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Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857.

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"O das ist wunder-wunderhübsch," ruft die Kleine,
welche gar nicht hört, was der Doctor sagt. "Sieh
der alte Vogel fürchtet sich gar nicht, -- o, welche
große Schnäbel, -- er sitzt ganz still zwischen seinen
Jungen und sieht nur nach Rezensenten hinunter! --
Er thut Dir nichts, kleiner Vogel, -- bleib ruhig
sitzen!" --

Jetzt ließ der Doctor das Kind auf den Boden
gleiten: "Nun lauf zu Fuß," sagte er, "das Gras
ist trocken."

Welch ein Tag! Noch zogen weiße Wölkchen über
die Baumwelt weg, bald aber hatte die Sonne sie ver-
zehrt, und das ewige Blau lächelte rein und klar auf
uns herab. Immer tiefer versenkten wir uns in die
duftende Wildniß: "Wo lassen wir alle die Blumen,
die wir pflücken, Lischen? -- Die Händchen sind schon
so voll, daß wir bei jedem Schritt eine verlieren und
daß der Doctor sagen muß:

"Ist's nicht wie im Märchen, wo der Vater die ver-
lorenen Kinder durch hingestreute Steinchen wiederfindet?
Ein verfolgter Zeitungsschreiber -- schrecklich -- die Hä-
scher sind ihm auf den Fersen, -- wo hat er sich hin-
gewendet? -- "Ha," sagt der Erfahrenste der Spürer,
ein wahrer Pfadfinder auf der Vagabondenjagd: "Seht
die Blumen -- untermischt mit Cigarrenenden! Laßt

„O das iſt wunder-wunderhübſch,“ ruft die Kleine,
welche gar nicht hört, was der Doctor ſagt. „Sieh
der alte Vogel fürchtet ſich gar nicht, — o, welche
große Schnäbel, — er ſitzt ganz ſtill zwiſchen ſeinen
Jungen und ſieht nur nach Rezenſenten hinunter! —
Er thut Dir nichts, kleiner Vogel, — bleib ruhig
ſitzen!“ —

Jetzt ließ der Doctor das Kind auf den Boden
gleiten: „Nun lauf zu Fuß,“ ſagte er, „das Gras
iſt trocken.“

Welch ein Tag! Noch zogen weiße Wölkchen über
die Baumwelt weg, bald aber hatte die Sonne ſie ver-
zehrt, und das ewige Blau lächelte rein und klar auf
uns herab. Immer tiefer verſenkten wir uns in die
duftende Wildniß: „Wo laſſen wir alle die Blumen,
die wir pflücken, Lischen? — Die Händchen ſind ſchon
ſo voll, daß wir bei jedem Schritt eine verlieren und
daß der Doctor ſagen muß:

„Iſt’s nicht wie im Märchen, wo der Vater die ver-
lorenen Kinder durch hingeſtreute Steinchen wiederfindet?
Ein verfolgter Zeitungsſchreiber — ſchrecklich — die Hä-
ſcher ſind ihm auf den Ferſen, — wo hat er ſich hin-
gewendet? — „Ha,“ ſagt der Erfahrenſte der Spürer,
ein wahrer Pfadfinder auf der Vagabondenjagd: „Seht
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[118/0128] „O das iſt wunder-wunderhübſch,“ ruft die Kleine, welche gar nicht hört, was der Doctor ſagt. „Sieh der alte Vogel fürchtet ſich gar nicht, — o, welche große Schnäbel, — er ſitzt ganz ſtill zwiſchen ſeinen Jungen und ſieht nur nach Rezenſenten hinunter! — Er thut Dir nichts, kleiner Vogel, — bleib ruhig ſitzen!“ — Jetzt ließ der Doctor das Kind auf den Boden gleiten: „Nun lauf zu Fuß,“ ſagte er, „das Gras iſt trocken.“ Welch ein Tag! Noch zogen weiße Wölkchen über die Baumwelt weg, bald aber hatte die Sonne ſie ver- zehrt, und das ewige Blau lächelte rein und klar auf uns herab. Immer tiefer verſenkten wir uns in die duftende Wildniß: „Wo laſſen wir alle die Blumen, die wir pflücken, Lischen? — Die Händchen ſind ſchon ſo voll, daß wir bei jedem Schritt eine verlieren und daß der Doctor ſagen muß: „Iſt’s nicht wie im Märchen, wo der Vater die ver- lorenen Kinder durch hingeſtreute Steinchen wiederfindet? Ein verfolgter Zeitungsſchreiber — ſchrecklich — die Hä- ſcher ſind ihm auf den Ferſen, — wo hat er ſich hin- gewendet? — „Ha,“ ſagt der Erfahrenſte der Spürer, ein wahrer Pfadfinder auf der Vagabondenjagd: „Seht die Blumen — untermiſcht mit Cigarrenenden! Laßt

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/128>, abgerufen am 22.11.2024.