[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.eines Wittwers. Nunmehr wird mir es leicht fallen, Jhnen ei- Ein- F 2
eines Wittwers. Nunmehr wird mir es leicht fallen, Jhnen ei- Ein- F 2
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eines Wittwers.
Nunmehr wird mir es leicht fallen, Jhnen ei-
nen genauern Begriff von der Kinderzucht meiner
verſtorbnen Frau beyzubringen. Sie wiſſen, mei-
ne Herren, daß ich der Vater einer Tochter bin, und
wenn Sie es nicht glauben wollen, ſo kann ich es
Jhnen aus dem Kirchenbuche beweiſen. Dieſe
Tochter hat mir in den erſten ſechs Wochen mehr,
als die ganze folgende Zeit uͤber, gekoſtet. Jch
will von dem praͤchtigen Aufputze des Wochenzim-
mers nichts gedenken, welcher allerdings verſchwen-
deriſch wuͤrde geweſen ſeyn, wenn er nicht zu Eh-
ren meiner Frau, und ihrer Nachkommen, alſo ein-
gerichtet worden waͤre: nur dieſes muß ich erin-
nern, daß mir damals die guten Wuͤnſche unzaͤhli-
ger neugieriger Freundinnen mehr Schaden an
meinen Einkuͤnften gethan haben, als jemals die
Fluͤche meiner Feinde. Meine Frau hatte dieſe
Tochter zur Welt gebracht, und alſo alles verrich-
tet, was man von einer Mutter fodern kann. Der
Wohlſtand noͤthigte ſie, eine Amme zu waͤhlen,
welche die Pflichten der Ernaͤhrung uͤber ſich naͤh-
me. Schon im zweyten Jahre zeigte das Kind,
zum unausſprechlichen Vergnuͤgen ſeiner werthe-
ſten Mama, die deutlichſten Proben eines durch-
dringenden Verſtandes, da es mit der groͤßten Hef-
tigkeit dasjenige verlangte, was ihm einfiel, und
mit Haͤnden und Fuͤßen ſeinen Unwillen bezeugte,
wenn jemand ſo unbedachtſam war, und ihm wi-
derſprach. Schlaͤge gehoͤren nur fuͤr die Kinder
gemeiner Leute; meine Frau hielt es fuͤr eben ſo
grauſam, ihr Kind zu ſchlagen, als wider ihr eignes
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