Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.die ich einst gern sah und hörte in vergangenen bösen Versunken ist dann die Welt der Erinnerung, mich die ich einſt gern ſah und hörte in vergangenen böſen Verſunken iſt dann die Welt der Erinnerung, mich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017" n="7"/> die ich einſt gern ſah und hörte in vergangenen böſen<lb/> und guten Tagen werden wieder wach und lebendig;<lb/> todte, begrabene Frühlinge fangen wieder an zu grünen<lb/> und zu blühen; vergeſſener Kindermärchen entſinne ich<lb/> mich; ich werde jung und — fahre auf und — er-<lb/> wache!</p><lb/> <p>Verſunken iſt dann die Welt der Erinnerung, mich<lb/> fröſtelt in der kalten traurigen Gegenwart, drückender<lb/> fühle ich meine Einſamkeit und weder meine Folianten<lb/> noch meine anderen mühſam aufgeſtapelten gelehrten<lb/> Schätze vermögen es, die aufſteigenden Kobolde und<lb/> Quälgeiſter des Greiſenalters zu verſcheuchen. Sie zu<lb/> bannen ſchreibe ich die folgenden Blätter, und ich ſchreibe,<lb/> wie das Alter ſchwatzt. Für einen Freund will ich dieſe<lb/> Bogen anſehen, mit dem ich plaudere, der Geduld mit<lb/> mir hat und nicht ſpöttelt über Wiederholungen, — ach<lb/> das Alter wiederholt ja ſo gern — der nicht zum Auf-<lb/> bruch treibt, wo die vertrocknete Blume irgend einer<lb/> ſüßen Erinnerung mich feſſelt, der nicht zum Bleiben<lb/> nöthigt, wo ein trübes Angedenken unter der Aſche der<lb/> Vergeſſenheit noch leiſe fortglimmt. Eine <hi rendition="#g">Chronik</hi><lb/> aber nenne ich dieſe Bogen, weil ihr Inhalt, was den<lb/> Zuſammenhang betrifft, gar ſehr jenen alten naiven Auf-<lb/> zeichnungen gleichen wird, die in bunter Folge die Be-<lb/> gebenheiten aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [7/0017]
die ich einſt gern ſah und hörte in vergangenen böſen
und guten Tagen werden wieder wach und lebendig;
todte, begrabene Frühlinge fangen wieder an zu grünen
und zu blühen; vergeſſener Kindermärchen entſinne ich
mich; ich werde jung und — fahre auf und — er-
wache!
Verſunken iſt dann die Welt der Erinnerung, mich
fröſtelt in der kalten traurigen Gegenwart, drückender
fühle ich meine Einſamkeit und weder meine Folianten
noch meine anderen mühſam aufgeſtapelten gelehrten
Schätze vermögen es, die aufſteigenden Kobolde und
Quälgeiſter des Greiſenalters zu verſcheuchen. Sie zu
bannen ſchreibe ich die folgenden Blätter, und ich ſchreibe,
wie das Alter ſchwatzt. Für einen Freund will ich dieſe
Bogen anſehen, mit dem ich plaudere, der Geduld mit
mir hat und nicht ſpöttelt über Wiederholungen, — ach
das Alter wiederholt ja ſo gern — der nicht zum Auf-
bruch treibt, wo die vertrocknete Blume irgend einer
ſüßen Erinnerung mich feſſelt, der nicht zum Bleiben
nöthigt, wo ein trübes Angedenken unter der Aſche der
Vergeſſenheit noch leiſe fortglimmt. Eine Chronik
aber nenne ich dieſe Bogen, weil ihr Inhalt, was den
Zuſammenhang betrifft, gar ſehr jenen alten naiven Auf-
zeichnungen gleichen wird, die in bunter Folge die Be-
gebenheiten aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
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