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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XIV. Heutige Berfassung.
es eine jährlich abwechselnde Regierung zweyer
gräflich Leiningischen Linien zu Grünstadt. Eine
andere Art von Abwechselung ist in der Regierung
zu Osnabrück, wie sie vermöge des Westphälischen
Friedens daselbst in Uebung ist (v).


VIII.

Noch eine ganz eigne Art von Landesverfassung
entsteht aus dem besondern Verhältnisse, worin
einige nachgebohrne Herren von fürstlichen oder
gräflichen Häusern mit dem zu ihrem Sitz und Un-
terhalte ihnen angewiesenen Gebiete zum erstgebohr-
nen regierenden Herrn stehen; wie z. B. Hessen-
Rothenburg zu Hessencassel, Homburg an der Hö-
he zu Hessendarmstadt, Anhalthoym zu Anhalt-
bernburg, Isenburg-Philippseich zu Isenburg-
Birstein, der Graf von Waldeck zum Fürsten von
Waldeck u. s. w. In allen diesen Fällen ist ver-
möge des Rechts der Erstgebuhrt in jedem Hause
nur ein regierender Herr, dessen Landeshoheit auch
über das Gebiet, so eine jüngere Linie des Hauses
in Besitz hat, sich erstrecket. Nichts desto weni-
ger hat ein solches Gebiet an dem Herrn von der
jüngern Linie seinen eignen Herrn, der, nur die
dem erstgebohrnen regierenden Herrn vorbehaltenen
Hoheitsrechte ausgenommen, übrigens die völlige
Botmäßigkeit auszuüben hat, und für seine Per-
son und Familie ein unmittelbares Mitglied des
Teutschen Reichs bleibt, ob er gleich an Sitz und
Stimme auf dem Reichstage und im Kreise keinen
Antheil hat. Das ist also eine besondere Gattung
einer abhängigen Landesverfassung, deren genaue-
re Bestimmung auf den besonderen Verträgen je-

des
(v) Oben Th. 2. S. 57.

XIV. Heutige Berfaſſung.
es eine jaͤhrlich abwechſelnde Regierung zweyer
graͤflich Leiningiſchen Linien zu Gruͤnſtadt. Eine
andere Art von Abwechſelung iſt in der Regierung
zu Osnabruͤck, wie ſie vermoͤge des Weſtphaͤliſchen
Friedens daſelbſt in Uebung iſt (v).


VIII.

Noch eine ganz eigne Art von Landesverfaſſung
entſteht aus dem beſondern Verhaͤltniſſe, worin
einige nachgebohrne Herren von fuͤrſtlichen oder
graͤflichen Haͤuſern mit dem zu ihrem Sitz und Un-
terhalte ihnen angewieſenen Gebiete zum erſtgebohr-
nen regierenden Herrn ſtehen; wie z. B. Heſſen-
Rothenburg zu Heſſencaſſel, Homburg an der Hoͤ-
he zu Heſſendarmſtadt, Anhalthoym zu Anhalt-
bernburg, Iſenburg-Philippseich zu Iſenburg-
Birſtein, der Graf von Waldeck zum Fuͤrſten von
Waldeck u. ſ. w. In allen dieſen Faͤllen iſt ver-
moͤge des Rechts der Erſtgebuhrt in jedem Hauſe
nur ein regierender Herr, deſſen Landeshoheit auch
uͤber das Gebiet, ſo eine juͤngere Linie des Hauſes
in Beſitz hat, ſich erſtrecket. Nichts deſto weni-
ger hat ein ſolches Gebiet an dem Herrn von der
juͤngern Linie ſeinen eignen Herrn, der, nur die
dem erſtgebohrnen regierenden Herrn vorbehaltenen
Hoheitsrechte ausgenommen, uͤbrigens die voͤllige
Botmaͤßigkeit auszuuͤben hat, und fuͤr ſeine Per-
ſon und Familie ein unmittelbares Mitglied des
Teutſchen Reichs bleibt, ob er gleich an Sitz und
Stimme auf dem Reichstage und im Kreiſe keinen
Antheil hat. Das iſt alſo eine beſondere Gattung
einer abhaͤngigen Landesverfaſſung, deren genaue-
re Beſtimmung auf den beſonderen Vertraͤgen je-

des
(v) Oben Th. 2. S. 57.
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[290/0324] XIV. Heutige Berfaſſung. es eine jaͤhrlich abwechſelnde Regierung zweyer graͤflich Leiningiſchen Linien zu Gruͤnſtadt. Eine andere Art von Abwechſelung iſt in der Regierung zu Osnabruͤck, wie ſie vermoͤge des Weſtphaͤliſchen Friedens daſelbſt in Uebung iſt (v). Noch eine ganz eigne Art von Landesverfaſſung entſteht aus dem beſondern Verhaͤltniſſe, worin einige nachgebohrne Herren von fuͤrſtlichen oder graͤflichen Haͤuſern mit dem zu ihrem Sitz und Un- terhalte ihnen angewieſenen Gebiete zum erſtgebohr- nen regierenden Herrn ſtehen; wie z. B. Heſſen- Rothenburg zu Heſſencaſſel, Homburg an der Hoͤ- he zu Heſſendarmſtadt, Anhalthoym zu Anhalt- bernburg, Iſenburg-Philippseich zu Iſenburg- Birſtein, der Graf von Waldeck zum Fuͤrſten von Waldeck u. ſ. w. In allen dieſen Faͤllen iſt ver- moͤge des Rechts der Erſtgebuhrt in jedem Hauſe nur ein regierender Herr, deſſen Landeshoheit auch uͤber das Gebiet, ſo eine juͤngere Linie des Hauſes in Beſitz hat, ſich erſtrecket. Nichts deſto weni- ger hat ein ſolches Gebiet an dem Herrn von der juͤngern Linie ſeinen eignen Herrn, der, nur die dem erſtgebohrnen regierenden Herrn vorbehaltenen Hoheitsrechte ausgenommen, uͤbrigens die voͤllige Botmaͤßigkeit auszuuͤben hat, und fuͤr ſeine Per- ſon und Familie ein unmittelbares Mitglied des Teutſchen Reichs bleibt, ob er gleich an Sitz und Stimme auf dem Reichstage und im Kreiſe keinen Antheil hat. Das iſt alſo eine beſondere Gattung einer abhaͤngigen Landesverfaſſung, deren genaue- re Beſtimmung auf den beſonderen Vertraͤgen je- des (v) Oben Th. 2. S. 57.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/324>, abgerufen am 09.05.2024.