Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.vierdtes Capitel. und ihnen die Federn bis aufs äusser-ste beschneiden müsten. Diese hinge- gegen würden/ wegen der von ihrer Obrigkeit zu befürchtenden Unter- druckung/ allezeit Gelegenheit zu re- voltiren suchen/ jedoch einander auch selbst nicht trauen/ und sich einer vor den andern fürchten. Ja/ die Ehe-Leute müsten/ bey Ereignung der geringsten Klage/ und Mißver- standes/ gegen einander in stetem Argwohne stehen/ daß eines das an- dere mit Gifft/ oder sonst heimtücki- scher Weise hinrichten mögte. Glei- cher Gefahr würden alle Familien unterworffen seyn. Denn weil sich die Leute/ wegen ermangelnder Re- ligion/ über nichts ein Gewissen ma- chen dörfften/ so würden die heimli- chen Verbrechen auch so leichte nicht an Tag kommen/ inmassen sich die- selben meistentheils durch die Unru- he des Gewissens/ und daher äusser- lich F 3
vierdtes Capitel. und ihnen die Federn bis aufs aͤuſſer-ſte beſchneiden muͤſten. Dieſe hinge- gegen wuͤrden/ wegen der von ihrer Obrigkeit zu befuͤrchtenden Unter- druckung/ allezeit Gelegenheit zu re- voltiren ſuchen/ jedoch einander auch ſelbſt nicht trauen/ und ſich einer vor den andern fuͤrchten. Ja/ die Ehe-Leute muͤſten/ bey Ereignung der geringſten Klage/ und Mißver- ſtandes/ gegen einander in ſtetem Argwohne ſtehen/ daß eines das an- dere mit Gifft/ oder ſonſt heimtuͤcki- ſcher Weiſe hinrichten moͤgte. Glei- cher Gefahr wuͤrden alle Familien unterworffen ſeyn. Denn weil ſich die Leute/ wegen ermangelnder Re- ligion/ uͤber nichts ein Gewiſſen ma- chen doͤrfften/ ſo wuͤrden die heimli- chen Verbrechen auch ſo leichte nicht an Tag kommen/ inmaſſen ſich die- ſelben meiſtentheils durch die Unru- he des Gewiſſens/ und daher aͤuſſer- lich F 3
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vierdtes Capitel.
und ihnen die Federn bis aufs aͤuſſer-
ſte beſchneiden muͤſten. Dieſe hinge-
gegen wuͤrden/ wegen der von ihrer
Obrigkeit zu befuͤrchtenden Unter-
druckung/ allezeit Gelegenheit zu re-
voltiren ſuchen/ jedoch einander
auch ſelbſt nicht trauen/ und ſich einer
vor den andern fuͤrchten. Ja/ die
Ehe-Leute muͤſten/ bey Ereignung
der geringſten Klage/ und Mißver-
ſtandes/ gegen einander in ſtetem
Argwohne ſtehen/ daß eines das an-
dere mit Gifft/ oder ſonſt heimtuͤcki-
ſcher Weiſe hinrichten moͤgte. Glei-
cher Gefahr wuͤrden alle Familien
unterworffen ſeyn. Denn weil ſich
die Leute/ wegen ermangelnder Re-
ligion/ uͤber nichts ein Gewiſſen ma-
chen doͤrfften/ ſo wuͤrden die heimli-
chen Verbrechen auch ſo leichte nicht
an Tag kommen/ inmaſſen ſich die-
ſelben meiſtentheils durch die Unru-
he des Gewiſſens/ und daher aͤuſſer-
lich
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