Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das VIII. Capitel
denen ich zwar bekenne/ daß es Teutsch-
lands Nutz nicht ist/ wenn sie sämbtlich
solten Franckreich zu theil werden. Je-
doch ist es nicht eben nöthig/ daß die Teut-
schen Stände sich derohalben ruiniren
lassen; weil auch andere/ die bessere Mit-
tel zu spendiren haben/ wohl gleich oder
mehr interesse haben/ daß selbige Pro-
vintzien aufrecht erhalten werden/ als
die Teutschen Stände. So floß auch
dieser Anschlag aus einer Spanischen
Quelle/ daß Carolus V. dem Fortgang
der Evangelischen Religion in Teutsch-
land sich entgegen setzte. Denn daß ich
nicht sage von der handgreiflichen Falsch-
heit der Päbstischen Religion; so sehe ich
nicht/ was ein Käyser/ der nur die Wohl-
farth von Teutschland für Augen hat/
für Ursach gehabt hätte sich der inclina-
tion
der gantzen Nation entgegen zu stel-
len/ und nicht vielmehr diese erwündschte
Gelegenheit zu ergreiffen/ sich von des
Pabsts Tyranney/ der so viel hundert
Jahr Teutschland mit Füssen getreten/
sich zubefreyen/ und von den überflüssigen
Geistlichen Gütern seine und des Reichs
Einkünfften zu vermehren; oder zum
wenigsten den Bischöffen zuvergönnen/
daß sie heyrathen/ und ihre Praebenten
darbey behalten möchten: und hätte der

Käy-

Das VIII. Capitel
denen ich zwar bekenne/ daß es Teutſch-
lands Nutz nicht iſt/ wenn ſie ſaͤmbtlich
ſolten Franckreich zu theil werden. Je-
doch iſt es nicht eben noͤthig/ daß die Teut-
ſchen Staͤnde ſich derohalben ruiniren
laſſen; weil auch andere/ die beſſere Mit-
tel zu ſpendiren haben/ wohl gleich oder
mehr intereſſe haben/ daß ſelbige Pro-
vintzien aufrecht erhalten werden/ als
die Teutſchen Staͤnde. So floß auch
dieſer Anſchlag aus einer Spaniſchen
Quelle/ daß Carolus V. dem Fortgang
der Evangeliſchen Religion in Teutſch-
land ſich entgegen ſetzte. Denn daß ich
nicht ſage von der handgreiflichen Falſch-
heit der Paͤbſtiſchen Religion; ſo ſehe ich
nicht/ was ein Kaͤyſer/ der nur die Wohl-
farth von Teutſchland fuͤr Augen hat/
fuͤr Urſach gehabt haͤtte ſich der inclina-
tion
der gantzen Nation entgegen zu ſtel-
len/ und nicht vielmehr dieſe erwuͤndſchte
Gelegenheit zu ergreiffen/ ſich von des
Pabſts Tyranney/ der ſo viel hundert
Jahr Teutſchland mit Fuͤſſen getreten/
ſich zubefreyen/ und von den uͤbeꝛfluͤſſigen
Geiſtlichen Guͤtern ſeine und des Reichs
Einkuͤnfften zu vermehren; oder zum
wenigſten den Biſchoͤffen zuvergoͤnnen/
daß ſie heyrathen/ und ihre Præbenten
darbey behalten moͤchten: und haͤtte der

Kaͤy-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0648" n="618"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
denen ich zwar bekenne/ daß es Teut&#x017F;ch-<lb/>
lands Nutz nicht i&#x017F;t/ wenn &#x017F;ie &#x017F;a&#x0364;mbtlich<lb/>
&#x017F;olten Franckreich zu theil werden. Je-<lb/>
doch i&#x017F;t es nicht eben no&#x0364;thig/ daß die Teut-<lb/>
&#x017F;chen Sta&#x0364;nde &#x017F;ich derohalben <hi rendition="#aq">ruinir</hi>en<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en; weil auch andere/ die be&#x017F;&#x017F;ere Mit-<lb/>
tel zu <hi rendition="#aq">&#x017F;pendir</hi>en haben/ wohl gleich oder<lb/>
mehr <hi rendition="#aq">intere&#x017F;&#x017F;e</hi> haben/ daß &#x017F;elbige Pro-<lb/>
vintzien aufrecht erhalten werden/ als<lb/>
die Teut&#x017F;chen Sta&#x0364;nde. So floß auch<lb/>
die&#x017F;er An&#x017F;chlag aus einer Spani&#x017F;chen<lb/>
Quelle/ daß <hi rendition="#aq">Carolus V.</hi> dem Fortgang<lb/>
der Evangeli&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Religion</hi> in Teut&#x017F;ch-<lb/>
land &#x017F;ich entgegen &#x017F;etzte. Denn daß ich<lb/>
nicht &#x017F;age von der handgreiflichen Fal&#x017F;ch-<lb/>
heit der Pa&#x0364;b&#x017F;ti&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Religion;</hi> &#x017F;o &#x017F;ehe ich<lb/>
nicht/ was ein Ka&#x0364;y&#x017F;er/ der nur die Wohl-<lb/>
farth von Teut&#x017F;chland fu&#x0364;r Augen hat/<lb/>
fu&#x0364;r Ur&#x017F;ach gehabt ha&#x0364;tte &#x017F;ich der <hi rendition="#aq">inclina-<lb/>
tion</hi> der gantzen <hi rendition="#aq">Nation</hi> entgegen zu &#x017F;tel-<lb/>
len/ und nicht vielmehr die&#x017F;e erwu&#x0364;nd&#x017F;chte<lb/>
Gelegenheit zu ergreiffen/ &#x017F;ich von des<lb/>
Pab&#x017F;ts Tyranney/ der &#x017F;o viel hundert<lb/>
Jahr Teut&#x017F;chland mit Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en getreten/<lb/>
&#x017F;ich zubefreyen/ und von den u&#x0364;be&#xA75B;flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen<lb/>
Gei&#x017F;tlichen Gu&#x0364;tern &#x017F;eine und des Reichs<lb/>
Einku&#x0364;nfften zu vermehren; oder zum<lb/>
wenig&#x017F;ten den Bi&#x017F;cho&#x0364;ffen zuvergo&#x0364;nnen/<lb/>
daß &#x017F;ie heyrathen/ und ihre <hi rendition="#aq">Præben</hi>ten<lb/>
darbey behalten mo&#x0364;chten: und ha&#x0364;tte der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ka&#x0364;y-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[618/0648] Das VIII. Capitel denen ich zwar bekenne/ daß es Teutſch- lands Nutz nicht iſt/ wenn ſie ſaͤmbtlich ſolten Franckreich zu theil werden. Je- doch iſt es nicht eben noͤthig/ daß die Teut- ſchen Staͤnde ſich derohalben ruiniren laſſen; weil auch andere/ die beſſere Mit- tel zu ſpendiren haben/ wohl gleich oder mehr intereſſe haben/ daß ſelbige Pro- vintzien aufrecht erhalten werden/ als die Teutſchen Staͤnde. So floß auch dieſer Anſchlag aus einer Spaniſchen Quelle/ daß Carolus V. dem Fortgang der Evangeliſchen Religion in Teutſch- land ſich entgegen ſetzte. Denn daß ich nicht ſage von der handgreiflichen Falſch- heit der Paͤbſtiſchen Religion; ſo ſehe ich nicht/ was ein Kaͤyſer/ der nur die Wohl- farth von Teutſchland fuͤr Augen hat/ fuͤr Urſach gehabt haͤtte ſich der inclina- tion der gantzen Nation entgegen zu ſtel- len/ und nicht vielmehr dieſe erwuͤndſchte Gelegenheit zu ergreiffen/ ſich von des Pabſts Tyranney/ der ſo viel hundert Jahr Teutſchland mit Fuͤſſen getreten/ ſich zubefreyen/ und von den uͤbeꝛfluͤſſigen Geiſtlichen Guͤtern ſeine und des Reichs Einkuͤnfften zu vermehren; oder zum wenigſten den Biſchoͤffen zuvergoͤnnen/ daß ſie heyrathen/ und ihre Præbenten darbey behalten moͤchten: und haͤtte der Kaͤy-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/648
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 618. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/648>, abgerufen am 18.06.2024.