"Wollust der Jugend, und ein Professor, der kei- "ne Bauern hat, auf die Gewaltthätigkeit der Ge- "richtsstube. Vielleicht wäre er der erste, der sie "drückte, wenn ihm der Himmel ein Dorf voll Un- "terthanen in die Hände gäbe.
"Mir sind die Augen aufgegangen, da mich "mein Beruf in die Umstände setzte, die Natur der "Bauern genauer zu anatomiren, und einzusehn, "wie vortrefflich die Ausbeute sey, welche die Ge- "rechtigkeit giebt. Es wäre zu wünschen, daß "unsre Erbgerichte despotischer gelassen, und weni- "ger eingeschränkt worden wären. Es hebt den "Werth der Rittergüter. Jn den Anschlägen "finde ich kein Capitel billiger, als das, von Ge- "richtsnutzungen. Vielleicht wäre es besser, "und ausdrücklicher, wenn man es rechtliche "Contribution, oder Gerichtsbeute nennte; "aber es ist schon genug, daß man weiß, was man "darunter versteht. So viel ist freylich wahr, "wenn der Unterthan in Armut gebracht wird, so "leidet der Gerichtsherr zugleich; aber der leidet "doch nicht, der seine Gerichte verwaltet. Jm "Handel und Wandel muß allemal einer verlieren, "wenn der andre gewinnen soll. Werden die "Unterthanen arm, wird es der Gerichtsherr mit; "gut genug, daß das Geld im Lande bleibt. Der "Gerichtsverwalter, die Advocaten, die obern "Richter, alle die in der Fabrik der Gerechtigkeit "arbeiten, bis auf den untersten Copisten, ge-
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Satyriſche Briefe.
„Wolluſt der Jugend, und ein Profeſſor, der kei- „ne Bauern hat, auf die Gewaltthaͤtigkeit der Ge- „richtsſtube. Vielleicht waͤre er der erſte, der ſie „druͤckte, wenn ihm der Himmel ein Dorf voll Un- „terthanen in die Haͤnde gaͤbe.
„Mir ſind die Augen aufgegangen, da mich „mein Beruf in die Umſtaͤnde ſetzte, die Natur der „Bauern genauer zu anatomiren, und einzuſehn, „wie vortrefflich die Ausbeute ſey, welche die Ge- „rechtigkeit giebt. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß „unſre Erbgerichte deſpotiſcher gelaſſen, und weni- „ger eingeſchraͤnkt worden waͤren. Es hebt den „Werth der Ritterguͤter. Jn den Anſchlaͤgen „finde ich kein Capitel billiger, als das, von Ge- „richtsnutzungen. Vielleicht waͤre es beſſer, „und ausdruͤcklicher, wenn man es rechtliche „Contribution, oder Gerichtsbeute nennte; „aber es iſt ſchon genug, daß man weiß, was man „darunter verſteht. So viel iſt freylich wahr, „wenn der Unterthan in Armut gebracht wird, ſo „leidet der Gerichtsherr zugleich; aber der leidet „doch nicht, der ſeine Gerichte verwaltet. Jm „Handel und Wandel muß allemal einer verlieren, „wenn der andre gewinnen ſoll. Werden die „Unterthanen arm, wird es der Gerichtsherr mit; „gut genug, daß das Geld im Lande bleibt. Der „Gerichtsverwalter, die Advocaten, die obern „Richter, alle die in der Fabrik der Gerechtigkeit „arbeiten, bis auf den unterſten Copiſten, ge-
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Satyriſche Briefe.
„Wolluſt der Jugend, und ein Profeſſor, der kei-
„ne Bauern hat, auf die Gewaltthaͤtigkeit der Ge-
„richtsſtube. Vielleicht waͤre er der erſte, der ſie
„druͤckte, wenn ihm der Himmel ein Dorf voll Un-
„terthanen in die Haͤnde gaͤbe.
„Mir ſind die Augen aufgegangen, da mich
„mein Beruf in die Umſtaͤnde ſetzte, die Natur der
„Bauern genauer zu anatomiren, und einzuſehn,
„wie vortrefflich die Ausbeute ſey, welche die Ge-
„rechtigkeit giebt. Es waͤre zu wuͤnſchen, daß
„unſre Erbgerichte deſpotiſcher gelaſſen, und weni-
„ger eingeſchraͤnkt worden waͤren. Es hebt den
„Werth der Ritterguͤter. Jn den Anſchlaͤgen
„finde ich kein Capitel billiger, als das, von Ge-
„richtsnutzungen. Vielleicht waͤre es beſſer,
„und ausdruͤcklicher, wenn man es rechtliche
„Contribution, oder Gerichtsbeute nennte;
„aber es iſt ſchon genug, daß man weiß, was man
„darunter verſteht. So viel iſt freylich wahr,
„wenn der Unterthan in Armut gebracht wird, ſo
„leidet der Gerichtsherr zugleich; aber der leidet
„doch nicht, der ſeine Gerichte verwaltet. Jm
„Handel und Wandel muß allemal einer verlieren,
„wenn der andre gewinnen ſoll. Werden die
„Unterthanen arm, wird es der Gerichtsherr mit;
„gut genug, daß das Geld im Lande bleibt. Der
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„Richter, alle die in der Fabrik der Gerechtigkeit
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/183>, abgerufen am 24.11.2024.
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