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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755.

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Antons Panßa von Mancha
ein Blatt Papier giebt, welches ein Wechsel heißt:
Er thut daher seinem wuchernden Bruder den
Vorschlag, daß er ihm das übrige Geld gegen
Wechsel auch leihen solle, verspricht ihm dafür,
nebst reichen Jnteressen, alle Zahlpfennige, die er
von den andern Jungen gewinnen werde, und
nebst den Zahlpfennigen alle Tage einen Apfel.
Diese Vorschläge gefallen; der ältere Bruder leiht
ihm, in der Hoffnung eines so ansehnlichen Ge-
winnstes, die ganze Sparbüchse, und erhält da-
für ein mit Dinte beschmiertes Zeddelchen, unge-
fähr von der Größe, wie die Wechselbriefe des Pa-
thens gewesen waren. Endlich rückte die Verfall-
zeit heran; aber da war keine Möglichkeit, weder
Capital, noch Jnteressen zu bezahlen. Der be-
trogne Gläubiger klagte es seinen Aeltern, und be-
scheinigte seine Foderung mit dem ausgestellten
Wechsel, von dem aber sein Bruder durchaus
nichts wissen wollte. Jch war eben zugegen.
Der Vater lachte über diese leichtfertigen Betrüge-
reyen, ich aber erschrak ungemein, weil ich bey bei-
den die Folgen übersah, die ihre Wucherey und
ihre Verschwendung in künftigen Jahren haben
würde. Jnzwischen entschied sich, auf mein Pa-
rere, der ganze Concurs mit ein paar Ohrfeigen,
die Kläger und Beklagter zu gleichen Theilen
bekamen.

Jch war aber doch neugierig, zu erfahren,
wo dieser kleine Bankeruttirer das erborgte Capital
hin gethan hätte; und die Schuld kam auf seine
jüngere Schwester, welche der Knabe unendlich

liebte.

Antons Panßa von Mancha
ein Blatt Papier giebt, welches ein Wechſel heißt:
Er thut daher ſeinem wuchernden Bruder den
Vorſchlag, daß er ihm das uͤbrige Geld gegen
Wechſel auch leihen ſolle, verſpricht ihm dafuͤr,
nebſt reichen Jntereſſen, alle Zahlpfennige, die er
von den andern Jungen gewinnen werde, und
nebſt den Zahlpfennigen alle Tage einen Apfel.
Dieſe Vorſchlaͤge gefallen; der aͤltere Bruder leiht
ihm, in der Hoffnung eines ſo anſehnlichen Ge-
winnſtes, die ganze Sparbuͤchſe, und erhaͤlt da-
fuͤr ein mit Dinte beſchmiertes Zeddelchen, unge-
faͤhr von der Groͤße, wie die Wechſelbriefe des Pa-
thens geweſen waren. Endlich ruͤckte die Verfall-
zeit heran; aber da war keine Moͤglichkeit, weder
Capital, noch Jntereſſen zu bezahlen. Der be-
trogne Glaͤubiger klagte es ſeinen Aeltern, und be-
ſcheinigte ſeine Foderung mit dem ausgeſtellten
Wechſel, von dem aber ſein Bruder durchaus
nichts wiſſen wollte. Jch war eben zugegen.
Der Vater lachte uͤber dieſe leichtfertigen Betruͤge-
reyen, ich aber erſchrak ungemein, weil ich bey bei-
den die Folgen uͤberſah, die ihre Wucherey und
ihre Verſchwendung in kuͤnftigen Jahren haben
wuͤrde. Jnzwiſchen entſchied ſich, auf mein Pa-
rere, der ganze Concurs mit ein paar Ohrfeigen,
die Klaͤger und Beklagter zu gleichen Theilen
bekamen.

Jch war aber doch neugierig, zu erfahren,
wo dieſer kleine Bankeruttirer das erborgte Capital
hin gethan haͤtte; und die Schuld kam auf ſeine
juͤngere Schweſter, welche der Knabe unendlich

liebte.
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[190/0212] Antons Panßa von Mancha ein Blatt Papier giebt, welches ein Wechſel heißt: Er thut daher ſeinem wuchernden Bruder den Vorſchlag, daß er ihm das uͤbrige Geld gegen Wechſel auch leihen ſolle, verſpricht ihm dafuͤr, nebſt reichen Jntereſſen, alle Zahlpfennige, die er von den andern Jungen gewinnen werde, und nebſt den Zahlpfennigen alle Tage einen Apfel. Dieſe Vorſchlaͤge gefallen; der aͤltere Bruder leiht ihm, in der Hoffnung eines ſo anſehnlichen Ge- winnſtes, die ganze Sparbuͤchſe, und erhaͤlt da- fuͤr ein mit Dinte beſchmiertes Zeddelchen, unge- faͤhr von der Groͤße, wie die Wechſelbriefe des Pa- thens geweſen waren. Endlich ruͤckte die Verfall- zeit heran; aber da war keine Moͤglichkeit, weder Capital, noch Jntereſſen zu bezahlen. Der be- trogne Glaͤubiger klagte es ſeinen Aeltern, und be- ſcheinigte ſeine Foderung mit dem ausgeſtellten Wechſel, von dem aber ſein Bruder durchaus nichts wiſſen wollte. Jch war eben zugegen. Der Vater lachte uͤber dieſe leichtfertigen Betruͤge- reyen, ich aber erſchrak ungemein, weil ich bey bei- den die Folgen uͤberſah, die ihre Wucherey und ihre Verſchwendung in kuͤnftigen Jahren haben wuͤrde. Jnzwiſchen entſchied ſich, auf mein Pa- rere, der ganze Concurs mit ein paar Ohrfeigen, die Klaͤger und Beklagter zu gleichen Theilen bekamen. Jch war aber doch neugierig, zu erfahren, wo dieſer kleine Bankeruttirer das erborgte Capital hin gethan haͤtte; und die Schuld kam auf ſeine juͤngere Schweſter, welche der Knabe unendlich liebte.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/212>, abgerufen am 06.05.2024.