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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XII. Franz der I. 1748-1764.
den Theile ausmachten,) gehalten und also auch
berechtiget seyn, mit dem beschwerten Theile ihre
Rathschläge und Kräfte zu vereinigen um dem
Unrechte abzuhelfen; und zwar nicht in der Vor-
aussetzung, daß der Kaiser den Befehl dazu gebe,
sondern daß der leidende Theil nur darum nachge-
sucht habe. Nach dieser Vorschrift war der Schluß,
den das evangelische Corpus hier gefaßt hatte,
völlig abgemessen. Freylich war es das erstemal
in seiner Art, daß es mit diesem Nachdruck zu
Werke gieng, da bisher nur höchstens zu Repres-
salien geschritten war. Allein eben das bewies die
Mäßigung, die man bisher gebraucht hatte. Nur
die Nothwendigkeit erforderte es, diesmal einen
Schritt weiter zu gehen, wenn anders ein so evi-
dent beschwerter Theil nicht hülflos gelaßen werden
sollte, und wenn nicht vielleicht eine Art von Si-
cherheit, daß man nie zu dieser Extremität schrei-
ten würde, daraus entstehen sollte. So bedenkli-
che Folgen es allerdings haben könnte, wenn dem
Gebrauche einer solchen Selbsthülfe eine gleich
mächtige Gegenwehr entgegen gesetzt werden soll-
te; so sehr ist eben deswegen für die Ruhe von
Teutschland und für die wahre Wohlfahrt beider
Religionstheile zu wünschen, daß kein Theil dem
andern Gelegenheit geben möge, zu dieser Extre-
mität schreiten zu müßen.



X.

Eine andere Reichsangelegenheit dieser Zeit be-
traf endlich die Keichsritterschaft, wobey es auf
nichts geringeres ankam, als entweder zu ihrer
völligen Zernichtung den Weg zu bahnen, oder
ihre bisherige Verfassung, wie sie durch Reichs-

grund-

XII. Franz der I. 1748-1764.
den Theile ausmachten,) gehalten und alſo auch
berechtiget ſeyn, mit dem beſchwerten Theile ihre
Rathſchlaͤge und Kraͤfte zu vereinigen um dem
Unrechte abzuhelfen; und zwar nicht in der Vor-
ausſetzung, daß der Kaiſer den Befehl dazu gebe,
ſondern daß der leidende Theil nur darum nachge-
ſucht habe. Nach dieſer Vorſchrift war der Schluß,
den das evangeliſche Corpus hier gefaßt hatte,
voͤllig abgemeſſen. Freylich war es das erſtemal
in ſeiner Art, daß es mit dieſem Nachdruck zu
Werke gieng, da bisher nur hoͤchſtens zu Repreſ-
ſalien geſchritten war. Allein eben das bewies die
Maͤßigung, die man bisher gebraucht hatte. Nur
die Nothwendigkeit erforderte es, diesmal einen
Schritt weiter zu gehen, wenn anders ein ſo evi-
dent beſchwerter Theil nicht huͤlflos gelaßen werden
ſollte, und wenn nicht vielleicht eine Art von Si-
cherheit, daß man nie zu dieſer Extremitaͤt ſchrei-
ten wuͤrde, daraus entſtehen ſollte. So bedenkli-
che Folgen es allerdings haben koͤnnte, wenn dem
Gebrauche einer ſolchen Selbſthuͤlfe eine gleich
maͤchtige Gegenwehr entgegen geſetzt werden ſoll-
te; ſo ſehr iſt eben deswegen fuͤr die Ruhe von
Teutſchland und fuͤr die wahre Wohlfahrt beider
Religionstheile zu wuͤnſchen, daß kein Theil dem
andern Gelegenheit geben moͤge, zu dieſer Extre-
mitaͤt ſchreiten zu muͤßen.



X.

Eine andere Reichsangelegenheit dieſer Zeit be-
traf endlich die Keichsritterſchaft, wobey es auf
nichts geringeres ankam, als entweder zu ihrer
voͤlligen Zernichtung den Weg zu bahnen, oder
ihre bisherige Verfaſſung, wie ſie durch Reichs-

grund-
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[74/0108] XII. Franz der I. 1748-1764. den Theile ausmachten,) gehalten und alſo auch berechtiget ſeyn, mit dem beſchwerten Theile ihre Rathſchlaͤge und Kraͤfte zu vereinigen um dem Unrechte abzuhelfen; und zwar nicht in der Vor- ausſetzung, daß der Kaiſer den Befehl dazu gebe, ſondern daß der leidende Theil nur darum nachge- ſucht habe. Nach dieſer Vorſchrift war der Schluß, den das evangeliſche Corpus hier gefaßt hatte, voͤllig abgemeſſen. Freylich war es das erſtemal in ſeiner Art, daß es mit dieſem Nachdruck zu Werke gieng, da bisher nur hoͤchſtens zu Repreſ- ſalien geſchritten war. Allein eben das bewies die Maͤßigung, die man bisher gebraucht hatte. Nur die Nothwendigkeit erforderte es, diesmal einen Schritt weiter zu gehen, wenn anders ein ſo evi- dent beſchwerter Theil nicht huͤlflos gelaßen werden ſollte, und wenn nicht vielleicht eine Art von Si- cherheit, daß man nie zu dieſer Extremitaͤt ſchrei- ten wuͤrde, daraus entſtehen ſollte. So bedenkli- che Folgen es allerdings haben koͤnnte, wenn dem Gebrauche einer ſolchen Selbſthuͤlfe eine gleich maͤchtige Gegenwehr entgegen geſetzt werden ſoll- te; ſo ſehr iſt eben deswegen fuͤr die Ruhe von Teutſchland und fuͤr die wahre Wohlfahrt beider Religionstheile zu wuͤnſchen, daß kein Theil dem andern Gelegenheit geben moͤge, zu dieſer Extre- mitaͤt ſchreiten zu muͤßen. Eine andere Reichsangelegenheit dieſer Zeit be- traf endlich die Keichsritterſchaft, wobey es auf nichts geringeres ankam, als entweder zu ihrer voͤlligen Zernichtung den Weg zu bahnen, oder ihre bisherige Verfaſſung, wie ſie durch Reichs- grund-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/108>, abgerufen am 27.04.2024.