"die sich thränend zu unsern Füssen wirft, die in "den ersten Wochen ihres Ehestandes so viel Ver- "folgung unschuldiger Weise ausstehen muß; diese, "deucht mich, verdient noch wohl, daß man ihr "also antworte."
Madame,
Jhr Unglück rührt mich. Jch habe mir lassen die Acten vorlegen, ich finde aber verschiedne bedenkliche Umstände, die, wie es scheinen will, Jhrem Manne sehr nachtheilig sind. Jch werde mich erfreuen, wenn Sie mich überzeugen können, daß meine Besorgniß ungegründet sey. Eine mündliche Unterredung ist dazu wohl am geschick- testen. Jch bin den ganzen Tag beschäfftigt, früh um sechs Uhr aber werde ich noch ungestört seyn. Jch erwarte Sie in meinem Cabinette. Mein Kammerdiener hat Ordre, Sie durch die Gallerie zu mir zu führen. Fassen Sie einen Muth. Jch wenigstens will thun, was in meinem Vermögen ist.
Leben Sie wohl!
"Es setze sich ein Jeder in die Umstände des "Beklagten. Die Sache ist auf dem Wege ge- "wonnen zu werden. So viel ist gewiß: wird "der Vorschlag angenommen, so kann er versichert "seyn, daß er in einer Stunde mehr gewinnt, als
"er
Satyriſche Briefe.
„die ſich thraͤnend zu unſern Fuͤſſen wirft, die in „den erſten Wochen ihres Eheſtandes ſo viel Ver- „folgung unſchuldiger Weiſe ausſtehen muß; dieſe, „deucht mich, verdient noch wohl, daß man ihr „alſo antworte.„
Madame,
Jhr Ungluͤck ruͤhrt mich. Jch habe mir laſſen die Acten vorlegen, ich finde aber verſchiedne bedenkliche Umſtaͤnde, die, wie es ſcheinen will, Jhrem Manne ſehr nachtheilig ſind. Jch werde mich erfreuen, wenn Sie mich uͤberzeugen koͤnnen, daß meine Beſorgniß ungegruͤndet ſey. Eine muͤndliche Unterredung iſt dazu wohl am geſchick- teſten. Jch bin den ganzen Tag beſchaͤfftigt, fruͤh um ſechs Uhr aber werde ich noch ungeſtoͤrt ſeyn. Jch erwarte Sie in meinem Cabinette. Mein Kammerdiener hat Ordre, Sie durch die Gallerie zu mir zu fuͤhren. Faſſen Sie einen Muth. Jch wenigſtens will thun, was in meinem Vermoͤgen iſt.
Leben Sie wohl!
„Es ſetze ſich ein Jeder in die Umſtaͤnde des „Beklagten. Die Sache iſt auf dem Wege ge- „wonnen zu werden. So viel iſt gewiß: wird „der Vorſchlag angenommen, ſo kann er verſichert „ſeyn, daß er in einer Stunde mehr gewinnt, als
„er
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Satyriſche Briefe.
„die ſich thraͤnend zu unſern Fuͤſſen wirft, die in
„den erſten Wochen ihres Eheſtandes ſo viel Ver-
„folgung unſchuldiger Weiſe ausſtehen muß; dieſe,
„deucht mich, verdient noch wohl, daß man ihr
„alſo antworte.„
Madame,
Jhr Ungluͤck ruͤhrt mich. Jch habe mir laſſen
die Acten vorlegen, ich finde aber verſchiedne
bedenkliche Umſtaͤnde, die, wie es ſcheinen will,
Jhrem Manne ſehr nachtheilig ſind. Jch werde
mich erfreuen, wenn Sie mich uͤberzeugen koͤnnen,
daß meine Beſorgniß ungegruͤndet ſey. Eine
muͤndliche Unterredung iſt dazu wohl am geſchick-
teſten. Jch bin den ganzen Tag beſchaͤfftigt, fruͤh
um ſechs Uhr aber werde ich noch ungeſtoͤrt ſeyn.
Jch erwarte Sie in meinem Cabinette. Mein
Kammerdiener hat Ordre, Sie durch die Gallerie
zu mir zu fuͤhren. Faſſen Sie einen Muth. Jch
wenigſtens will thun, was in meinem Vermoͤgen
iſt.
Leben Sie wohl!
„Es ſetze ſich ein Jeder in die Umſtaͤnde des
„Beklagten. Die Sache iſt auf dem Wege ge-
„wonnen zu werden. So viel iſt gewiß: wird
„der Vorſchlag angenommen, ſo kann er verſichert
„ſeyn, daß er in einer Stunde mehr gewinnt, als
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/126>, abgerufen am 23.11.2024.
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