Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

1) Friedenszeit 1748-1753.
grundgesetze und Herkommen unterstützt war, an-
noch ferner aufrecht zu erhalten.

Manchen Reichsständen mochte es freylichXI.
empfindlich fallen, in Vergleichung mit anderen
Ländern, wo man von keinem andern als landsäs-
sigen Adel weiß, den Zusammenhang ihrer Län-
der durch so viele unmittelbare Rittergüter unter-
brochen zu sehen. Nicht selten mochte sichs auch
von der andern Seite zutragen, daß die Reichs-
ritterschaft von ihren Privilegien und angenomme-
nen Grundsätzen übertriebenen Gebrauch zu ma-
chen suchte. Allein jenes hatte einmal im West-
phälischen Frieden seine Bestätigung erhalten, war
also nunmehr in unsere Reichsverfassung mit ver-
webt, und ließ sich als ein Bestandtheil des Gan-
zen ohne diesem zu nahe zu treten, nicht mehr he-
ben. Letzteres mußte allenfalls in jedem einzelnen
Falle nach dessen besonderen Umständen im Wege
Rechtes erörtert werden. Nur hier waren schon
mehrmalen Beschwerden der Reichsstände vorge-
kommen, daß die Reichsritterschaft in einzelnen
Rechtsstreitigkeiten mit Reichsständen bey den höch-
sten Reichsgerichten zu sehr begünstiget würde.

Insonderheit behauptet die Reichsritterschaft,XII.
daß, wenn auch eines von ihren Gütern durch
Kauf oder andere Mittel und Wege in eines Reichs-
standes Hände käme, dennoch die darauf haften-
den Rittersteuern in ihrem Gange bleiben müßten,
und daß ihr deswegen nichts in Weg gelegt wer-
den dürfte, wenn Steuern auf ihren Rittercon-
venten (wozu niemand als unmittelbare Adeliche
zugelaßen werden,) bewilliget worden, und solche

als-

1) Friedenszeit 1748-1753.
grundgeſetze und Herkommen unterſtuͤtzt war, an-
noch ferner aufrecht zu erhalten.

Manchen Reichsſtaͤnden mochte es freylichXI.
empfindlich fallen, in Vergleichung mit anderen
Laͤndern, wo man von keinem andern als landſaͤſ-
ſigen Adel weiß, den Zuſammenhang ihrer Laͤn-
der durch ſo viele unmittelbare Ritterguͤter unter-
brochen zu ſehen. Nicht ſelten mochte ſichs auch
von der andern Seite zutragen, daß die Reichs-
ritterſchaft von ihren Privilegien und angenomme-
nen Grundſaͤtzen uͤbertriebenen Gebrauch zu ma-
chen ſuchte. Allein jenes hatte einmal im Weſt-
phaͤliſchen Frieden ſeine Beſtaͤtigung erhalten, war
alſo nunmehr in unſere Reichsverfaſſung mit ver-
webt, und ließ ſich als ein Beſtandtheil des Gan-
zen ohne dieſem zu nahe zu treten, nicht mehr he-
ben. Letzteres mußte allenfalls in jedem einzelnen
Falle nach deſſen beſonderen Umſtaͤnden im Wege
Rechtes eroͤrtert werden. Nur hier waren ſchon
mehrmalen Beſchwerden der Reichsſtaͤnde vorge-
kommen, daß die Reichsritterſchaft in einzelnen
Rechtsſtreitigkeiten mit Reichsſtaͤnden bey den hoͤch-
ſten Reichsgerichten zu ſehr beguͤnſtiget wuͤrde.

Inſonderheit behauptet die Reichsritterſchaft,XII.
daß, wenn auch eines von ihren Guͤtern durch
Kauf oder andere Mittel und Wege in eines Reichs-
ſtandes Haͤnde kaͤme, dennoch die darauf haften-
den Ritterſteuern in ihrem Gange bleiben muͤßten,
und daß ihr deswegen nichts in Weg gelegt wer-
den duͤrfte, wenn Steuern auf ihren Rittercon-
venten (wozu niemand als unmittelbare Adeliche
zugelaßen werden,) bewilliget worden, und ſolche

als-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0109" n="75"/><fw place="top" type="header">1) Friedenszeit 1748-1753.</fw><lb/>
grundge&#x017F;etze und Herkommen unter&#x017F;tu&#x0364;tzt war, an-<lb/>
noch ferner aufrecht zu erhalten.</p><lb/>
          <p>Manchen Reichs&#x017F;ta&#x0364;nden mochte es freylich<note place="right"><hi rendition="#aq">XI.</hi></note><lb/>
empfindlich fallen, in Vergleichung mit anderen<lb/>
La&#x0364;ndern, wo man von keinem andern als land&#x017F;a&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;igen Adel weiß, den Zu&#x017F;ammenhang ihrer La&#x0364;n-<lb/>
der durch &#x017F;o viele unmittelbare Rittergu&#x0364;ter unter-<lb/>
brochen zu &#x017F;ehen. Nicht &#x017F;elten mochte &#x017F;ichs auch<lb/>
von der andern Seite zutragen, daß die Reichs-<lb/>
ritter&#x017F;chaft von ihren Privilegien und angenomme-<lb/>
nen Grund&#x017F;a&#x0364;tzen u&#x0364;bertriebenen Gebrauch zu ma-<lb/>
chen &#x017F;uchte. Allein jenes hatte einmal im We&#x017F;t-<lb/>
pha&#x0364;li&#x017F;chen Frieden &#x017F;eine Be&#x017F;ta&#x0364;tigung erhalten, war<lb/>
al&#x017F;o nunmehr in un&#x017F;ere Reichsverfa&#x017F;&#x017F;ung mit ver-<lb/>
webt, und ließ &#x017F;ich als ein Be&#x017F;tandtheil des Gan-<lb/>
zen ohne die&#x017F;em zu nahe zu treten, nicht mehr he-<lb/>
ben. Letzteres mußte allenfalls in jedem einzelnen<lb/>
Falle nach de&#x017F;&#x017F;en be&#x017F;onderen Um&#x017F;ta&#x0364;nden im Wege<lb/>
Rechtes ero&#x0364;rtert werden. Nur hier waren &#x017F;chon<lb/>
mehrmalen Be&#x017F;chwerden der Reichs&#x017F;ta&#x0364;nde vorge-<lb/>
kommen, daß die Reichsritter&#x017F;chaft in einzelnen<lb/>
Rechts&#x017F;treitigkeiten mit Reichs&#x017F;ta&#x0364;nden bey den ho&#x0364;ch-<lb/>
&#x017F;ten Reichsgerichten zu &#x017F;ehr begu&#x0364;n&#x017F;tiget wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <p>In&#x017F;onderheit behauptet die Reichsritter&#x017F;chaft,<note place="right"><hi rendition="#aq">XII.</hi></note><lb/>
daß, wenn auch eines von ihren Gu&#x0364;tern durch<lb/>
Kauf oder andere Mittel und Wege in eines Reichs-<lb/>
&#x017F;tandes Ha&#x0364;nde ka&#x0364;me, dennoch die darauf haften-<lb/>
den Ritter&#x017F;teuern in ihrem Gange bleiben mu&#x0364;ßten,<lb/>
und daß ihr deswegen nichts in Weg gelegt wer-<lb/>
den du&#x0364;rfte, wenn Steuern auf ihren Rittercon-<lb/>
venten (wozu niemand als unmittelbare Adeliche<lb/>
zugelaßen werden,) bewilliget worden, und &#x017F;olche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">als-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0109] 1) Friedenszeit 1748-1753. grundgeſetze und Herkommen unterſtuͤtzt war, an- noch ferner aufrecht zu erhalten. Manchen Reichsſtaͤnden mochte es freylich empfindlich fallen, in Vergleichung mit anderen Laͤndern, wo man von keinem andern als landſaͤſ- ſigen Adel weiß, den Zuſammenhang ihrer Laͤn- der durch ſo viele unmittelbare Ritterguͤter unter- brochen zu ſehen. Nicht ſelten mochte ſichs auch von der andern Seite zutragen, daß die Reichs- ritterſchaft von ihren Privilegien und angenomme- nen Grundſaͤtzen uͤbertriebenen Gebrauch zu ma- chen ſuchte. Allein jenes hatte einmal im Weſt- phaͤliſchen Frieden ſeine Beſtaͤtigung erhalten, war alſo nunmehr in unſere Reichsverfaſſung mit ver- webt, und ließ ſich als ein Beſtandtheil des Gan- zen ohne dieſem zu nahe zu treten, nicht mehr he- ben. Letzteres mußte allenfalls in jedem einzelnen Falle nach deſſen beſonderen Umſtaͤnden im Wege Rechtes eroͤrtert werden. Nur hier waren ſchon mehrmalen Beſchwerden der Reichsſtaͤnde vorge- kommen, daß die Reichsritterſchaft in einzelnen Rechtsſtreitigkeiten mit Reichsſtaͤnden bey den hoͤch- ſten Reichsgerichten zu ſehr beguͤnſtiget wuͤrde. XI. Inſonderheit behauptet die Reichsritterſchaft, daß, wenn auch eines von ihren Guͤtern durch Kauf oder andere Mittel und Wege in eines Reichs- ſtandes Haͤnde kaͤme, dennoch die darauf haften- den Ritterſteuern in ihrem Gange bleiben muͤßten, und daß ihr deswegen nichts in Weg gelegt wer- den duͤrfte, wenn Steuern auf ihren Rittercon- venten (wozu niemand als unmittelbare Adeliche zugelaßen werden,) bewilliget worden, und ſolche als- XII.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/109
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/109>, abgerufen am 27.04.2024.