alsdann auch von jenen Gütern nach wie vor un- mittelbar durch ritterschaftliche Befehle und Ver- fügungen executivisch beygetrieben würden. Von Seiten der Reichsstände wird hingegen behauptet, daß einem Reichsstande unverwehrt seyn müße, neu erworbene Güter seinem Lande einzuverleiben und mit den darin hergebrachten Landsteuern zu belegen, ohne sie dann noch ferner der Last der Beyträge zu Rittersteuern zu unterwerfen.
XIII.
Um zu verhüten, daß nicht so viele ritterschaft- liche Güter in reichsständische Hände kommen möch- ten, hat die Reichsritterschaft durch kaiserliche Privilegien von den Jahren 1624. 1652. und 1688. sich ein sehr ausgedehntes Retractsrecht zu eigen zu machen gesucht, vermöge dessen sie behaup- tet binnen drey Jahren in jeden Kauf eines reichs- ritterschaftlichen Gutes eintreten zu können, ohne auch wegen angeblicher Meliorationen ein Reten- tionsrecht dagegen gestatten zu dürfen. Auch die- sem Rechte widersprechen die Reichsstände, die überdies eine Beschwerde daraus machen, daß, wenn sie nur mit einem Mitgliede der Reichsrit- terschaft zu thun zu haben glauben, gleich ein gan- zer Canton, oder ein ganzer Kreis, oder gar die gesammte Reichsritterschaft in allen drey Kreisen, Schwaben, Franken und am Rhein gemeine Sa- che dagegen mache; daß aber die Ritterschaft auch nicht an solchen Mitgliedern, die würklich in der- selben begütert seyen, sich begnüge, sondern auch Staatsminister und Gesandten an Höfen und Mit- glieder der beiden höchsten Reichsgerichte, als blo- ße Personalisten, in ihre Matrikel aufnehme; oh- ne zu gedenken, was für Collisionen zu entstehen
pfle-
XII. Franz der I. 1748-1764.
alsdann auch von jenen Guͤtern nach wie vor un- mittelbar durch ritterſchaftliche Befehle und Ver- fuͤgungen executiviſch beygetrieben wuͤrden. Von Seiten der Reichsſtaͤnde wird hingegen behauptet, daß einem Reichsſtande unverwehrt ſeyn muͤße, neu erworbene Guͤter ſeinem Lande einzuverleiben und mit den darin hergebrachten Landſteuern zu belegen, ohne ſie dann noch ferner der Laſt der Beytraͤge zu Ritterſteuern zu unterwerfen.
XIII.
Um zu verhuͤten, daß nicht ſo viele ritterſchaft- liche Guͤter in reichsſtaͤndiſche Haͤnde kommen moͤch- ten, hat die Reichsritterſchaft durch kaiſerliche Privilegien von den Jahren 1624. 1652. und 1688. ſich ein ſehr ausgedehntes Retractsrecht zu eigen zu machen geſucht, vermoͤge deſſen ſie behaup- tet binnen drey Jahren in jeden Kauf eines reichs- ritterſchaftlichen Gutes eintreten zu koͤnnen, ohne auch wegen angeblicher Meliorationen ein Reten- tionsrecht dagegen geſtatten zu duͤrfen. Auch die- ſem Rechte widerſprechen die Reichsſtaͤnde, die uͤberdies eine Beſchwerde daraus machen, daß, wenn ſie nur mit einem Mitgliede der Reichsrit- terſchaft zu thun zu haben glauben, gleich ein gan- zer Canton, oder ein ganzer Kreis, oder gar die geſammte Reichsritterſchaft in allen drey Kreiſen, Schwaben, Franken und am Rhein gemeine Sa- che dagegen mache; daß aber die Ritterſchaft auch nicht an ſolchen Mitgliedern, die wuͤrklich in der- ſelben beguͤtert ſeyen, ſich begnuͤge, ſondern auch Staatsminiſter und Geſandten an Hoͤfen und Mit- glieder der beiden hoͤchſten Reichsgerichte, als blo- ße Perſonaliſten, in ihre Matrikel aufnehme; oh- ne zu gedenken, was fuͤr Colliſionen zu entſtehen
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XII. Franz der I. 1748-1764.
alsdann auch von jenen Guͤtern nach wie vor un-
mittelbar durch ritterſchaftliche Befehle und Ver-
fuͤgungen executiviſch beygetrieben wuͤrden. Von
Seiten der Reichsſtaͤnde wird hingegen behauptet,
daß einem Reichsſtande unverwehrt ſeyn muͤße,
neu erworbene Guͤter ſeinem Lande einzuverleiben
und mit den darin hergebrachten Landſteuern zu
belegen, ohne ſie dann noch ferner der Laſt der
Beytraͤge zu Ritterſteuern zu unterwerfen.
Um zu verhuͤten, daß nicht ſo viele ritterſchaft-
liche Guͤter in reichsſtaͤndiſche Haͤnde kommen moͤch-
ten, hat die Reichsritterſchaft durch kaiſerliche
Privilegien von den Jahren 1624. 1652. und
1688. ſich ein ſehr ausgedehntes Retractsrecht zu
eigen zu machen geſucht, vermoͤge deſſen ſie behaup-
tet binnen drey Jahren in jeden Kauf eines reichs-
ritterſchaftlichen Gutes eintreten zu koͤnnen, ohne
auch wegen angeblicher Meliorationen ein Reten-
tionsrecht dagegen geſtatten zu duͤrfen. Auch die-
ſem Rechte widerſprechen die Reichsſtaͤnde, die
uͤberdies eine Beſchwerde daraus machen, daß,
wenn ſie nur mit einem Mitgliede der Reichsrit-
terſchaft zu thun zu haben glauben, gleich ein gan-
zer Canton, oder ein ganzer Kreis, oder gar die
geſammte Reichsritterſchaft in allen drey Kreiſen,
Schwaben, Franken und am Rhein gemeine Sa-
che dagegen mache; daß aber die Ritterſchaft auch
nicht an ſolchen Mitgliedern, die wuͤrklich in der-
ſelben beguͤtert ſeyen, ſich begnuͤge, ſondern auch
Staatsminiſter und Geſandten an Hoͤfen und Mit-
glieder der beiden hoͤchſten Reichsgerichte, als blo-
ße Perſonaliſten, in ihre Matrikel aufnehme; oh-
ne zu gedenken, was fuͤr Colliſionen zu entſtehen
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/110>, abgerufen am 22.07.2024.
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