"Ich hab Ihm auch schon manchen Gefallen gethan, Herr von Münchhausen, nun thu' Er mir auch einen. Lasse Er mir mein Mädchen nicht hier zurück. Herr Magister, erbarme Er sich meiner, lasse Er mir mein Mädchen, mein Wieschen nicht auch hier unter den Rabenäsern verkommen --"
"Wir bleiben Alle beieinander, Schelze."
"Nein, nein, ihr Herren! um Gott und Jesus nicht! Es liegen da drüben hinterm Pfuhl wohl noch Einige unverscharrt vom Sommer her; -- so lasset mich jetzt auch hier und grabt mich nachher unter, wenn Ihr mit meinem Wieschen glücklich aus dem Elend herauskommt. Es geht nichts verloren an mir; das weiß das ganze Kloster. O Herren, heben Sie beide Jungfern auf des Herrn Amtmanns Schimmel und kriechen Sie unter im Wald, im tiefsten Dickicht, und lassen Sie mich hier; ich bin keinem Menschen mehr nütze und selbst meinen herzlieben Schatz nicht."
"O Heinrich, Heinrich, kein Mensch und kein König soll mich mit Güte oder eisernen Zangen von Dir los¬ brechen!"
Jetzt machte sich der Magister Buchius doch aus der Umarmung von des Amtmanns Vetterstochter los. Er trat her in einer Gloria, von der er selber am wenigsten wußte.
Was er in den Gassen von Helmstedt niemals ge¬ rufen hatte, das rief er jetzo.
"Bursche heraus!"
„Ich hab Ihm auch ſchon manchen Gefallen gethan, Herr von Münchhauſen, nun thu' Er mir auch einen. Laſſe Er mir mein Mädchen nicht hier zurück. Herr Magiſter, erbarme Er ſich meiner, laſſe Er mir mein Mädchen, mein Wieſchen nicht auch hier unter den Rabenäſern verkommen —“
„Wir bleiben Alle beieinander, Schelze.“
„Nein, nein, ihr Herren! um Gott und Jeſus nicht! Es liegen da drüben hinterm Pfuhl wohl noch Einige unverſcharrt vom Sommer her; — ſo laſſet mich jetzt auch hier und grabt mich nachher unter, wenn Ihr mit meinem Wieſchen glücklich aus dem Elend herauskommt. Es geht nichts verloren an mir; das weiß das ganze Kloſter. O Herren, heben Sie beide Jungfern auf des Herrn Amtmanns Schimmel und kriechen Sie unter im Wald, im tiefſten Dickicht, und laſſen Sie mich hier; ich bin keinem Menſchen mehr nütze und ſelbſt meinen herzlieben Schatz nicht.“
„O Heinrich, Heinrich, kein Menſch und kein König ſoll mich mit Güte oder eiſernen Zangen von Dir los¬ brechen!“
Jetzt machte ſich der Magiſter Buchius doch aus der Umarmung von des Amtmanns Vetterstochter los. Er trat her in einer Gloria, von der er ſelber am wenigſten wußte.
Was er in den Gaſſen von Helmſtedt niemals ge¬ rufen hatte, das rief er jetzo.
„Burſche heraus!“
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„Ich hab Ihm auch ſchon manchen Gefallen gethan,
Herr von Münchhauſen, nun thu' Er mir auch einen.
Laſſe Er mir mein Mädchen nicht hier zurück. Herr
Magiſter, erbarme Er ſich meiner, laſſe Er mir mein
Mädchen, mein Wieſchen nicht auch hier unter den
Rabenäſern verkommen —“
„Wir bleiben Alle beieinander, Schelze.“
„Nein, nein, ihr Herren! um Gott und Jeſus nicht!
Es liegen da drüben hinterm Pfuhl wohl noch Einige
unverſcharrt vom Sommer her; — ſo laſſet mich jetzt
auch hier und grabt mich nachher unter, wenn Ihr mit
meinem Wieſchen glücklich aus dem Elend herauskommt.
Es geht nichts verloren an mir; das weiß das ganze
Kloſter. O Herren, heben Sie beide Jungfern auf des
Herrn Amtmanns Schimmel und kriechen Sie unter
im Wald, im tiefſten Dickicht, und laſſen Sie mich
hier; ich bin keinem Menſchen mehr nütze und ſelbſt
meinen herzlieben Schatz nicht.“
„O Heinrich, Heinrich, kein Menſch und kein König
ſoll mich mit Güte oder eiſernen Zangen von Dir los¬
brechen!“
Jetzt machte ſich der Magiſter Buchius doch aus
der Umarmung von des Amtmanns Vetterstochter los.
Er trat her in einer Gloria, von der er ſelber am
wenigſten wußte.
Was er in den Gaſſen von Helmſtedt niemals ge¬
rufen hatte, das rief er jetzo.
„Burſche heraus!“
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/175>, abgerufen am 16.02.2025.
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