Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
XIII. Joseph II. 1764-1786.

I.

Von politischen Begebenheiten, die unter Jo-
seph dem II. vorfielen, war für das Teut-
sche Reich bisher keine wichtiger, als der Todes-
fall des Churfürsten Max Josephs von Baiern
(+ 1777. Dec. 30.), mit dem der Mannsstamm
seines Hauses völlig ausgieng. Auf diesen Fall
hatte von jeher das Haus Pfalz ein stammsvetter-
liches Erbfolgsrecht behauptet, weil es an Herzog
Ludewig dem Strengen (+ 1294.) mit dem Hause
Baiern einen gemeinsamen Stammvater hatte.
Das war auch nicht nur in dem Hausvertrage von
Pavia vom Jahre 1329. gegründet, sondern noch
durch ganz neue gegenseitige Verträge in den Jah-
ren 1766. 1771. 1774. von neuem bekräftiget
worden. Selbst dazu, daß unmittelbar nach dem
Tode des Churfürsten von Baiern im Namen des
Churfürsten von der Pfalz Besitz ergriffen werden
könnte, war schon die nöthige Ausfertigung zum
voraus besorgt, die auch gleich nach dem Todes-
fall am 30. December 1777. zu München voll-
zogen wurde.


II.

Jedoch zu der Zeit, als Ludewig von Baiern
im Jahre 1329. mit seines Bruders Söhnen,
den Pfalzgrafen am Rheine, den Vertrag zu Pa-
via geschlossen hatte, war Ludewig nur noch im
Besitz von Oberbaiern gewesen. Eine Seitenli-
nie, die von seines Vaters, Ludewigs des Stren-
gen, Bruder abstammte, besaß damals noch Nie-
derbaiern
, das erst 1340. nach Abgang dieser
Linie mit Oberbaiern vereiniget wurde, und also
freylich unter jenem Vertrage von Pavia nicht mit
begriffen war. Seitdem war nun unter Ludewigs
von Baiern Söhnen im Jahre 1353. eine neue

Thei-
XIII. Joſeph II. 1764-1786.

I.

Von politiſchen Begebenheiten, die unter Jo-
ſeph dem II. vorfielen, war fuͤr das Teut-
ſche Reich bisher keine wichtiger, als der Todes-
fall des Churfuͤrſten Max Joſephs von Baiern
(† 1777. Dec. 30.), mit dem der Mannsſtamm
ſeines Hauſes voͤllig ausgieng. Auf dieſen Fall
hatte von jeher das Haus Pfalz ein ſtammsvetter-
liches Erbfolgsrecht behauptet, weil es an Herzog
Ludewig dem Strengen († 1294.) mit dem Hauſe
Baiern einen gemeinſamen Stammvater hatte.
Das war auch nicht nur in dem Hausvertrage von
Pavia vom Jahre 1329. gegruͤndet, ſondern noch
durch ganz neue gegenſeitige Vertraͤge in den Jah-
ren 1766. 1771. 1774. von neuem bekraͤftiget
worden. Selbſt dazu, daß unmittelbar nach dem
Tode des Churfuͤrſten von Baiern im Namen des
Churfuͤrſten von der Pfalz Beſitz ergriffen werden
koͤnnte, war ſchon die noͤthige Ausfertigung zum
voraus beſorgt, die auch gleich nach dem Todes-
fall am 30. December 1777. zu Muͤnchen voll-
zogen wurde.


II.

Jedoch zu der Zeit, als Ludewig von Baiern
im Jahre 1329. mit ſeines Bruders Soͤhnen,
den Pfalzgrafen am Rheine, den Vertrag zu Pa-
via geſchloſſen hatte, war Ludewig nur noch im
Beſitz von Oberbaiern geweſen. Eine Seitenli-
nie, die von ſeines Vaters, Ludewigs des Stren-
gen, Bruder abſtammte, beſaß damals noch Nie-
derbaiern
, das erſt 1340. nach Abgang dieſer
Linie mit Oberbaiern vereiniget wurde, und alſo
freylich unter jenem Vertrage von Pavia nicht mit
begriffen war. Seitdem war nun unter Ludewigs
von Baiern Soͤhnen im Jahre 1353. eine neue

Thei-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0220" n="186"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">XIII.</hi> Jo&#x017F;eph <hi rendition="#aq">II.</hi> 1764-1786.</fw><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">I.</hi> </note>
          <p><hi rendition="#in">V</hi>on politi&#x017F;chen Begebenheiten, die unter Jo-<lb/>
&#x017F;eph dem <hi rendition="#aq">II.</hi> vorfielen, war fu&#x0364;r das Teut-<lb/>
&#x017F;che Reich bisher keine wichtiger, als der Todes-<lb/>
fall des Churfu&#x0364;r&#x017F;ten Max Jo&#x017F;ephs von <hi rendition="#fr">Baiern</hi><lb/>
(&#x2020; 1777. Dec. 30.), mit dem der Manns&#x017F;tamm<lb/>
&#x017F;eines Hau&#x017F;es vo&#x0364;llig ausgieng. Auf die&#x017F;en Fall<lb/>
hatte von jeher das Haus Pfalz ein &#x017F;tammsvetter-<lb/>
liches Erbfolgsrecht behauptet, weil es an Herzog<lb/>
Ludewig dem Strengen (&#x2020; 1294.) mit dem Hau&#x017F;e<lb/>
Baiern einen gemein&#x017F;amen Stammvater hatte.<lb/>
Das war auch nicht nur in dem Hausvertrage von<lb/>
Pavia vom Jahre 1329. gegru&#x0364;ndet, &#x017F;ondern noch<lb/>
durch ganz neue gegen&#x017F;eitige Vertra&#x0364;ge in den Jah-<lb/>
ren 1766. 1771. 1774. von neuem bekra&#x0364;ftiget<lb/>
worden. Selb&#x017F;t dazu, daß unmittelbar nach dem<lb/>
Tode des Churfu&#x0364;r&#x017F;ten von Baiern im Namen des<lb/>
Churfu&#x0364;r&#x017F;ten von der Pfalz Be&#x017F;itz ergriffen werden<lb/>
ko&#x0364;nnte, war &#x017F;chon die no&#x0364;thige Ausfertigung zum<lb/>
voraus be&#x017F;orgt, die auch gleich nach dem Todes-<lb/>
fall am 30. December 1777. zu Mu&#x0364;nchen voll-<lb/>
zogen wurde.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">II.</hi> </note>
          <p>Jedoch zu der Zeit, als Ludewig von Baiern<lb/>
im Jahre 1329. mit &#x017F;eines Bruders So&#x0364;hnen,<lb/>
den Pfalzgrafen am Rheine, den Vertrag zu Pa-<lb/>
via ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hatte, war Ludewig nur noch im<lb/>
Be&#x017F;itz von Oberbaiern gewe&#x017F;en. Eine Seitenli-<lb/>
nie, die von &#x017F;eines Vaters, Ludewigs des Stren-<lb/>
gen, Bruder ab&#x017F;tammte, be&#x017F;aß damals noch <hi rendition="#fr">Nie-<lb/>
derbaiern</hi>, das er&#x017F;t 1340. nach Abgang die&#x017F;er<lb/>
Linie mit Oberbaiern vereiniget wurde, und al&#x017F;o<lb/>
freylich unter jenem Vertrage von Pavia nicht mit<lb/>
begriffen war. Seitdem war nun unter Ludewigs<lb/>
von Baiern So&#x0364;hnen im Jahre 1353. eine neue<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Thei-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0220] XIII. Joſeph II. 1764-1786. Von politiſchen Begebenheiten, die unter Jo- ſeph dem II. vorfielen, war fuͤr das Teut- ſche Reich bisher keine wichtiger, als der Todes- fall des Churfuͤrſten Max Joſephs von Baiern († 1777. Dec. 30.), mit dem der Mannsſtamm ſeines Hauſes voͤllig ausgieng. Auf dieſen Fall hatte von jeher das Haus Pfalz ein ſtammsvetter- liches Erbfolgsrecht behauptet, weil es an Herzog Ludewig dem Strengen († 1294.) mit dem Hauſe Baiern einen gemeinſamen Stammvater hatte. Das war auch nicht nur in dem Hausvertrage von Pavia vom Jahre 1329. gegruͤndet, ſondern noch durch ganz neue gegenſeitige Vertraͤge in den Jah- ren 1766. 1771. 1774. von neuem bekraͤftiget worden. Selbſt dazu, daß unmittelbar nach dem Tode des Churfuͤrſten von Baiern im Namen des Churfuͤrſten von der Pfalz Beſitz ergriffen werden koͤnnte, war ſchon die noͤthige Ausfertigung zum voraus beſorgt, die auch gleich nach dem Todes- fall am 30. December 1777. zu Muͤnchen voll- zogen wurde. Jedoch zu der Zeit, als Ludewig von Baiern im Jahre 1329. mit ſeines Bruders Soͤhnen, den Pfalzgrafen am Rheine, den Vertrag zu Pa- via geſchloſſen hatte, war Ludewig nur noch im Beſitz von Oberbaiern geweſen. Eine Seitenli- nie, die von ſeines Vaters, Ludewigs des Stren- gen, Bruder abſtammte, beſaß damals noch Nie- derbaiern, das erſt 1340. nach Abgang dieſer Linie mit Oberbaiern vereiniget wurde, und alſo freylich unter jenem Vertrage von Pavia nicht mit begriffen war. Seitdem war nun unter Ludewigs von Baiern Soͤhnen im Jahre 1353. eine neue Thei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/220
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/220>, abgerufen am 23.11.2024.