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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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5) Manchfaltigk. d. bes. T. Staaten.
Stadt Essen ist vermöge eines Cammergerichtsur-
theils vom Jahre 1670. der Hoheit der dortigen
Abtissinn unterworfen, jedoch von Huldigung und
Steuern frey, und mit ihrer eignen Oberbotmäßig-
keit begabt; Kraft dieser übt sie selbst die peinliche
Gerichtbarkeit aus, doch muß sie die Vollziehung
der Todesstrafen dem fürstlichen Scharfrichter mit
einem auf dem Rathhause entblößt hangenden
Schwerdte überlaßen; Auch wird von der Stadt
noch jetzt an die Reichsgerichte appellirt. In geist-
lichen Ländern sind die Domcapitel, wenn keine
Sedisvacanz ist, an sich mittelbar; sie besitzen aber
oft ganze Gebiete mit solcher Befreyung, daß
kaum die Ausübung landesherrlicher Rechte von
Seiten der Landesregierung darin zu merken ist (b).

So groß nun die aus allem dem entspringendeXIV.
Mannigfaltigkeit der vielerley besonderen Teut-
schen Staaten und Gebiete ist, so natürlich läßt
sich bey der großen Freyheit, die sie genießen, auch
von selbsten ermessen, daß sie nicht alle einer glei-
chen Stuffe der Vollkommenheit sich zu erfreuen
haben. Auch hierin zeigt sich vielmehr ein solcher
Unterschied, daß kaum eine größere Mannigfaltig-
keit von glücklichen und minder glücklichen

Staa-
(b) So besitzt z. B. das Domcapitel zu Mainz
die Stadt Bingen nebst einigen Dörfern, inglei-
chen die Marktflecken Hochheim und Flörsheim,
und die Dörfer Mombach und Astheim, ohne ver-
schiedene noch der Domprobstey gehörige Dörfer.
Das Domcapitel zu Hildesheim besitzt die Aemter
Steinbrück und Wiedeloh; und die Neustadt Hil-
desheim huldiget dem Domprobste als ihrem Ober-
herrn.
T 4

5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten.
Stadt Eſſen iſt vermoͤge eines Cammergerichtsur-
theils vom Jahre 1670. der Hoheit der dortigen
Abtiſſinn unterworfen, jedoch von Huldigung und
Steuern frey, und mit ihrer eignen Oberbotmaͤßig-
keit begabt; Kraft dieſer uͤbt ſie ſelbſt die peinliche
Gerichtbarkeit aus, doch muß ſie die Vollziehung
der Todesſtrafen dem fuͤrſtlichen Scharfrichter mit
einem auf dem Rathhauſe entbloͤßt hangenden
Schwerdte uͤberlaßen; Auch wird von der Stadt
noch jetzt an die Reichsgerichte appellirt. In geiſt-
lichen Laͤndern ſind die Domcapitel, wenn keine
Sedisvacanz iſt, an ſich mittelbar; ſie beſitzen aber
oft ganze Gebiete mit ſolcher Befreyung, daß
kaum die Ausuͤbung landesherrlicher Rechte von
Seiten der Landesregierung darin zu merken iſt (b).

So groß nun die aus allem dem entſpringendeXIV.
Mannigfaltigkeit der vielerley beſonderen Teut-
ſchen Staaten und Gebiete iſt, ſo natuͤrlich laͤßt
ſich bey der großen Freyheit, die ſie genießen, auch
von ſelbſten ermeſſen, daß ſie nicht alle einer glei-
chen Stuffe der Vollkommenheit ſich zu erfreuen
haben. Auch hierin zeigt ſich vielmehr ein ſolcher
Unterſchied, daß kaum eine groͤßere Mannigfaltig-
keit von gluͤcklichen und minder gluͤcklichen

Staa-
(b) So beſitzt z. B. das Domcapitel zu Mainz
die Stadt Bingen nebſt einigen Doͤrfern, inglei-
chen die Marktflecken Hochheim und Floͤrsheim,
und die Doͤrfer Mombach und Aſtheim, ohne ver-
ſchiedene noch der Domprobſtey gehoͤrige Doͤrfer.
Das Domcapitel zu Hildesheim beſitzt die Aemter
Steinbruͤck und Wiedeloh; und die Neuſtadt Hil-
desheim huldiget dem Domprobſte als ihrem Ober-
herrn.
T 4
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[295/0329] 5) Manchfaltigk. d. beſ. T. Staaten. Stadt Eſſen iſt vermoͤge eines Cammergerichtsur- theils vom Jahre 1670. der Hoheit der dortigen Abtiſſinn unterworfen, jedoch von Huldigung und Steuern frey, und mit ihrer eignen Oberbotmaͤßig- keit begabt; Kraft dieſer uͤbt ſie ſelbſt die peinliche Gerichtbarkeit aus, doch muß ſie die Vollziehung der Todesſtrafen dem fuͤrſtlichen Scharfrichter mit einem auf dem Rathhauſe entbloͤßt hangenden Schwerdte uͤberlaßen; Auch wird von der Stadt noch jetzt an die Reichsgerichte appellirt. In geiſt- lichen Laͤndern ſind die Domcapitel, wenn keine Sedisvacanz iſt, an ſich mittelbar; ſie beſitzen aber oft ganze Gebiete mit ſolcher Befreyung, daß kaum die Ausuͤbung landesherrlicher Rechte von Seiten der Landesregierung darin zu merken iſt (b). So groß nun die aus allem dem entſpringende Mannigfaltigkeit der vielerley beſonderen Teut- ſchen Staaten und Gebiete iſt, ſo natuͤrlich laͤßt ſich bey der großen Freyheit, die ſie genießen, auch von ſelbſten ermeſſen, daß ſie nicht alle einer glei- chen Stuffe der Vollkommenheit ſich zu erfreuen haben. Auch hierin zeigt ſich vielmehr ein ſolcher Unterſchied, daß kaum eine groͤßere Mannigfaltig- keit von gluͤcklichen und minder gluͤcklichen Staa- XIV. (b) So beſitzt z. B. das Domcapitel zu Mainz die Stadt Bingen nebſt einigen Doͤrfern, inglei- chen die Marktflecken Hochheim und Floͤrsheim, und die Doͤrfer Mombach und Aſtheim, ohne ver- ſchiedene noch der Domprobſtey gehoͤrige Doͤrfer. Das Domcapitel zu Hildesheim beſitzt die Aemter Steinbruͤck und Wiedeloh; und die Neuſtadt Hil- desheim huldiget dem Domprobſte als ihrem Ober- herrn. T 4

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/329>, abgerufen am 25.11.2024.