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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
kann, die Rechte des Adels auf sich zu bringen,
die Jhn, wenn er es nicht schon vorher ist, weder
vernünftiger, noch tugendhafter machen. Jch we-
nigstens würde für Sie, mein Herr, nicht einen
Augenblick mehr Hochachtung haben können, als
ich itzt habe, wenn Sie gleich in diesem neuen
Glanze zu mir kämen, in der Hand das kostbare
Pergament, und auf einer jeden Seite zwey Ah-
nen hätten. Da ich vom Adel so billig urtheile:
so können Sie wohl glauben, daß mir nichts ab-
geschmackter vorkömmt, als der lächerliche Hoch-
muth der kleinen adlichen Seelen, welche alle an-
dre, und die vernünftigsten Männer verachten,
weil sie bürgerlichen Standes sind. Diese Crea-
turen haben wohl Ursache, auf die Vorzüge der
Geburt zu trotzen; denn wenn diese nicht wären,
so würden Sie oft gar nichts haben, womit Sie
sich von den niedrigsten, und unedelsten Pöbel
unterscheiden könnten. So wahr dieses alles ist,
und so gewiß ich von dem überzeugt bin, was ich
hier sage: so gewiß ist es doch auch, daß wir in
einer Welt leben, die durch Vorurtheile regiert
wird, und die zu alt ist, als daß Sie sich durch
uns eines bessern sollte belehren lassen. Diese
mit Vorurtheilen eingenommene Welt ist so unbil-
lig, daß Sie die Heirath einer Fräulein mit einem
aus bürgerlichem Stande schwerlich entschuldigen
wird, wenn auch dieser nach so angesehn, und der
vernünftigste Mann wäre. Jst dieser Mann reich
und das Fräulein arm: so wird ein Theil des Vor-

wurfs
A a 3

Satyriſche Briefe.
kann, die Rechte des Adels auf ſich zu bringen,
die Jhn, wenn er es nicht ſchon vorher iſt, weder
vernuͤnftiger, noch tugendhafter machen. Jch we-
nigſtens wuͤrde fuͤr Sie, mein Herr, nicht einen
Augenblick mehr Hochachtung haben koͤnnen, als
ich itzt habe, wenn Sie gleich in dieſem neuen
Glanze zu mir kaͤmen, in der Hand das koſtbare
Pergament, und auf einer jeden Seite zwey Ah-
nen haͤtten. Da ich vom Adel ſo billig urtheile:
ſo koͤnnen Sie wohl glauben, daß mir nichts ab-
geſchmackter vorkoͤmmt, als der laͤcherliche Hoch-
muth der kleinen adlichen Seelen, welche alle an-
dre, und die vernuͤnftigſten Maͤnner verachten,
weil ſie buͤrgerlichen Standes ſind. Dieſe Crea-
turen haben wohl Urſache, auf die Vorzuͤge der
Geburt zu trotzen; denn wenn dieſe nicht waͤren,
ſo wuͤrden Sie oft gar nichts haben, womit Sie
ſich von den niedrigſten, und unedelſten Poͤbel
unterſcheiden koͤnnten. So wahr dieſes alles iſt,
und ſo gewiß ich von dem uͤberzeugt bin, was ich
hier ſage: ſo gewiß iſt es doch auch, daß wir in
einer Welt leben, die durch Vorurtheile regiert
wird, und die zu alt iſt, als daß Sie ſich durch
uns eines beſſern ſollte belehren laſſen. Dieſe
mit Vorurtheilen eingenommene Welt iſt ſo unbil-
lig, daß Sie die Heirath einer Fraͤulein mit einem
aus buͤrgerlichem Stande ſchwerlich entſchuldigen
wird, wenn auch dieſer nach ſo angeſehn, und der
vernuͤnftigſte Mann waͤre. Jſt dieſer Mann reich
und das Fraͤulein arm: ſo wird ein Theil des Vor-

wurfs
A a 3
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[373/0401] Satyriſche Briefe. kann, die Rechte des Adels auf ſich zu bringen, die Jhn, wenn er es nicht ſchon vorher iſt, weder vernuͤnftiger, noch tugendhafter machen. Jch we- nigſtens wuͤrde fuͤr Sie, mein Herr, nicht einen Augenblick mehr Hochachtung haben koͤnnen, als ich itzt habe, wenn Sie gleich in dieſem neuen Glanze zu mir kaͤmen, in der Hand das koſtbare Pergament, und auf einer jeden Seite zwey Ah- nen haͤtten. Da ich vom Adel ſo billig urtheile: ſo koͤnnen Sie wohl glauben, daß mir nichts ab- geſchmackter vorkoͤmmt, als der laͤcherliche Hoch- muth der kleinen adlichen Seelen, welche alle an- dre, und die vernuͤnftigſten Maͤnner verachten, weil ſie buͤrgerlichen Standes ſind. Dieſe Crea- turen haben wohl Urſache, auf die Vorzuͤge der Geburt zu trotzen; denn wenn dieſe nicht waͤren, ſo wuͤrden Sie oft gar nichts haben, womit Sie ſich von den niedrigſten, und unedelſten Poͤbel unterſcheiden koͤnnten. So wahr dieſes alles iſt, und ſo gewiß ich von dem uͤberzeugt bin, was ich hier ſage: ſo gewiß iſt es doch auch, daß wir in einer Welt leben, die durch Vorurtheile regiert wird, und die zu alt iſt, als daß Sie ſich durch uns eines beſſern ſollte belehren laſſen. Dieſe mit Vorurtheilen eingenommene Welt iſt ſo unbil- lig, daß Sie die Heirath einer Fraͤulein mit einem aus buͤrgerlichem Stande ſchwerlich entſchuldigen wird, wenn auch dieſer nach ſo angeſehn, und der vernuͤnftigſte Mann waͤre. Jſt dieſer Mann reich und das Fraͤulein arm: ſo wird ein Theil des Vor- wurfs A a 3

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/401>, abgerufen am 23.11.2024.