Ueber die Art der Geschäfftsbehandlung ereig-XVIII. nete sich schon im April und Junius 1768. ein Anstand, als nach einander zwey Visitations- schlüsse durch Mehrheit der Stimmen der reichs- ständischen Subdelegirten gefasset waren, welche die kaiserliche Commission dadurch zu entkräften suchte, daß sie denselben ihre Genehmigung ver- sagte. Freylich wenn es um Abfassung eines neuen Reichsgesetzes zu thun gewesen wäre, würde so- wohl bey einer außerordentlichen als bey einer or- dentlichen Reichsdeputation so, wie bey der allge- meinen Reichsversammlung, nicht bezweiflet wer- den können, daß ein nur von Seiten der Reichs- stände gefaßter Schluß nicht eher als mit hinzu- kommender kaiserlicher Genehmigung zur reichs- gesetzlichen Kraft gelange. Allein hier galt es nur um Abstellung bemerkter Mißbräuche, die schon Reichsgesetze wider sich hatten. Wenn dazu von neuem die kaiserliche Genehmigung erforderlich wäre, so würde durch deren Versagung Reichsge- setzen, die schon vorhanden sind, einseitig ihre Kraft benommen werden können; welches hinwie- derum für die Reichsstände bedenklich seyn würde. Bey dieser Gelegenheit bezog sich die kaiserliche Commission hauptsächlich auf den Reichsabschied 1543. Ich habe aber oben (S. 126.) schon be- merklich gemacht, was dabey zu erinnern ist.
Zu Wetzlar konnte hierüber weiter nichts ge-XIX. schehen, als nun die Sache selbst an Kaiser und Reich gelangen zu laßen. Das geschah diesmal durch sehr ausführliche Berichte sowohl von Sei- ten der Visitation als des Cammergerichts, worin sogar alle und jede Stimmen aller Mitglieder bei-
der
J 5
2) C. G. Viſitation 1767-1776.
Ueber die Art der Geſchaͤfftsbehandlung ereig-XVIII. nete ſich ſchon im April und Junius 1768. ein Anſtand, als nach einander zwey Viſitations- ſchluͤſſe durch Mehrheit der Stimmen der reichs- ſtaͤndiſchen Subdelegirten gefaſſet waren, welche die kaiſerliche Commiſſion dadurch zu entkraͤften ſuchte, daß ſie denſelben ihre Genehmigung ver- ſagte. Freylich wenn es um Abfaſſung eines neuen Reichsgeſetzes zu thun geweſen waͤre, wuͤrde ſo- wohl bey einer außerordentlichen als bey einer or- dentlichen Reichsdeputation ſo, wie bey der allge- meinen Reichsverſammlung, nicht bezweiflet wer- den koͤnnen, daß ein nur von Seiten der Reichs- ſtaͤnde gefaßter Schluß nicht eher als mit hinzu- kommender kaiſerlicher Genehmigung zur reichs- geſetzlichen Kraft gelange. Allein hier galt es nur um Abſtellung bemerkter Mißbraͤuche, die ſchon Reichsgeſetze wider ſich hatten. Wenn dazu von neuem die kaiſerliche Genehmigung erforderlich waͤre, ſo wuͤrde durch deren Verſagung Reichsge- ſetzen, die ſchon vorhanden ſind, einſeitig ihre Kraft benommen werden koͤnnen; welches hinwie- derum fuͤr die Reichsſtaͤnde bedenklich ſeyn wuͤrde. Bey dieſer Gelegenheit bezog ſich die kaiſerliche Commiſſion hauptſaͤchlich auf den Reichsabſchied 1543. Ich habe aber oben (S. 126.) ſchon be- merklich gemacht, was dabey zu erinnern iſt.
Zu Wetzlar konnte hieruͤber weiter nichts ge-XIX. ſchehen, als nun die Sache ſelbſt an Kaiſer und Reich gelangen zu laßen. Das geſchah diesmal durch ſehr ausfuͤhrliche Berichte ſowohl von Sei- ten der Viſitation als des Cammergerichts, worin ſogar alle und jede Stimmen aller Mitglieder bei-
der
J 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0171"n="137"/><fwplace="top"type="header">2) C. G. Viſitation 1767-1776.</fw><lb/><p>Ueber die Art der Geſchaͤfftsbehandlung ereig-<noteplace="right"><hirendition="#aq">XVIII.</hi></note><lb/>
nete ſich ſchon im April und Junius 1768. ein<lb/>
Anſtand, als nach einander zwey Viſitations-<lb/>ſchluͤſſe durch Mehrheit der Stimmen der reichs-<lb/>ſtaͤndiſchen Subdelegirten gefaſſet waren, welche<lb/>
die kaiſerliche Commiſſion dadurch zu entkraͤften<lb/>ſuchte, daß ſie denſelben ihre Genehmigung ver-<lb/>ſagte. Freylich wenn es um Abfaſſung eines neuen<lb/>
Reichsgeſetzes zu thun geweſen waͤre, wuͤrde ſo-<lb/>
wohl bey einer außerordentlichen als bey einer or-<lb/>
dentlichen Reichsdeputation ſo, wie bey der allge-<lb/>
meinen Reichsverſammlung, nicht bezweiflet wer-<lb/>
den koͤnnen, daß ein nur von Seiten der Reichs-<lb/>ſtaͤnde gefaßter Schluß nicht eher als mit hinzu-<lb/>
kommender kaiſerlicher Genehmigung zur reichs-<lb/>
geſetzlichen Kraft gelange. Allein hier galt es nur<lb/>
um Abſtellung bemerkter Mißbraͤuche, die ſchon<lb/>
Reichsgeſetze wider ſich hatten. Wenn dazu von<lb/>
neuem die kaiſerliche Genehmigung erforderlich<lb/>
waͤre, ſo wuͤrde durch deren Verſagung Reichsge-<lb/>ſetzen, die ſchon vorhanden ſind, einſeitig ihre<lb/>
Kraft benommen werden koͤnnen; welches hinwie-<lb/>
derum fuͤr die Reichsſtaͤnde bedenklich ſeyn wuͤrde.<lb/>
Bey dieſer Gelegenheit bezog ſich die kaiſerliche<lb/>
Commiſſion hauptſaͤchlich auf den Reichsabſchied<lb/>
1543. Ich habe aber oben (S. 126.) ſchon be-<lb/>
merklich gemacht, was dabey zu erinnern iſt.</p><lb/><p>Zu Wetzlar konnte hieruͤber weiter nichts ge-<noteplace="right"><hirendition="#aq">XIX.</hi></note><lb/>ſchehen, als nun die Sache ſelbſt an Kaiſer und<lb/>
Reich gelangen zu laßen. Das geſchah diesmal<lb/>
durch ſehr ausfuͤhrliche Berichte ſowohl von Sei-<lb/>
ten der Viſitation als des Cammergerichts, worin<lb/>ſogar alle und jede Stimmen aller Mitglieder bei-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">J 5</fw><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[137/0171]
2) C. G. Viſitation 1767-1776.
Ueber die Art der Geſchaͤfftsbehandlung ereig-
nete ſich ſchon im April und Junius 1768. ein
Anſtand, als nach einander zwey Viſitations-
ſchluͤſſe durch Mehrheit der Stimmen der reichs-
ſtaͤndiſchen Subdelegirten gefaſſet waren, welche
die kaiſerliche Commiſſion dadurch zu entkraͤften
ſuchte, daß ſie denſelben ihre Genehmigung ver-
ſagte. Freylich wenn es um Abfaſſung eines neuen
Reichsgeſetzes zu thun geweſen waͤre, wuͤrde ſo-
wohl bey einer außerordentlichen als bey einer or-
dentlichen Reichsdeputation ſo, wie bey der allge-
meinen Reichsverſammlung, nicht bezweiflet wer-
den koͤnnen, daß ein nur von Seiten der Reichs-
ſtaͤnde gefaßter Schluß nicht eher als mit hinzu-
kommender kaiſerlicher Genehmigung zur reichs-
geſetzlichen Kraft gelange. Allein hier galt es nur
um Abſtellung bemerkter Mißbraͤuche, die ſchon
Reichsgeſetze wider ſich hatten. Wenn dazu von
neuem die kaiſerliche Genehmigung erforderlich
waͤre, ſo wuͤrde durch deren Verſagung Reichsge-
ſetzen, die ſchon vorhanden ſind, einſeitig ihre
Kraft benommen werden koͤnnen; welches hinwie-
derum fuͤr die Reichsſtaͤnde bedenklich ſeyn wuͤrde.
Bey dieſer Gelegenheit bezog ſich die kaiſerliche
Commiſſion hauptſaͤchlich auf den Reichsabſchied
1543. Ich habe aber oben (S. 126.) ſchon be-
merklich gemacht, was dabey zu erinnern iſt.
XVIII.
Zu Wetzlar konnte hieruͤber weiter nichts ge-
ſchehen, als nun die Sache ſelbſt an Kaiſer und
Reich gelangen zu laßen. Das geſchah diesmal
durch ſehr ausfuͤhrliche Berichte ſowohl von Sei-
ten der Viſitation als des Cammergerichts, worin
ſogar alle und jede Stimmen aller Mitglieder bei-
der
XIX.
J 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/171>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.