[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.der Jugend. chen Regeln so weit zu bringen, daß er alles ver-stünde, was griechisch abgefaßt wäre. Er erlangte auch solche Geschicklichkeit wirklich in wenigen Jah- ren. Weil man dieses nicht zu einem Hauptwerke machte: So blieben noch Stunden genug übrig, ihm in andern Künsten und Wissenschaften Unter- weisung zu geben. Nach unsrer heutigen Einrich- tung ist es eine bekannte Sache, daß die französische Sprache vielmals weit unentbehrlicher ist, als alle todte Sprachen der Morgenländer. Man nahm also einen Franzosen an, welcher ihn, durch Unter- richt und fleißigen Umgang, zu der gehörigen Voll- kommenheit brachte. Hatte ihm sein Hofmeister schon in den ersten Jahren, bloß durch Gespräche, wo nicht eine Kenntniß von der Historie, dennoch eine Lust dazu beygebracht: So war es nachher um so viel leichter, auch darinnen weiter zu gehen. Die ältern Geschichten wurden nicht vergessen; die neuern aber, und besonders die Geschichte seines Vaterlandes, blieben allemal der Hauptzweck. Die größern Schriften der lateinischen Redner und Poe- ten wurden zugleich sorgfältig durchgegangen, nicht so wohl die Redensarten daraus zu erlernen, als vielmehr ihren ganzen Bau, und die Bündigkeit des Vortrags einzusehen. Hierdurch lernte unser Ri- chard die Zärtlichkeit einer Ode, die Stärke eines Heldengedichts, und diejenigen Ursachen kennen, welche den Cicero zu einem Redner gemacht haben. Was konnte ihm auf eine solche Art wohl leichter fallen, als auch in seiner Muttersprache die Geschick- lichkeit zu erlangen, die einem Gelehrten so wohlan- stän- K 5
der Jugend. chen Regeln ſo weit zu bringen, daß er alles ver-ſtuͤnde, was griechiſch abgefaßt waͤre. Er erlangte auch ſolche Geſchicklichkeit wirklich in wenigen Jah- ren. Weil man dieſes nicht zu einem Hauptwerke machte: So blieben noch Stunden genug uͤbrig, ihm in andern Kuͤnſten und Wiſſenſchaften Unter- weiſung zu geben. Nach unſrer heutigen Einrich- tung iſt es eine bekannte Sache, daß die franzoͤſiſche Sprache vielmals weit unentbehrlicher iſt, als alle todte Sprachen der Morgenlaͤnder. Man nahm alſo einen Franzoſen an, welcher ihn, durch Unter- richt und fleißigen Umgang, zu der gehoͤrigen Voll- kommenheit brachte. Hatte ihm ſein Hofmeiſter ſchon in den erſten Jahren, bloß durch Geſpraͤche, wo nicht eine Kenntniß von der Hiſtorie, dennoch eine Luſt dazu beygebracht: So war es nachher um ſo viel leichter, auch darinnen weiter zu gehen. Die aͤltern Geſchichten wurden nicht vergeſſen; die neuern aber, und beſonders die Geſchichte ſeines Vaterlandes, blieben allemal der Hauptzweck. Die groͤßern Schriften der lateiniſchen Redner und Poe- ten wurden zugleich ſorgfaͤltig durchgegangen, nicht ſo wohl die Redensarten daraus zu erlernen, als vielmehr ihren ganzen Bau, und die Buͤndigkeit des Vortrags einzuſehen. Hierdurch lernte unſer Ri- chard die Zaͤrtlichkeit einer Ode, die Staͤrke eines Heldengedichts, und diejenigen Urſachen kennen, welche den Cicero zu einem Redner gemacht haben. Was konnte ihm auf eine ſolche Art wohl leichter fallen, als auch in ſeiner Mutterſprache die Geſchick- lichkeit zu erlangen, die einem Gelehrten ſo wohlan- ſtaͤn- K 5
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ſtuͤnde, was griechiſch abgefaßt waͤre. Er erlangte
auch ſolche Geſchicklichkeit wirklich in wenigen Jah-
ren. Weil man dieſes nicht zu einem Hauptwerke
machte: So blieben noch Stunden genug uͤbrig,
ihm in andern Kuͤnſten und Wiſſenſchaften Unter-
weiſung zu geben. Nach unſrer heutigen Einrich-
tung iſt es eine bekannte Sache, daß die franzoͤſiſche
Sprache vielmals weit unentbehrlicher iſt, als alle
todte Sprachen der Morgenlaͤnder. Man nahm
alſo einen Franzoſen an, welcher ihn, durch Unter-
richt und fleißigen Umgang, zu der gehoͤrigen Voll-
kommenheit brachte. Hatte ihm ſein Hofmeiſter
ſchon in den erſten Jahren, bloß durch Geſpraͤche,
wo nicht eine Kenntniß von der Hiſtorie, dennoch
eine Luſt dazu beygebracht: So war es nachher
um ſo viel leichter, auch darinnen weiter zu gehen.
Die aͤltern Geſchichten wurden nicht vergeſſen; die
neuern aber, und beſonders die Geſchichte ſeines
Vaterlandes, blieben allemal der Hauptzweck. Die
groͤßern Schriften der lateiniſchen Redner und Poe-
ten wurden zugleich ſorgfaͤltig durchgegangen, nicht
ſo wohl die Redensarten daraus zu erlernen, als
vielmehr ihren ganzen Bau, und die Buͤndigkeit des
Vortrags einzuſehen. Hierdurch lernte unſer Ri-
chard die Zaͤrtlichkeit einer Ode, die Staͤrke eines
Heldengedichts, und diejenigen Urſachen kennen,
welche den Cicero zu einem Redner gemacht haben.
Was konnte ihm auf eine ſolche Art wohl leichter
fallen, als auch in ſeiner Mutterſprache die Geſchick-
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