da der Kaiser leichter die Churfürsten alleine, als das ganze Reich, auf seine Seite bringen könne, die Kaiserwürde doch so gut wie erblich bloß dem Hause Oesterreich zu Theil werden möchte. Beide Kronen Frankreich und Schweden hielten eben das für sehr wichtig, und unterstützten deswegen dieses Anliegen auf alle Weise. Allein im Frieden wurde auch hiervon nur so viel verordnet, daß die Sache auf dem nächsten Reichstage vorgenommen wer- den sollte.
(Ehe der nächstfolgende Reichstag zu StandeV. kam, brachte Ferdinand der III. 1653. doch noch die Römische Königswahl Ferdinands des IV. zu wege; und so auch Leopold 1690. noch die von Joseph. Aber 1711. kam es auch hierüber zwi- schen den beiden höheren Reichscollegien zum ver- gleichsmäßigen Schlusse: "daß die Churfürsten bey Lebzeiten des Kaisers nicht leichtlich zur Wahl eines Römischen Königs schreiten sollen, es wäre denn, daß der regierende Kaiser sich aus dem Rei- che begeben und beständig oder allzulange sich aus- wärts aufhalten wollte, oder derselbe wegen hohen Alters oder beharrlicher Unpäßlichkeit der Regierung nicht mehr vorstehen könnte, oder sonst eine ander- weite hohe Nothdurft, daran des Reichs Conser- vation und Wohlfahrt gelegen, es erforderte, noch bey Lebzeiten des Kaisers einen Römischen König zu wehlen." Diese letzteren Worte haben seitdem doch wieder Anlaß gegeben, daß von neuem die Frage entstanden ist: ob darüber, ob außer den vorhin benannten Fällen eine sonstige hohe Noth- durft von der Art vorhanden sey, die Churfürsten alleine, oder nur mit Einwilligung der übrigen
Stän-
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9) Sachen an Reichst. verwieſen.
da der Kaiſer leichter die Churfuͤrſten alleine, als das ganze Reich, auf ſeine Seite bringen koͤnne, die Kaiſerwuͤrde doch ſo gut wie erblich bloß dem Hauſe Oeſterreich zu Theil werden moͤchte. Beide Kronen Frankreich und Schweden hielten eben das fuͤr ſehr wichtig, und unterſtuͤtzten deswegen dieſes Anliegen auf alle Weiſe. Allein im Frieden wurde auch hiervon nur ſo viel verordnet, daß die Sache auf dem naͤchſten Reichstage vorgenommen wer- den ſollte.
(Ehe der naͤchſtfolgende Reichstag zu StandeV. kam, brachte Ferdinand der III. 1653. doch noch die Roͤmiſche Koͤnigswahl Ferdinands des IV. zu wege; und ſo auch Leopold 1690. noch die von Joſeph. Aber 1711. kam es auch hieruͤber zwi- ſchen den beiden hoͤheren Reichscollegien zum ver- gleichsmaͤßigen Schluſſe: ”daß die Churfuͤrſten bey Lebzeiten des Kaiſers nicht leichtlich zur Wahl eines Roͤmiſchen Koͤnigs ſchreiten ſollen, es waͤre denn, daß der regierende Kaiſer ſich aus dem Rei- che begeben und beſtaͤndig oder allzulange ſich aus- waͤrts aufhalten wollte, oder derſelbe wegen hohen Alters oder beharrlicher Unpaͤßlichkeit der Regierung nicht mehr vorſtehen koͤnnte, oder ſonſt eine ander- weite hohe Nothdurft, daran des Reichs Conſer- vation und Wohlfahrt gelegen, es erforderte, noch bey Lebzeiten des Kaiſers einen Roͤmiſchen Koͤnig zu wehlen.” Dieſe letzteren Worte haben ſeitdem doch wieder Anlaß gegeben, daß von neuem die Frage entſtanden iſt: ob daruͤber, ob außer den vorhin benannten Faͤllen eine ſonſtige hohe Noth- durft von der Art vorhanden ſey, die Churfuͤrſten alleine, oder nur mit Einwilligung der uͤbrigen
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9) Sachen an Reichst. verwieſen.
da der Kaiſer leichter die Churfuͤrſten alleine, als
das ganze Reich, auf ſeine Seite bringen koͤnne,
die Kaiſerwuͤrde doch ſo gut wie erblich bloß dem
Hauſe Oeſterreich zu Theil werden moͤchte. Beide
Kronen Frankreich und Schweden hielten eben das
fuͤr ſehr wichtig, und unterſtuͤtzten deswegen dieſes
Anliegen auf alle Weiſe. Allein im Frieden wurde
auch hiervon nur ſo viel verordnet, daß die Sache
auf dem naͤchſten Reichstage vorgenommen wer-
den ſollte.
(Ehe der naͤchſtfolgende Reichstag zu Stande
kam, brachte Ferdinand der III. 1653. doch noch
die Roͤmiſche Koͤnigswahl Ferdinands des IV. zu
wege; und ſo auch Leopold 1690. noch die von
Joſeph. Aber 1711. kam es auch hieruͤber zwi-
ſchen den beiden hoͤheren Reichscollegien zum ver-
gleichsmaͤßigen Schluſſe: ”daß die Churfuͤrſten
bey Lebzeiten des Kaiſers nicht leichtlich zur Wahl
eines Roͤmiſchen Koͤnigs ſchreiten ſollen, es waͤre
denn, daß der regierende Kaiſer ſich aus dem Rei-
che begeben und beſtaͤndig oder allzulange ſich aus-
waͤrts aufhalten wollte, oder derſelbe wegen hohen
Alters oder beharrlicher Unpaͤßlichkeit der Regierung
nicht mehr vorſtehen koͤnnte, oder ſonſt eine ander-
weite hohe Nothdurft, daran des Reichs Conſer-
vation und Wohlfahrt gelegen, es erforderte, noch
bey Lebzeiten des Kaiſers einen Roͤmiſchen Koͤnig
zu wehlen.” Dieſe letzteren Worte haben ſeitdem
doch wieder Anlaß gegeben, daß von neuem die
Frage entſtanden iſt: ob daruͤber, ob außer den
vorhin benannten Faͤllen eine ſonſtige hohe Noth-
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alleine, oder nur mit Einwilligung der uͤbrigen
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/163>, abgerufen am 16.02.2025.
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