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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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X. Carl der VI. 1711-1740.
sterreich konnte er auf den Fall, wenn er Nach-
kommenschaft hinterließe, sich als ein neues Haupt
des ganzen Hauses ansehen. Damals waren auch
noch keine Leibeserben von ihm vorhanden, die
etwa aus älteren Gesetzen oder Herkommen des
Hauses schon ein gewisses Recht in Ansehung der
Ordnung der Erbfolge zu ihrem Vortheile hätten
behaupten können. Nichts konnte ihn also hin-
dern, so, wie es seine Absicht war, und in ge-
dachter Sanction würklich geschah, die Verord-
nung für seine Nachkommen zu machen, daß nicht
nur unter seinem Mannsstamme, sondern auch
im Fall derselbe ermangeln oder erlöschen würde,
auch unter seinen weiblichen Nachkommen das
Recht der Erstgebuhrt aufs vollkommenste beob-
achtet werden sollte. Nur der einzige Umstand
schien noch einigem Zweifel unterworfen zu seyn,
ob diese seine pragmatische Sanction auch auf den
Fall, wenn er keine Söhne, sondern nur Töchter
hinterließe, seinen weiblichen Seitenverwandten,
nehmlich seines Bruders Töchtern, und anderen
weiblichen Nachkommen seiner Vorfahren, eben so-
wohl als seinen eignen Nachkommen in Ansehung
der künftigen Erbfolge Ziel und Maß setzen
könnte?


VI.

Diese Angelegenheit wurde für den Kaiser mit
jedem Jahre wichtiger, da seine Gemahlinn Eli-
sabeth Christine (eine gebohrne Prinzessinn von
Braunschweig-Blankenburg, mit der er seit dem
Jahre 1708. vermählet war,) am 13. Apr. 1716.
ihm zwar einen Sohn gebahr, der jedoch schon
am 4. Nov. in eben dem Jahre wieder mit Tode

abgieng,

X. Carl der VI. 1711-1740.
ſterreich konnte er auf den Fall, wenn er Nach-
kommenſchaft hinterließe, ſich als ein neues Haupt
des ganzen Hauſes anſehen. Damals waren auch
noch keine Leibeserben von ihm vorhanden, die
etwa aus aͤlteren Geſetzen oder Herkommen des
Hauſes ſchon ein gewiſſes Recht in Anſehung der
Ordnung der Erbfolge zu ihrem Vortheile haͤtten
behaupten koͤnnen. Nichts konnte ihn alſo hin-
dern, ſo, wie es ſeine Abſicht war, und in ge-
dachter Sanction wuͤrklich geſchah, die Verord-
nung fuͤr ſeine Nachkommen zu machen, daß nicht
nur unter ſeinem Mannsſtamme, ſondern auch
im Fall derſelbe ermangeln oder erloͤſchen wuͤrde,
auch unter ſeinen weiblichen Nachkommen das
Recht der Erſtgebuhrt aufs vollkommenſte beob-
achtet werden ſollte. Nur der einzige Umſtand
ſchien noch einigem Zweifel unterworfen zu ſeyn,
ob dieſe ſeine pragmatiſche Sanction auch auf den
Fall, wenn er keine Soͤhne, ſondern nur Toͤchter
hinterließe, ſeinen weiblichen Seitenverwandten,
nehmlich ſeines Bruders Toͤchtern, und anderen
weiblichen Nachkommen ſeiner Vorfahren, eben ſo-
wohl als ſeinen eignen Nachkommen in Anſehung
der kuͤnftigen Erbfolge Ziel und Maß ſetzen
koͤnnte?


VI.

Dieſe Angelegenheit wurde fuͤr den Kaiſer mit
jedem Jahre wichtiger, da ſeine Gemahlinn Eli-
ſabeth Chriſtine (eine gebohrne Prinzeſſinn von
Braunſchweig-Blankenburg, mit der er ſeit dem
Jahre 1708. vermaͤhlet war,) am 13. Apr. 1716.
ihm zwar einen Sohn gebahr, der jedoch ſchon
am 4. Nov. in eben dem Jahre wieder mit Tode

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[442/0484] X. Carl der VI. 1711-1740. ſterreich konnte er auf den Fall, wenn er Nach- kommenſchaft hinterließe, ſich als ein neues Haupt des ganzen Hauſes anſehen. Damals waren auch noch keine Leibeserben von ihm vorhanden, die etwa aus aͤlteren Geſetzen oder Herkommen des Hauſes ſchon ein gewiſſes Recht in Anſehung der Ordnung der Erbfolge zu ihrem Vortheile haͤtten behaupten koͤnnen. Nichts konnte ihn alſo hin- dern, ſo, wie es ſeine Abſicht war, und in ge- dachter Sanction wuͤrklich geſchah, die Verord- nung fuͤr ſeine Nachkommen zu machen, daß nicht nur unter ſeinem Mannsſtamme, ſondern auch im Fall derſelbe ermangeln oder erloͤſchen wuͤrde, auch unter ſeinen weiblichen Nachkommen das Recht der Erſtgebuhrt aufs vollkommenſte beob- achtet werden ſollte. Nur der einzige Umſtand ſchien noch einigem Zweifel unterworfen zu ſeyn, ob dieſe ſeine pragmatiſche Sanction auch auf den Fall, wenn er keine Soͤhne, ſondern nur Toͤchter hinterließe, ſeinen weiblichen Seitenverwandten, nehmlich ſeines Bruders Toͤchtern, und anderen weiblichen Nachkommen ſeiner Vorfahren, eben ſo- wohl als ſeinen eignen Nachkommen in Anſehung der kuͤnftigen Erbfolge Ziel und Maß ſetzen koͤnnte? Dieſe Angelegenheit wurde fuͤr den Kaiſer mit jedem Jahre wichtiger, da ſeine Gemahlinn Eli- ſabeth Chriſtine (eine gebohrne Prinzeſſinn von Braunſchweig-Blankenburg, mit der er ſeit dem Jahre 1708. vermaͤhlet war,) am 13. Apr. 1716. ihm zwar einen Sohn gebahr, der jedoch ſchon am 4. Nov. in eben dem Jahre wieder mit Tode abgieng,

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/484>, abgerufen am 23.11.2024.