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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
Zeit versuchen, damit man mir nicht den gering-
sten Vorwurf einer Lieblosigkeit machen könne.
Jch will diese Elende an meinem Projecte Antheil
nehmen lassen: Und damit sie zu ihrer Nebenaus-
gabe doch etwas noch verdienen, so will ich ihnen
von der Obrigkeit die Erlaubniß auswirken, daß
sie auf den Jahrmärkten herumziehen, und, in Ge-
sellschaft anderer Taschenspieler, das neugierige
Volk mit ihren chymischen Tändeleyen belusti-
gen mögen.

Man hat angemerket, daß diese Goldmacher,
wenn sich ihre Betrügereyen weiter nicht verstek-
ken lassen, gemeiniglich anfangen, die quakerische
Sprache einer dunkeln Heiligkeit und mystischen
Andacht anzunehmen. Dieses bringt mich auf
den Einfall, bey meinem Projecte auch für die
engbrüstigen Narren mit triefenden Augen, schie-
fen Hälsen, und verkrummteu Händen zu sorgen,
welche der Pöbel Heilige, und ein vernünftiger
Mann heuchlerische Betrüger nennt. Sie schlei-
chen gebückt in die Häuser frommer Thoren, und
bemächtigen sich unter dem Vorwande, mildthäti-
ge Beysteuern vor arme Brüder zu sammeln, des
Vermögens dieser Leichtgläubigen, welches sie im
Dunkeln wollüstig verschwenden, und diejenigen
hungern lassen, denen sie es entreissen. Diesem
Uebel will ich steuern. Jch will für den Unterhalt
dieser andächtigen Räuber sorgen; denn aus
Mangel des Unterhalts beten die meisten von ih-
nen die treuherzigen Thoren um ihr Vermögen:
Ob ich schon nicht läugnen will, daß viele nur aus

Hoch-

Antons Panßa von Mancha
Zeit verſuchen, damit man mir nicht den gering-
ſten Vorwurf einer Liebloſigkeit machen koͤnne.
Jch will dieſe Elende an meinem Projecte Antheil
nehmen laſſen: Und damit ſie zu ihrer Nebenaus-
gabe doch etwas noch verdienen, ſo will ich ihnen
von der Obrigkeit die Erlaubniß auswirken, daß
ſie auf den Jahrmaͤrkten herumziehen, und, in Ge-
ſellſchaft anderer Taſchenſpieler, das neugierige
Volk mit ihren chymiſchen Taͤndeleyen beluſti-
gen moͤgen.

Man hat angemerket, daß dieſe Goldmacher,
wenn ſich ihre Betruͤgereyen weiter nicht verſtek-
ken laſſen, gemeiniglich anfangen, die quakeriſche
Sprache einer dunkeln Heiligkeit und myſtiſchen
Andacht anzunehmen. Dieſes bringt mich auf
den Einfall, bey meinem Projecte auch fuͤr die
engbruͤſtigen Narren mit triefenden Augen, ſchie-
fen Haͤlſen, und verkrummteu Haͤnden zu ſorgen,
welche der Poͤbel Heilige, und ein vernuͤnftiger
Mann heuchleriſche Betruͤger nennt. Sie ſchlei-
chen gebuͤckt in die Haͤuſer frommer Thoren, und
bemaͤchtigen ſich unter dem Vorwande, mildthaͤti-
ge Beyſteuern vor arme Bruͤder zu ſammeln, des
Vermoͤgens dieſer Leichtglaͤubigen, welches ſie im
Dunkeln wolluͤſtig verſchwenden, und diejenigen
hungern laſſen, denen ſie es entreiſſen. Dieſem
Uebel will ich ſteuern. Jch will fuͤr den Unterhalt
dieſer andaͤchtigen Raͤuber ſorgen; denn aus
Mangel des Unterhalts beten die meiſten von ih-
nen die treuherzigen Thoren um ihr Vermoͤgen:
Ob ich ſchon nicht laͤugnen will, daß viele nur aus

Hoch-
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[266/0288] Antons Panßa von Mancha Zeit verſuchen, damit man mir nicht den gering- ſten Vorwurf einer Liebloſigkeit machen koͤnne. Jch will dieſe Elende an meinem Projecte Antheil nehmen laſſen: Und damit ſie zu ihrer Nebenaus- gabe doch etwas noch verdienen, ſo will ich ihnen von der Obrigkeit die Erlaubniß auswirken, daß ſie auf den Jahrmaͤrkten herumziehen, und, in Ge- ſellſchaft anderer Taſchenſpieler, das neugierige Volk mit ihren chymiſchen Taͤndeleyen beluſti- gen moͤgen. Man hat angemerket, daß dieſe Goldmacher, wenn ſich ihre Betruͤgereyen weiter nicht verſtek- ken laſſen, gemeiniglich anfangen, die quakeriſche Sprache einer dunkeln Heiligkeit und myſtiſchen Andacht anzunehmen. Dieſes bringt mich auf den Einfall, bey meinem Projecte auch fuͤr die engbruͤſtigen Narren mit triefenden Augen, ſchie- fen Haͤlſen, und verkrummteu Haͤnden zu ſorgen, welche der Poͤbel Heilige, und ein vernuͤnftiger Mann heuchleriſche Betruͤger nennt. Sie ſchlei- chen gebuͤckt in die Haͤuſer frommer Thoren, und bemaͤchtigen ſich unter dem Vorwande, mildthaͤti- ge Beyſteuern vor arme Bruͤder zu ſammeln, des Vermoͤgens dieſer Leichtglaͤubigen, welches ſie im Dunkeln wolluͤſtig verſchwenden, und diejenigen hungern laſſen, denen ſie es entreiſſen. Dieſem Uebel will ich ſteuern. Jch will fuͤr den Unterhalt dieſer andaͤchtigen Raͤuber ſorgen; denn aus Mangel des Unterhalts beten die meiſten von ih- nen die treuherzigen Thoren um ihr Vermoͤgen: Ob ich ſchon nicht laͤugnen will, daß viele nur aus Hoch-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/288>, abgerufen am 18.05.2024.