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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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Hinkmars von Repkow
kann, die wir itzt für eben solche Barbaren halten,
für welche die Römer unsre Väter ansahen? Hät-
ten es diese Römer wohl geglaubt, daß eine Zeit
kommen könnte, in welcher die Nachkommen der al-
ten Mysen Zeit und Kräfte verschwenden würden,
die wahre Gestalt ihre Schuhe ausfindig zu ma-
chen. Und wer leistet denn uns die Gewähr, daß
nicht itzt ein Volk in Wildnissen und Wäldern her-
um irrt, dessen witzige Kinder nach tausend Jahren
mit ängstlicher Bemühung untersuchen werden, ob
die Hüthe der alten Deutschen unter der Regierung
Kaiser Carls des Siebenten hoch aufgesteift, oder
niedrig gewesen sind? Jch verehre den Fleiß desje-
nigen großen Mannes, welcher sich, unserm Vater-
lande zum Besten, so manche unruhige Stunde,
so viele schlaflose Nächte, um ein V, oder, we-
gen eines zweifelhaften Manuscripts, Christen zu
Heyden macht. Jst es aber wohl unmöglich, daß
auf eben derjenigen Stelle, wo itzt, indem ich dieses
schreibe, ein räuberischer Tartar unter seinem Zelte
auf Mord und Beute denkt, sein witziger Enkel
künftig eine Catheder erbauen, sich auf derselben,
als Kunstrichter, blähen, und um ein deutsches Wort
über seine kritischen Widersacher ein grausames
Blutgerichte halten wird? Jch getraue mir, es zu
verantworten, wenn ich für mein Vaterland so viel
Hochachtung habe, daß ich glaube, wir werden
in tausend Jahren den Tartarn eben dasjenige seyn,
was die alten Römer uns itzt sind. Ja; ich bin für
Freuden außer mir, wenn ich bedenke, daß alsdann
melne Noten ohne Text vielleicht ein Auctor Classi-

cus

Hinkmars von Repkow
kann, die wir itzt fuͤr eben ſolche Barbaren halten,
fuͤr welche die Roͤmer unſre Vaͤter anſahen? Haͤt-
ten es dieſe Roͤmer wohl geglaubt, daß eine Zeit
kommen koͤnnte, in welcher die Nachkommen der al-
ten Myſen Zeit und Kraͤfte verſchwenden wuͤrden,
die wahre Geſtalt ihre Schuhe ausfindig zu ma-
chen. Und wer leiſtet denn uns die Gewaͤhr, daß
nicht itzt ein Volk in Wildniſſen und Waͤldern her-
um irrt, deſſen witzige Kinder nach tauſend Jahren
mit aͤngſtlicher Bemuͤhung unterſuchen werden, ob
die Huͤthe der alten Deutſchen unter der Regierung
Kaiſer Carls des Siebenten hoch aufgeſteift, oder
niedrig geweſen ſind? Jch verehre den Fleiß desje-
nigen großen Mannes, welcher ſich, unſerm Vater-
lande zum Beſten, ſo manche unruhige Stunde,
ſo viele ſchlafloſe Naͤchte, um ein V, oder, we-
gen eines zweifelhaften Manuſcripts, Chriſten zu
Heyden macht. Jſt es aber wohl unmoͤglich, daß
auf eben derjenigen Stelle, wo itzt, indem ich dieſes
ſchreibe, ein raͤuberiſcher Tartar unter ſeinem Zelte
auf Mord und Beute denkt, ſein witziger Enkel
kuͤnftig eine Catheder erbauen, ſich auf derſelben,
als Kunſtrichter, blaͤhen, und um ein deutſches Wort
uͤber ſeine kritiſchen Widerſacher ein grauſames
Blutgerichte halten wird? Jch getraue mir, es zu
verantworten, wenn ich fuͤr mein Vaterland ſo viel
Hochachtung habe, daß ich glaube, wir werden
in tauſend Jahren den Tartarn eben dasjenige ſeyn,
was die alten Roͤmer uns itzt ſind. Ja; ich bin fuͤr
Freuden außer mir, wenn ich bedenke, daß alsdann
melne Noten ohne Text vielleicht ein Auctor Claſſi-

cus
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[136/0136] Hinkmars von Repkow kann, die wir itzt fuͤr eben ſolche Barbaren halten, fuͤr welche die Roͤmer unſre Vaͤter anſahen? Haͤt- ten es dieſe Roͤmer wohl geglaubt, daß eine Zeit kommen koͤnnte, in welcher die Nachkommen der al- ten Myſen Zeit und Kraͤfte verſchwenden wuͤrden, die wahre Geſtalt ihre Schuhe ausfindig zu ma- chen. Und wer leiſtet denn uns die Gewaͤhr, daß nicht itzt ein Volk in Wildniſſen und Waͤldern her- um irrt, deſſen witzige Kinder nach tauſend Jahren mit aͤngſtlicher Bemuͤhung unterſuchen werden, ob die Huͤthe der alten Deutſchen unter der Regierung Kaiſer Carls des Siebenten hoch aufgeſteift, oder niedrig geweſen ſind? Jch verehre den Fleiß desje- nigen großen Mannes, welcher ſich, unſerm Vater- lande zum Beſten, ſo manche unruhige Stunde, ſo viele ſchlafloſe Naͤchte, um ein V, oder, we- gen eines zweifelhaften Manuſcripts, Chriſten zu Heyden macht. Jſt es aber wohl unmoͤglich, daß auf eben derjenigen Stelle, wo itzt, indem ich dieſes ſchreibe, ein raͤuberiſcher Tartar unter ſeinem Zelte auf Mord und Beute denkt, ſein witziger Enkel kuͤnftig eine Catheder erbauen, ſich auf derſelben, als Kunſtrichter, blaͤhen, und um ein deutſches Wort uͤber ſeine kritiſchen Widerſacher ein grauſames Blutgerichte halten wird? Jch getraue mir, es zu verantworten, wenn ich fuͤr mein Vaterland ſo viel Hochachtung habe, daß ich glaube, wir werden in tauſend Jahren den Tartarn eben dasjenige ſeyn, was die alten Roͤmer uns itzt ſind. Ja; ich bin fuͤr Freuden außer mir, wenn ich bedenke, daß alsdann melne Noten ohne Text vielleicht ein Auctor Claſſi- cus

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/136>, abgerufen am 22.11.2024.