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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Einfälle und Ausdrücke an. Oefters aber verfallen sie auch dabey in das Niederträchtige und Gemeine. Was die Begleitung der Instrumente betrifft, so unterscheidet sie sich nicht viel von der im vorigen §. beschriebenen Instrumentalcomposition. Das Ritornell ist meistentheils sehr schlecht, und scheint manchmal gar nicht zu dieser Arie zu gehören. Das richtige Metrum fehlt auch sehr öfters. Es ist zu bedauern, daß die meisten der itzigen italiänischen Operncomponisten, deren einigen man das gute Naturell nicht absprechen kann, zu frühzeitig, ehe sie noch was von den Regeln der Setzkunst verstehen, für das Theater zu schreiben anfangen; daß sie sich nachgehends nicht mehr, wie ihre Vorfahren thaten, die Zeit nehmen, die Setzkunst aus dem Grunde zu studiren; daß sie dabey nachläßig sind, und mehrentheils zu geschwind arbeiten. Ich getrauete mir eben nicht das Gegentheil zu erweisen, wenn jemand behaupten wollte, daß sie vielleicht noch schlechter seyn würden, wofern nicht ein und der andere große Componist unter ihren nordischen Nachbarn, absonderlich ein berühmter Mann, dem sie den wahren guten und vernünftigen Geschmack in der Singmusik fast abgetreten zu haben scheinen, ihnen noch, durch seine häufig in Italien aufgeführten Singspiele, mit guten Exempeln vorgienge, und dadurch öfters Gelegenheit gäbe, sich mit seinen Federn auszuschmücken. So viel ist gewiß, daß die Anzahl der guten ingebohrnen welschen Componisten, vor mehr und weniger als zwanzig Jahren, durch das, nicht gar lange nach einander erfolgte, frühzeitige Absterben dreyer jungen Componisten, welche einen hervorragenden Geist spüren ließen, und große Hoffnung gaben, aber alle drey nicht völlig zur Reife gekommen sind, einen starken Verlust erlitten hat. Diese unterscheiden sich, in ihrer Art zu denken, merklich von einander. Der eine hieß: Capelli. Dieser war zum Prächtigen, Feurigen und Fremden aufgelegt. Der andere war: Pergolese. Dieser hatte zum Schmeichelnden, Zärtlichen und Angenehmen viel Naturell; und bezeigte dabey viel guten Willen zur arbeitsamen Composition. Der dritte hieß: Vinci. Er war lebhaft, reich an Erfindung, angenehm, natürlich, und öfters sehr glücklich im Ausdrucke: weswegen er auch in kurzer Zeit, durch nicht allzuviele Singspiele, in ganz Italien, schon einen allgemeinen Beyfall erworben hatte. Nur schien ihm die Geduld, und die Lust zur sorgfältigen Ausbesserung seiner Gedanken, etwas zu fehlen.

Einfälle und Ausdrücke an. Oefters aber verfallen sie auch dabey in das Niederträchtige und Gemeine. Was die Begleitung der Instrumente betrifft, so unterscheidet sie sich nicht viel von der im vorigen §. beschriebenen Instrumentalcomposition. Das Ritornell ist meistentheils sehr schlecht, und scheint manchmal gar nicht zu dieser Arie zu gehören. Das richtige Metrum fehlt auch sehr öfters. Es ist zu bedauern, daß die meisten der itzigen italiänischen Operncomponisten, deren einigen man das gute Naturell nicht absprechen kann, zu frühzeitig, ehe sie noch was von den Regeln der Setzkunst verstehen, für das Theater zu schreiben anfangen; daß sie sich nachgehends nicht mehr, wie ihre Vorfahren thaten, die Zeit nehmen, die Setzkunst aus dem Grunde zu studiren; daß sie dabey nachläßig sind, und mehrentheils zu geschwind arbeiten. Ich getrauete mir eben nicht das Gegentheil zu erweisen, wenn jemand behaupten wollte, daß sie vielleicht noch schlechter seyn würden, wofern nicht ein und der andere große Componist unter ihren nordischen Nachbarn, absonderlich ein berühmter Mann, dem sie den wahren guten und vernünftigen Geschmack in der Singmusik fast abgetreten zu haben scheinen, ihnen noch, durch seine häufig in Italien aufgeführten Singspiele, mit guten Exempeln vorgienge, und dadurch öfters Gelegenheit gäbe, sich mit seinen Federn auszuschmücken. So viel ist gewiß, daß die Anzahl der guten ingebohrnen welschen Componisten, vor mehr und weniger als zwanzig Jahren, durch das, nicht gar lange nach einander erfolgte, frühzeitige Absterben dreyer jungen Componisten, welche einen hervorragenden Geist spüren ließen, und große Hoffnung gaben, aber alle drey nicht völlig zur Reife gekommen sind, einen starken Verlust erlitten hat. Diese unterscheiden sich, in ihrer Art zu denken, merklich von einander. Der eine hieß: Capelli. Dieser war zum Prächtigen, Feurigen und Fremden aufgelegt. Der andere war: Pergolese. Dieser hatte zum Schmeichelnden, Zärtlichen und Angenehmen viel Naturell; und bezeigte dabey viel guten Willen zur arbeitsamen Composition. Der dritte hieß: Vinci. Er war lebhaft, reich an Erfindung, angenehm, natürlich, und öfters sehr glücklich im Ausdrucke: weswegen er auch in kurzer Zeit, durch nicht allzuviele Singspiele, in ganz Italien, schon einen allgemeinen Beyfall erworben hatte. Nur schien ihm die Geduld, und die Lust zur sorgfältigen Ausbesserung seiner Gedanken, etwas zu fehlen.

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Einfälle und Ausdrücke an. Oefters aber verfallen sie auch dabey in das Niederträchtige und Gemeine. Was die Begleitung der Instrumente betrifft, so unterscheidet sie sich nicht viel von der im vorigen §. beschriebenen Instrumentalcomposition. Das Ritornell ist meistentheils sehr schlecht, und scheint manchmal gar nicht zu dieser Arie zu gehören. Das richtige Metrum fehlt auch sehr öfters. Es ist zu bedauern, daß die meisten der itzigen italiänischen Operncomponisten, deren einigen man das gute Naturell nicht absprechen kann, zu frühzeitig, ehe sie noch was von den Regeln der Setzkunst verstehen, für das Theater zu schreiben anfangen; daß sie sich nachgehends nicht mehr, wie ihre Vorfahren thaten, die Zeit nehmen, die Setzkunst aus dem Grunde zu studiren; daß sie dabey nachläßig sind, und mehrentheils zu geschwind arbeiten. Ich getrauete mir eben nicht das Gegentheil zu erweisen, wenn jemand behaupten wollte, daß sie vielleicht noch schlechter seyn würden, wofern nicht ein und der andere große Componist unter ihren nordischen Nachbarn, absonderlich ein berühmter Mann, dem sie den wahren guten und vernünftigen Geschmack in der Singmusik fast abgetreten zu haben scheinen, ihnen noch, durch seine häufig in Italien aufgeführten Singspiele, mit guten Exempeln vorgienge, und dadurch öfters Gelegenheit gäbe, sich mit seinen Federn auszuschmücken. So viel ist gewiß, daß die Anzahl der guten ingebohrnen welschen Componisten, vor mehr und weniger als zwanzig Jahren, durch das, nicht gar lange nach einander erfolgte, frühzeitige Absterben dreyer jungen Componisten, welche einen hervorragenden Geist spüren ließen, und große Hoffnung gaben, aber alle drey nicht völlig zur Reife gekommen sind, einen starken Verlust erlitten hat. Diese unterscheiden sich, in ihrer Art zu denken, merklich von einander. Der eine hieß: Capelli. Dieser war zum Prächtigen, Feurigen und Fremden aufgelegt. Der andere war: Pergolese. Dieser hatte zum Schmeichelnden, Zärtlichen und Angenehmen viel Naturell; und bezeigte dabey viel guten Willen zur arbeitsamen Composition. Der dritte hieß: Vinci. Er war lebhaft, reich an Erfindung, angenehm, natürlich, und öfters sehr glücklich im Ausdrucke: weswegen er auch in kurzer Zeit, durch nicht allzuviele Singspiele, in ganz Italien, schon einen allgemeinen Beyfall erworben hatte. Nur schien ihm die Geduld, und die Lust zur sorgfältigen Ausbesserung seiner Gedanken, etwas zu fehlen.</p>
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[314/0328] Einfälle und Ausdrücke an. Oefters aber verfallen sie auch dabey in das Niederträchtige und Gemeine. Was die Begleitung der Instrumente betrifft, so unterscheidet sie sich nicht viel von der im vorigen §. beschriebenen Instrumentalcomposition. Das Ritornell ist meistentheils sehr schlecht, und scheint manchmal gar nicht zu dieser Arie zu gehören. Das richtige Metrum fehlt auch sehr öfters. Es ist zu bedauern, daß die meisten der itzigen italiänischen Operncomponisten, deren einigen man das gute Naturell nicht absprechen kann, zu frühzeitig, ehe sie noch was von den Regeln der Setzkunst verstehen, für das Theater zu schreiben anfangen; daß sie sich nachgehends nicht mehr, wie ihre Vorfahren thaten, die Zeit nehmen, die Setzkunst aus dem Grunde zu studiren; daß sie dabey nachläßig sind, und mehrentheils zu geschwind arbeiten. Ich getrauete mir eben nicht das Gegentheil zu erweisen, wenn jemand behaupten wollte, daß sie vielleicht noch schlechter seyn würden, wofern nicht ein und der andere große Componist unter ihren nordischen Nachbarn, absonderlich ein berühmter Mann, dem sie den wahren guten und vernünftigen Geschmack in der Singmusik fast abgetreten zu haben scheinen, ihnen noch, durch seine häufig in Italien aufgeführten Singspiele, mit guten Exempeln vorgienge, und dadurch öfters Gelegenheit gäbe, sich mit seinen Federn auszuschmücken. So viel ist gewiß, daß die Anzahl der guten ingebohrnen welschen Componisten, vor mehr und weniger als zwanzig Jahren, durch das, nicht gar lange nach einander erfolgte, frühzeitige Absterben dreyer jungen Componisten, welche einen hervorragenden Geist spüren ließen, und große Hoffnung gaben, aber alle drey nicht völlig zur Reife gekommen sind, einen starken Verlust erlitten hat. Diese unterscheiden sich, in ihrer Art zu denken, merklich von einander. Der eine hieß: Capelli. Dieser war zum Prächtigen, Feurigen und Fremden aufgelegt. Der andere war: Pergolese. Dieser hatte zum Schmeichelnden, Zärtlichen und Angenehmen viel Naturell; und bezeigte dabey viel guten Willen zur arbeitsamen Composition. Der dritte hieß: Vinci. Er war lebhaft, reich an Erfindung, angenehm, natürlich, und öfters sehr glücklich im Ausdrucke: weswegen er auch in kurzer Zeit, durch nicht allzuviele Singspiele, in ganz Italien, schon einen allgemeinen Beyfall erworben hatte. Nur schien ihm die Geduld, und die Lust zur sorgfältigen Ausbesserung seiner Gedanken, etwas zu fehlen.

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuchws_1752/328>, abgerufen am 25.11.2024.