arbeitet an dem andern, wie bey einer Uhr ein Rad in das andere greift. Der erste Druck, wo- durch Beklagter den Gerichtsdiener bewegt, bringt die ganze große Maschine der Gerechtigkeit in Be- wegung, welche fast bis zu denenjenigen fortge- het, die das Recht haben, im Namen des Fürsten zu sagen: Wohlgesprochen, und übel appel- lirt! Das ist die Wäsche der Gerechtigkeit, von der ich nicht nöthig haben werde, noch mehr zu sagen, da nicht leicht einer von meinen Lesern seyn wird, dem nicht die eigne Erfahrung Gelegenheit giebt, meinen Satz weiter auszuführen.
Jch will nicht hoffen, daß iemand so kurzsich- tig seyn, und glauben wird, das Sprüchwort: Eine Hand wäscht die andre, sey nur ein juri- stischer Terminus, der weiter nicht vorkomme, als in Gerichtsstuben. Auf dem Markte, in der Kü- che, beym Katheder, überall findet man ihn; in dem schmuzigen Zimmer eines finstern Pedanten ist er eben so gemein, als unter dem freundschaft- lichen Gewäsche der Antichambre.
Eifersucht, bittre Vorwürfe, und kritische Grobheiten sind die Fehler, die man uns Schrift- stellern gemeiniglich Schuld giebt. Man thut uns Unrecht; denn, nach einer andern Art von Geschöpfen, sind wir Autores unstreitig diejenigen Creaturen, die einander am liebsten krauen, und sich unter einander gemeinschaftlich die Hände wa- schen. Ein Scribent, welcher der Welt angeprie-
sen
Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
arbeitet an dem andern, wie bey einer Uhr ein Rad in das andere greift. Der erſte Druck, wo- durch Beklagter den Gerichtsdiener bewegt, bringt die ganze große Maſchine der Gerechtigkeit in Be- wegung, welche faſt bis zu denenjenigen fortge- het, die das Recht haben, im Namen des Fuͤrſten zu ſagen: Wohlgeſprochen, und uͤbel appel- lirt! Das iſt die Waͤſche der Gerechtigkeit, von der ich nicht noͤthig haben werde, noch mehr zu ſagen, da nicht leicht einer von meinen Leſern ſeyn wird, dem nicht die eigne Erfahrung Gelegenheit giebt, meinen Satz weiter auszufuͤhren.
Jch will nicht hoffen, daß iemand ſo kurzſich- tig ſeyn, und glauben wird, das Spruͤchwort: Eine Hand waͤſcht die andre, ſey nur ein juri- ſtiſcher Terminus, der weiter nicht vorkomme, als in Gerichtsſtuben. Auf dem Markte, in der Kuͤ- che, beym Katheder, uͤberall findet man ihn; in dem ſchmuzigen Zimmer eines finſtern Pedanten iſt er eben ſo gemein, als unter dem freundſchaft- lichen Gewaͤſche der Antichambre.
Eiferſucht, bittre Vorwuͤrfe, und kritiſche Grobheiten ſind die Fehler, die man uns Schrift- ſtellern gemeiniglich Schuld giebt. Man thut uns Unrecht; denn, nach einer andern Art von Geſchoͤpfen, ſind wir Autores unſtreitig diejenigen Creaturen, die einander am liebſten krauen, und ſich unter einander gemeinſchaftlich die Haͤnde wa- ſchen. Ein Scribent, welcher der Welt angeprie-
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Abhandlung von Spruͤchwoͤrtern.
arbeitet an dem andern, wie bey einer Uhr ein
Rad in das andere greift. Der erſte Druck, wo-
durch Beklagter den Gerichtsdiener bewegt, bringt
die ganze große Maſchine der Gerechtigkeit in Be-
wegung, welche faſt bis zu denenjenigen fortge-
het, die das Recht haben, im Namen des Fuͤrſten
zu ſagen: Wohlgeſprochen, und uͤbel appel-
lirt! Das iſt die Waͤſche der Gerechtigkeit, von
der ich nicht noͤthig haben werde, noch mehr zu
ſagen, da nicht leicht einer von meinen Leſern ſeyn
wird, dem nicht die eigne Erfahrung Gelegenheit
giebt, meinen Satz weiter auszufuͤhren.
Jch will nicht hoffen, daß iemand ſo kurzſich-
tig ſeyn, und glauben wird, das Spruͤchwort:
Eine Hand waͤſcht die andre, ſey nur ein juri-
ſtiſcher Terminus, der weiter nicht vorkomme, als
in Gerichtsſtuben. Auf dem Markte, in der Kuͤ-
che, beym Katheder, uͤberall findet man ihn; in
dem ſchmuzigen Zimmer eines finſtern Pedanten
iſt er eben ſo gemein, als unter dem freundſchaft-
lichen Gewaͤſche der Antichambre.
Eiferſucht, bittre Vorwuͤrfe, und kritiſche
Grobheiten ſind die Fehler, die man uns Schrift-
ſtellern gemeiniglich Schuld giebt. Man thut
uns Unrecht; denn, nach einer andern Art von
Geſchoͤpfen, ſind wir Autores unſtreitig diejenigen
Creaturen, die einander am liebſten krauen, und
ſich unter einander gemeinſchaftlich die Haͤnde wa-
ſchen. Ein Scribent, welcher der Welt angeprie-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satirischer Schriften. Bd. 4. Leipzig, 1755, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung04_1755/149>, abgerufen am 23.11.2024.
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