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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Noten ohne Text.
cus für die jungen Tartarn in Oczakow seyn wer-
den. Und vielleicht steht gar einmal ein kalmuki-
scher Gräv auf, welchen mein Ruhm und die Be-
gierde nach abendländischen Alterthümern in mein
Vaterland treibt; welcher unter dem Schutte ei-
ner Stadt in Deutschland so viele Weisheit hervor
zieht, als kaum in eilf Folianten Raum hat, und
welchen die glückliche Ergänzung einer verloschnen
Grabschrift, der Himmel weis, von welcher Schnei-
dersfrau, in seinem Vaterlande unsterblich macht.

Wie ich zum Exempel,) Diese Worte wer-
den sehr oft in meinem Texte vorkommen, weil es
der gelehrte Gebrauch erfodert, daß ein Schriftstel-
ler von sich selbst bey allen Gelegenheiten am mei-
sten redet. Bey den übrigen Stellen werde ich die
Noten weglassen; Hier aber kann ich es unmöglich
über mein Herz bringen, davon zu schweigen, was
die Worte, wie ich zum Exempel, eigentlich sa-
gen wollen. Jch zeige dadurch die Größe meiner
Arbeit, und die Wichtigkeit derjenigen Bemühun-
gen an, mit welchen ich mich in meinen Schuljahren
beschäfftigt habe. Denn ein junger Dichter war,
nach dem Begriffe eines meiner ehmaligen Lehrmei-
ster, nichts anders, als ein Ding, welches lateinische
Verse scandiren, und eine gewisse Anzahl Wörter
von verschiedner Länge, nach dem Sylbenmaaße, in
Ordnung stellen konnte. Dieses war auch die ein-
zige Ursache, warum ich die alten Poeten las, und
vielmals mit exemplarischem Nachdrucke dazu an-
gehalten wurde. Jch sollte lateinische und griechi-
sche Verse machen lernen, und ich lernte es auch; we-

nig-
J 5

Noten ohne Text.
cus fuͤr die jungen Tartarn in Oczakow ſeyn wer-
den. Und vielleicht ſteht gar einmal ein kalmuki-
ſcher Graͤv auf, welchen mein Ruhm und die Be-
gierde nach abendlaͤndiſchen Alterthuͤmern in mein
Vaterland treibt; welcher unter dem Schutte ei-
ner Stadt in Deutſchland ſo viele Weisheit hervor
zieht, als kaum in eilf Folianten Raum hat, und
welchen die glückliche Ergaͤnzung einer verloſchnen
Grabſchrift, der Himmel weis, von welcher Schnei-
dersfrau, in ſeinem Vaterlande unſterblich macht.

Wie ich zum Exempel,) Dieſe Worte wer-
den ſehr oft in meinem Texte vorkommen, weil es
der gelehrte Gebrauch erfodert, daß ein Schriftſtel-
ler von ſich ſelbſt bey allen Gelegenheiten am mei-
ſten redet. Bey den uͤbrigen Stellen werde ich die
Noten weglaſſen; Hier aber kann ich es unmoͤglich
uͤber mein Herz bringen, davon zu ſchweigen, was
die Worte, wie ich zum Exempel, eigentlich ſa-
gen wollen. Jch zeige dadurch die Groͤße meiner
Arbeit, und die Wichtigkeit derjenigen Bemuͤhun-
gen an, mit welchen ich mich in meinen Schuljahren
beſchaͤfftigt habe. Denn ein junger Dichter war,
nach dem Begriffe eines meiner ehmaligen Lehrmei-
ſter, nichts anders, als ein Ding, welches lateiniſche
Verſe ſcandiren, und eine gewiſſe Anzahl Woͤrter
von verſchiedner Laͤnge, nach dem Sylbenmaaße, in
Ordnung ſtellen konnte. Dieſes war auch die ein-
zige Urſache, warum ich die alten Poeten las, und
vielmals mit exemplariſchem Nachdrucke dazu an-
gehalten wurde. Jch ſollte lateiniſche und griechi-
ſche Verſe machen lernen, und ich lernte es auch; we-

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[137/0137] Noten ohne Text. cus fuͤr die jungen Tartarn in Oczakow ſeyn wer- den. Und vielleicht ſteht gar einmal ein kalmuki- ſcher Graͤv auf, welchen mein Ruhm und die Be- gierde nach abendlaͤndiſchen Alterthuͤmern in mein Vaterland treibt; welcher unter dem Schutte ei- ner Stadt in Deutſchland ſo viele Weisheit hervor zieht, als kaum in eilf Folianten Raum hat, und welchen die glückliche Ergaͤnzung einer verloſchnen Grabſchrift, der Himmel weis, von welcher Schnei- dersfrau, in ſeinem Vaterlande unſterblich macht. Wie ich zum Exempel,) Dieſe Worte wer- den ſehr oft in meinem Texte vorkommen, weil es der gelehrte Gebrauch erfodert, daß ein Schriftſtel- ler von ſich ſelbſt bey allen Gelegenheiten am mei- ſten redet. Bey den uͤbrigen Stellen werde ich die Noten weglaſſen; Hier aber kann ich es unmoͤglich uͤber mein Herz bringen, davon zu ſchweigen, was die Worte, wie ich zum Exempel, eigentlich ſa- gen wollen. Jch zeige dadurch die Groͤße meiner Arbeit, und die Wichtigkeit derjenigen Bemuͤhun- gen an, mit welchen ich mich in meinen Schuljahren beſchaͤfftigt habe. Denn ein junger Dichter war, nach dem Begriffe eines meiner ehmaligen Lehrmei- ſter, nichts anders, als ein Ding, welches lateiniſche Verſe ſcandiren, und eine gewiſſe Anzahl Woͤrter von verſchiedner Laͤnge, nach dem Sylbenmaaße, in Ordnung ſtellen konnte. Dieſes war auch die ein- zige Urſache, warum ich die alten Poeten las, und vielmals mit exemplariſchem Nachdrucke dazu an- gehalten wurde. Jch ſollte lateiniſche und griechi- ſche Verſe machen lernen, und ich lernte es auch; we- nig- J 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/137>, abgerufen am 22.11.2024.