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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VII. Neuere Zeit. Westph. Fr. 1648.
der ungleich größern Anzahl catholischer Mitglieder
als pur catholisch angesehen. Daß inzwischen
jenen evangelischen Kreisständen es nicht zum Nach-
theile gereichen solle, daß ihnen kein Antheil an
den Präsentationen des Kreises zugestanden war,
dafür ward selbst im Westphälischen Frieden durch
eine besondere Verwahrung gesorget. Ein ähnli-
cher Fall war im Niedersächsischen Kreise, der für
pur evangelisch galt, wenn gleich der Bischof von
Hildesheim ein Mitglied desselben war.


IX.

Von der ersten Errichtung des Cammerge-
gerichts her wußte man von keinen anderen Stel-
len, als von Cammerrichter und Urtheilern, wo-
mit das Gericht besetzt seyn sollte. Letztere, oder
wie man sie jetzt nannte, die Beysitzer oder Asses-
soren des Cammergerichts sollten zur Hälfte wenig-
stens aus der Ritterschaft seyn. Man hoffte, daß
auch Personen von hohem Adel sich ans Cammer-
gericht begeben würden. Gleich anfangs fand sich
auch ein Graf von Eberstein, dem man doch die
Ehre anthat, daß er als ein Beysitzer vom Her-
renstande (assessor generosus) unmittelbar nach
dem Cammerrichter vor allen übrigen Beysitzern
den Rang bekam. Weil nach damaligen Begrif-
fen ein Gericht ohne Vorsitz des Richters nicht
gehalten werden konnte, so zeigte sich gleich der
Nutze, daß in Abwesenheit oder Krankheit des
Cammerrichters doch einer vom Herrenstande da
war, der an seiner Stelle den Vorsitz führen konn-
te. Dieser Vortheil verdoppelte sich, als man
vollends anfieng, die Beysitzer in verschiedene Se-
nate abzutheilen, deren jeder dann doch billig einen
Vorsitzenden aus dem Herrenstande haben sollte.

So

VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
der ungleich groͤßern Anzahl catholiſcher Mitglieder
als pur catholiſch angeſehen. Daß inzwiſchen
jenen evangeliſchen Kreisſtaͤnden es nicht zum Nach-
theile gereichen ſolle, daß ihnen kein Antheil an
den Praͤſentationen des Kreiſes zugeſtanden war,
dafuͤr ward ſelbſt im Weſtphaͤliſchen Frieden durch
eine beſondere Verwahrung geſorget. Ein aͤhnli-
cher Fall war im Niederſaͤchſiſchen Kreiſe, der fuͤr
pur evangeliſch galt, wenn gleich der Biſchof von
Hildesheim ein Mitglied deſſelben war.


IX.

Von der erſten Errichtung des Cammerge-
gerichts her wußte man von keinen anderen Stel-
len, als von Cammerrichter und Urtheilern, wo-
mit das Gericht beſetzt ſeyn ſollte. Letztere, oder
wie man ſie jetzt nannte, die Beyſitzer oder Aſſeſ-
ſoren des Cammergerichts ſollten zur Haͤlfte wenig-
ſtens aus der Ritterſchaft ſeyn. Man hoffte, daß
auch Perſonen von hohem Adel ſich ans Cammer-
gericht begeben wuͤrden. Gleich anfangs fand ſich
auch ein Graf von Eberſtein, dem man doch die
Ehre anthat, daß er als ein Beyſitzer vom Her-
renſtande (aſſeſſor generoſus) unmittelbar nach
dem Cammerrichter vor allen uͤbrigen Beyſitzern
den Rang bekam. Weil nach damaligen Begrif-
fen ein Gericht ohne Vorſitz des Richters nicht
gehalten werden konnte, ſo zeigte ſich gleich der
Nutze, daß in Abweſenheit oder Krankheit des
Cammerrichters doch einer vom Herrenſtande da
war, der an ſeiner Stelle den Vorſitz fuͤhren konn-
te. Dieſer Vortheil verdoppelte ſich, als man
vollends anfieng, die Beyſitzer in verſchiedene Se-
nate abzutheilen, deren jeder dann doch billig einen
Vorſitzenden aus dem Herrenſtande haben ſollte.

So
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[92/0134] VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648. der ungleich groͤßern Anzahl catholiſcher Mitglieder als pur catholiſch angeſehen. Daß inzwiſchen jenen evangeliſchen Kreisſtaͤnden es nicht zum Nach- theile gereichen ſolle, daß ihnen kein Antheil an den Praͤſentationen des Kreiſes zugeſtanden war, dafuͤr ward ſelbſt im Weſtphaͤliſchen Frieden durch eine beſondere Verwahrung geſorget. Ein aͤhnli- cher Fall war im Niederſaͤchſiſchen Kreiſe, der fuͤr pur evangeliſch galt, wenn gleich der Biſchof von Hildesheim ein Mitglied deſſelben war. Von der erſten Errichtung des Cammerge- gerichts her wußte man von keinen anderen Stel- len, als von Cammerrichter und Urtheilern, wo- mit das Gericht beſetzt ſeyn ſollte. Letztere, oder wie man ſie jetzt nannte, die Beyſitzer oder Aſſeſ- ſoren des Cammergerichts ſollten zur Haͤlfte wenig- ſtens aus der Ritterſchaft ſeyn. Man hoffte, daß auch Perſonen von hohem Adel ſich ans Cammer- gericht begeben wuͤrden. Gleich anfangs fand ſich auch ein Graf von Eberſtein, dem man doch die Ehre anthat, daß er als ein Beyſitzer vom Her- renſtande (aſſeſſor generoſus) unmittelbar nach dem Cammerrichter vor allen uͤbrigen Beyſitzern den Rang bekam. Weil nach damaligen Begrif- fen ein Gericht ohne Vorſitz des Richters nicht gehalten werden konnte, ſo zeigte ſich gleich der Nutze, daß in Abweſenheit oder Krankheit des Cammerrichters doch einer vom Herrenſtande da war, der an ſeiner Stelle den Vorſitz fuͤhren konn- te. Dieſer Vortheil verdoppelte ſich, als man vollends anfieng, die Beyſitzer in verſchiedene Se- nate abzutheilen, deren jeder dann doch billig einen Vorſitzenden aus dem Herrenſtande haben ſollte. So

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/134>, abgerufen am 24.11.2024.