zu einem Vorwitze
bereden zu laſſen, der ſich nur fuͤr ihre Muͤtter
ſchickt. Schon dieſer verdammende Eifer verdient
eine Geldbuße; und weil er immer aus einem
Hochmuthe herkoͤmmt, der ſeine eignen Tugenden
fuͤhlt, ſo wuͤrde ich ihr nicht zugelaſſen haben,
ihre ungluͤcklichen Schweſtern zu richten, wenn
ſie nicht jaͤhrlich ‒ ‒ ‒ 1 fl. ‒ ‒ gezahlt haͤtte:
Da ich aber ſichre Nachrichten bekommen, daß ſie
vor acht und zwanzig Jahren nach Spaa ‒ ‒ ‒
Mit einem Worte, ſie ſoll doppelt ſo viel geben;
ich habe meine Urſachen, und ich habe es aus-
druͤcklich von meiner ſeligen Frau gehoͤrt, die in
dergleichen Sachen nichts weniger, als leichtglaͤu-
big war; und meine ſelige Frau hatte es auch
von guter Hand. Will ſich das Fraͤulein zu
dieſem Anſatze nicht beqvemen, ſo will ich es ihr
deutlicher erklaͤren; aber ich denke wohl, ſie ſoll
ſich geben.

Sie erzaͤhlt ſehr gern in Geſellſchaft ein gewiſ-
ſes Maͤrchen, daß ein angeſehener und bemittelter
Kaufmann in Emden ſie nur vor fuͤnf Jahren noch,
aus einer recht zaͤrtlichen Liebe, und ohne die ge-
ringſten Nebenabſichten, heirathen wollen; aber
daß ſie, wegen der ehrenruͤhrigen Verwegenheit die-
ſes Wuͤrzkraͤmers, ihm die ſchimpfliche Antwort
gegeben: „Es haͤtten ihre gnaͤdigen Aeltern ſie
„nicht gezeugt, um buͤrgerliche Baſtarte in ihre

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[284/0306] Antons Panßa von Mancha Maͤdchen donnert, welche die Thorheit gehabt ha- ben, den heiligen Schwuͤren ihrer betruͤgeriſchen Liebhaber zu glauben, und ſich zu einem Vorwitze bereden zu laſſen, der ſich nur fuͤr ihre Muͤtter ſchickt. Schon dieſer verdammende Eifer verdient eine Geldbuße; und weil er immer aus einem Hochmuthe herkoͤmmt, der ſeine eignen Tugenden fuͤhlt, ſo wuͤrde ich ihr nicht zugelaſſen haben, ihre ungluͤcklichen Schweſtern zu richten, wenn ſie nicht jaͤhrlich ‒ ‒ ‒ 1 fl. ‒ ‒ gezahlt haͤtte: Da ich aber ſichre Nachrichten bekommen, daß ſie vor acht und zwanzig Jahren nach Spaa ‒ ‒ ‒ Mit einem Worte, ſie ſoll doppelt ſo viel geben; ich habe meine Urſachen, und ich habe es aus- druͤcklich von meiner ſeligen Frau gehoͤrt, die in dergleichen Sachen nichts weniger, als leichtglaͤu- big war; und meine ſelige Frau hatte es auch von guter Hand. Will ſich das Fraͤulein zu dieſem Anſatze nicht beqvemen, ſo will ich es ihr deutlicher erklaͤren; aber ich denke wohl, ſie ſoll ſich geben. Sie erzaͤhlt ſehr gern in Geſellſchaft ein gewiſ- ſes Maͤrchen, daß ein angeſehener und bemittelter Kaufmann in Emden ſie nur vor fuͤnf Jahren noch, aus einer recht zaͤrtlichen Liebe, und ohne die ge- ringſten Nebenabſichten, heirathen wollen; aber daß ſie, wegen der ehrenruͤhrigen Verwegenheit die- ſes Wuͤrzkraͤmers, ihm die ſchimpfliche Antwort gegeben: „Es haͤtten ihre gnaͤdigen Aeltern ſie „nicht gezeugt, um buͤrgerliche Baſtarte in ihre „Fa-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/306>, abgerufen am 22.11.2024.