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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XII. Franz der I. 1748-1764.
ihren Stimmen nicht beygetreten waren. Durch
Mehrheit der Stimmen kam endlich ein Reichs-
gutachten für den Executionskrieg zu Stande. Zu
Berlin suchte man hernach den Rechtsbestand des
Reichsgutachtens anzufechten, weil es mit den da-
zu gerechneten Stimmen nicht richtig zugegangen
sey. Das veranlaßte noch einen besonderen Vor-
fall, wodurch ein gewisser Umstand unserer Reichs-
tagsverfassung erst in mehrere Richtigkeit kam.


VI.

Um das Churmainzische Reichsdirectorium
nicht alleine darüber gewähren zu laßen, ob eine
reichsständische Schrift der Reichsversammlung
durch die gewöhnliche Dictatur mitzutheilen sey,
oder nicht; hatte man zuerst in die Wahlcapitulation
Carls des VII. eingerückt, daß, wenn sich des-
halb wegen unziemlicher harter Ausdrücke oder
sonst einiger Anstand fände, das Reichsdirecto-
rium mit dem churfürstlichen Collegio vorgängige
Communication und Beredung pflegen, und dar-
nach verfahren solle (x). Gegen diese Stelle hat-
ten die Fürsten einen Widerspruch eingelegt, weil
nur die Churfürsten, nicht auch sie, hierüber zu
Rathe gezogen werden sollten. Jetzt ereignete sich
ein solcher Fall, da der Preussische Gesandte von
Plotho die Dictatur einer Schrift verlangte, die
über viele reichsständische Stimmen zu obigem
Reichsgutachten allerley Critiken enthielt. Als
Churmainz mit den übrigen Churfürsten darüber
Rücksprache hielt, erfolgte ein churfürstliches Con-
clusum gegen diese Dictatur. Der Reichsfürsten-
rath ließ das geschehen. Also hob sich in der That
damit jener Widerspruch, und diese Stelle der

Wahl-
(x) Wahlcap. Art. 13. §. 7.

XII. Franz der I. 1748-1764.
ihren Stimmen nicht beygetreten waren. Durch
Mehrheit der Stimmen kam endlich ein Reichs-
gutachten fuͤr den Executionskrieg zu Stande. Zu
Berlin ſuchte man hernach den Rechtsbeſtand des
Reichsgutachtens anzufechten, weil es mit den da-
zu gerechneten Stimmen nicht richtig zugegangen
ſey. Das veranlaßte noch einen beſonderen Vor-
fall, wodurch ein gewiſſer Umſtand unſerer Reichs-
tagsverfaſſung erſt in mehrere Richtigkeit kam.


VI.

Um das Churmainziſche Reichsdirectorium
nicht alleine daruͤber gewaͤhren zu laßen, ob eine
reichsſtaͤndiſche Schrift der Reichsverſammlung
durch die gewoͤhnliche Dictatur mitzutheilen ſey,
oder nicht; hatte man zuerſt in die Wahlcapitulation
Carls des VII. eingeruͤckt, daß, wenn ſich des-
halb wegen unziemlicher harter Ausdruͤcke oder
ſonſt einiger Anſtand faͤnde, das Reichsdirecto-
rium mit dem churfuͤrſtlichen Collegio vorgaͤngige
Communication und Beredung pflegen, und dar-
nach verfahren ſolle (x). Gegen dieſe Stelle hat-
ten die Fuͤrſten einen Widerſpruch eingelegt, weil
nur die Churfuͤrſten, nicht auch ſie, hieruͤber zu
Rathe gezogen werden ſollten. Jetzt ereignete ſich
ein ſolcher Fall, da der Preuſſiſche Geſandte von
Plotho die Dictatur einer Schrift verlangte, die
uͤber viele reichsſtaͤndiſche Stimmen zu obigem
Reichsgutachten allerley Critiken enthielt. Als
Churmainz mit den uͤbrigen Churfuͤrſten daruͤber
Ruͤckſprache hielt, erfolgte ein churfuͤrſtliches Con-
cluſum gegen dieſe Dictatur. Der Reichsfuͤrſten-
rath ließ das geſchehen. Alſo hob ſich in der That
damit jener Widerſpruch, und dieſe Stelle der

Wahl-
(x) Wahlcap. Art. 13. §. 7.
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[92/0126] XII. Franz der I. 1748-1764. ihren Stimmen nicht beygetreten waren. Durch Mehrheit der Stimmen kam endlich ein Reichs- gutachten fuͤr den Executionskrieg zu Stande. Zu Berlin ſuchte man hernach den Rechtsbeſtand des Reichsgutachtens anzufechten, weil es mit den da- zu gerechneten Stimmen nicht richtig zugegangen ſey. Das veranlaßte noch einen beſonderen Vor- fall, wodurch ein gewiſſer Umſtand unſerer Reichs- tagsverfaſſung erſt in mehrere Richtigkeit kam. Um das Churmainziſche Reichsdirectorium nicht alleine daruͤber gewaͤhren zu laßen, ob eine reichsſtaͤndiſche Schrift der Reichsverſammlung durch die gewoͤhnliche Dictatur mitzutheilen ſey, oder nicht; hatte man zuerſt in die Wahlcapitulation Carls des VII. eingeruͤckt, daß, wenn ſich des- halb wegen unziemlicher harter Ausdruͤcke oder ſonſt einiger Anſtand faͤnde, das Reichsdirecto- rium mit dem churfuͤrſtlichen Collegio vorgaͤngige Communication und Beredung pflegen, und dar- nach verfahren ſolle (x). Gegen dieſe Stelle hat- ten die Fuͤrſten einen Widerſpruch eingelegt, weil nur die Churfuͤrſten, nicht auch ſie, hieruͤber zu Rathe gezogen werden ſollten. Jetzt ereignete ſich ein ſolcher Fall, da der Preuſſiſche Geſandte von Plotho die Dictatur einer Schrift verlangte, die uͤber viele reichsſtaͤndiſche Stimmen zu obigem Reichsgutachten allerley Critiken enthielt. Als Churmainz mit den uͤbrigen Churfuͤrſten daruͤber Ruͤckſprache hielt, erfolgte ein churfuͤrſtliches Con- cluſum gegen dieſe Dictatur. Der Reichsfuͤrſten- rath ließ das geſchehen. Alſo hob ſich in der That damit jener Widerſpruch, und dieſe Stelle der Wahl- (x) Wahlcap. Art. 13. §. 7.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/126>, abgerufen am 27.04.2024.