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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
unsre Frauenzimmer in der Stadt, ganz ohne Ur-
sache; denn sie hat eine ungesunde Haut; und un-
ter jedem Pflästerchen einen heimlichen Schaden:
Aber sie thut es doch darum nicht allein, sondern
auch in der Absicht, hinter diesen kleinen Räubern
unsrer Freyheit desto kräftiger zu buhlen. Beson-
ders ist mir das große Pflaster verdächtig, wel-
ches sie an die ehrwürdige Höhlung ihres linken
Schlafs, den benachbarten grauen Haaren zum
Trotze, legt. Was für Unglück hätte es vor
dreyßig Jahren anrichten können! Freylich hat es
itzt nur den Willen zu schaden: aber auch dieser
muß bestraft werden. Sie giebt ihre Beysteuer
für diese Erlaubniß, lächerlich zu seyn, und
zahlt für ein jedes Schminkpflästerchen wöchent-
lich - - - - 1 Albus.

Seit einiger Zeit habe ich sie im Verdachte,
daß sie sich schminke. Das wäre zu arg! Jn ihrer
Jugend hat sie es nicht gethan; denn die Landfräu-
lein haben immer weniger nöthig, ihrer Schönheit
aufzuhelfen, als die Fräulein in der Stadt: Desto
unverantwortlicher wäre diese Thorheit itzo. Ein
Freund von mir hat die Mühe auf sich genommen,
es auszukundschaften. Thut sie es, so soll sie bey
allen Thorheiten, die sie aus Eitelkeit begeht, doppelt
zahlen; Sie könnte sich denn überwinden, öffent-
lich zu gestehen, daß sie nur um deßwillen sich
schminke, weil sie so gar häßlich sey, daß sie ihres
natürlichen Gesichts sich schämen müsse. Auf die-
sen Fall wollte ich Mitleiden mit ihrer Häßlichkeit
haben, und sie sollte für dieses geborgte Gesicht

jähr-

Antons Panßa von Mancha
unſre Frauenzimmer in der Stadt, ganz ohne Ur-
ſache; denn ſie hat eine ungeſunde Haut; und un-
ter jedem Pflaͤſterchen einen heimlichen Schaden:
Aber ſie thut es doch darum nicht allein, ſondern
auch in der Abſicht, hinter dieſen kleinen Raͤubern
unſrer Freyheit deſto kraͤftiger zu buhlen. Beſon-
ders iſt mir das große Pflaſter verdaͤchtig, wel-
ches ſie an die ehrwuͤrdige Hoͤhlung ihres linken
Schlafs, den benachbarten grauen Haaren zum
Trotze, legt. Was fuͤr Ungluͤck haͤtte es vor
dreyßig Jahren anrichten koͤnnen! Freylich hat es
itzt nur den Willen zu ſchaden: aber auch dieſer
muß beſtraft werden. Sie giebt ihre Beyſteuer
fuͤr dieſe Erlaubniß, laͤcherlich zu ſeyn, und
zahlt fuͤr ein jedes Schminkpflaͤſterchen woͤchent-
lich ‒ ‒ ‒ ‒ 1 Albus.

Seit einiger Zeit habe ich ſie im Verdachte,
daß ſie ſich ſchminke. Das waͤre zu arg! Jn ihrer
Jugend hat ſie es nicht gethan; denn die Landfraͤu-
lein haben immer weniger noͤthig, ihrer Schoͤnheit
aufzuhelfen, als die Fraͤulein in der Stadt: Deſto
unverantwortlicher waͤre dieſe Thorheit itzo. Ein
Freund von mir hat die Muͤhe auf ſich genommen,
es auszukundſchaften. Thut ſie es, ſo ſoll ſie bey
allen Thorheiten, die ſie aus Eitelkeit begeht, doppelt
zahlen; Sie koͤnnte ſich denn uͤberwinden, oͤffent-
lich zu geſtehen, daß ſie nur um deßwillen ſich
ſchminke, weil ſie ſo gar haͤßlich ſey, daß ſie ihres
natuͤrlichen Geſichts ſich ſchaͤmen muͤſſe. Auf die-
ſen Fall wollte ich Mitleiden mit ihrer Haͤßlichkeit
haben, und ſie ſollte fuͤr dieſes geborgte Geſicht

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[282/0304] Antons Panßa von Mancha unſre Frauenzimmer in der Stadt, ganz ohne Ur- ſache; denn ſie hat eine ungeſunde Haut; und un- ter jedem Pflaͤſterchen einen heimlichen Schaden: Aber ſie thut es doch darum nicht allein, ſondern auch in der Abſicht, hinter dieſen kleinen Raͤubern unſrer Freyheit deſto kraͤftiger zu buhlen. Beſon- ders iſt mir das große Pflaſter verdaͤchtig, wel- ches ſie an die ehrwuͤrdige Hoͤhlung ihres linken Schlafs, den benachbarten grauen Haaren zum Trotze, legt. Was fuͤr Ungluͤck haͤtte es vor dreyßig Jahren anrichten koͤnnen! Freylich hat es itzt nur den Willen zu ſchaden: aber auch dieſer muß beſtraft werden. Sie giebt ihre Beyſteuer fuͤr dieſe Erlaubniß, laͤcherlich zu ſeyn, und zahlt fuͤr ein jedes Schminkpflaͤſterchen woͤchent- lich ‒ ‒ ‒ ‒ 1 Albus. Seit einiger Zeit habe ich ſie im Verdachte, daß ſie ſich ſchminke. Das waͤre zu arg! Jn ihrer Jugend hat ſie es nicht gethan; denn die Landfraͤu- lein haben immer weniger noͤthig, ihrer Schoͤnheit aufzuhelfen, als die Fraͤulein in der Stadt: Deſto unverantwortlicher waͤre dieſe Thorheit itzo. Ein Freund von mir hat die Muͤhe auf ſich genommen, es auszukundſchaften. Thut ſie es, ſo ſoll ſie bey allen Thorheiten, die ſie aus Eitelkeit begeht, doppelt zahlen; Sie koͤnnte ſich denn uͤberwinden, oͤffent- lich zu geſtehen, daß ſie nur um deßwillen ſich ſchminke, weil ſie ſo gar haͤßlich ſey, daß ſie ihres natuͤrlichen Geſichts ſich ſchaͤmen muͤſſe. Auf die- ſen Fall wollte ich Mitleiden mit ihrer Haͤßlichkeit haben, und ſie ſollte fuͤr dieſes geborgte Geſicht jaͤhr-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/304>, abgerufen am 22.11.2024.