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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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3) Ursach. d. siebenjähr. Kr. 1756. 1757.
Wahlcapitulation bekam nunmehr ihre völlige
Richtigkeit; -- in der That auch um so billiger,
weil es hier nur um eine Art von Vorberathschla-
gung galt, da es sonderbar gewesen seyn würde,
wenn bloß darüber, ob etwas zur legalen Notitz
des Reichs zu bringen sey? erst das ganze Reich
in Berathschlagung gesetzt werden sollte. Das
churfürstliche Collegium darüber urtheilen zu laßen,
hatte weniger Schwierigkeit, und war doch im-
mer zuträglicher, als die ganze Sache bloß dem
Gutfinden des Mainzer Hofes oder Gesandten
heimzustellen.

Der Herr von Plotho suchte sich hernach aufVII.
andere Art zu helfen, wobey wieder allerley An-
stände in Ansehung der Reichstagsverfassung vor-
kamen. Nach derselben hat ein jeder Gesandter,
wenn die Reihe an ihn kömmt, seine Stimme ab-
zulegen, die Wahl, ob er sie den anwesenden Le-
gationssecretarien in die Feder dictiren, oder aus
einem geschriebenen Aufsatze herlesen und hernach
den Aufsatz dem Directorialsecretär hingeben will,
damit er ins Protocoll eingetragen werden könne.
Als am 11. Febr. 1757. das churfürstliche Colle-
gium beysammen war, und die Reihe an Chur-
brandenburg kam, fieng der Herr von Plotho an
zu dictiren, ward aber, weil es zu lange zu wäh-
ren schien, vom Churmainzischen Gesandten un-
terbrochen, und ersucht, den Aufsatz vielmehr nur
abzulesen und hinzugeben. Herr von Plotho er-
klärte sich dazu bereit, wenn man ihm die Versi-
cherung geben wollte, den Aufsatz ungeändert ins
Protocoll zu bringen. Diese Versicherung wurde
ihm versagt. Also fuhr er fort zu dictiren. Die

übri-

3) Urſach. d. ſiebenjaͤhr. Kr. 1756. 1757.
Wahlcapitulation bekam nunmehr ihre voͤllige
Richtigkeit; — in der That auch um ſo billiger,
weil es hier nur um eine Art von Vorberathſchla-
gung galt, da es ſonderbar geweſen ſeyn wuͤrde,
wenn bloß daruͤber, ob etwas zur legalen Notitz
des Reichs zu bringen ſey? erſt das ganze Reich
in Berathſchlagung geſetzt werden ſollte. Das
churfuͤrſtliche Collegium daruͤber urtheilen zu laßen,
hatte weniger Schwierigkeit, und war doch im-
mer zutraͤglicher, als die ganze Sache bloß dem
Gutfinden des Mainzer Hofes oder Geſandten
heimzuſtellen.

Der Herr von Plotho ſuchte ſich hernach aufVII.
andere Art zu helfen, wobey wieder allerley An-
ſtaͤnde in Anſehung der Reichstagsverfaſſung vor-
kamen. Nach derſelben hat ein jeder Geſandter,
wenn die Reihe an ihn koͤmmt, ſeine Stimme ab-
zulegen, die Wahl, ob er ſie den anweſenden Le-
gationsſecretarien in die Feder dictiren, oder aus
einem geſchriebenen Aufſatze herleſen und hernach
den Aufſatz dem Directorialſecretaͤr hingeben will,
damit er ins Protocoll eingetragen werden koͤnne.
Als am 11. Febr. 1757. das churfuͤrſtliche Colle-
gium beyſammen war, und die Reihe an Chur-
brandenburg kam, fieng der Herr von Plotho an
zu dictiren, ward aber, weil es zu lange zu waͤh-
ren ſchien, vom Churmainziſchen Geſandten un-
terbrochen, und erſucht, den Aufſatz vielmehr nur
abzuleſen und hinzugeben. Herr von Plotho er-
klaͤrte ſich dazu bereit, wenn man ihm die Verſi-
cherung geben wollte, den Aufſatz ungeaͤndert ins
Protocoll zu bringen. Dieſe Verſicherung wurde
ihm verſagt. Alſo fuhr er fort zu dictiren. Die

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[93/0127] 3) Urſach. d. ſiebenjaͤhr. Kr. 1756. 1757. Wahlcapitulation bekam nunmehr ihre voͤllige Richtigkeit; — in der That auch um ſo billiger, weil es hier nur um eine Art von Vorberathſchla- gung galt, da es ſonderbar geweſen ſeyn wuͤrde, wenn bloß daruͤber, ob etwas zur legalen Notitz des Reichs zu bringen ſey? erſt das ganze Reich in Berathſchlagung geſetzt werden ſollte. Das churfuͤrſtliche Collegium daruͤber urtheilen zu laßen, hatte weniger Schwierigkeit, und war doch im- mer zutraͤglicher, als die ganze Sache bloß dem Gutfinden des Mainzer Hofes oder Geſandten heimzuſtellen. Der Herr von Plotho ſuchte ſich hernach auf andere Art zu helfen, wobey wieder allerley An- ſtaͤnde in Anſehung der Reichstagsverfaſſung vor- kamen. Nach derſelben hat ein jeder Geſandter, wenn die Reihe an ihn koͤmmt, ſeine Stimme ab- zulegen, die Wahl, ob er ſie den anweſenden Le- gationsſecretarien in die Feder dictiren, oder aus einem geſchriebenen Aufſatze herleſen und hernach den Aufſatz dem Directorialſecretaͤr hingeben will, damit er ins Protocoll eingetragen werden koͤnne. Als am 11. Febr. 1757. das churfuͤrſtliche Colle- gium beyſammen war, und die Reihe an Chur- brandenburg kam, fieng der Herr von Plotho an zu dictiren, ward aber, weil es zu lange zu waͤh- ren ſchien, vom Churmainziſchen Geſandten un- terbrochen, und erſucht, den Aufſatz vielmehr nur abzuleſen und hinzugeben. Herr von Plotho er- klaͤrte ſich dazu bereit, wenn man ihm die Verſi- cherung geben wollte, den Aufſatz ungeaͤndert ins Protocoll zu bringen. Dieſe Verſicherung wurde ihm verſagt. Alſo fuhr er fort zu dictiren. Die uͤbri- VII.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/127>, abgerufen am 27.04.2024.