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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

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VII. Neuere Zeit. Westph. Fr. 1648.
dern die Frage war: wann soll die Mehrheit der
Stimmen ihre Wirksamkeit verliehren? Die Ant-
wort war: Nicht nur in Religionssachen, und
anderen Fällen, wo jede Stände nur als einzeln
zu betrachten sind; sondern auch in allen und jeden
Sachen, wo beide Religionstheile sich in ihren
Behauptungen von einander trennen.


XXIV.

Es war also nichts weniger als dem Sinne
dieser Stelle gemäß, wenn man die eingeschränkte
Auslegung davon machen wollte, daß eine solche
Trennung der beiden Religionstheile nicht anders
als in Religionssachen statt finden dürfe. Eben
darum war das zur wahren Schutzwehr der Pro-
testanten festgesetzt, daß, wenn in reichsständischen
Versammlungen die catholischen Stände die Mehr-
heit der Stimmen zu ihrem Vortheile benutzen woll-
ten, dagegen dieses Hülfsmittel zur Hand genommen
werden könne, ohne erst in eine besondere Erörterung
hineingehen zu dürfen, ob von einer Religionssache,
oder von einem nahen oder entferntern Einflusse der
Religion die Frage sey, oder nicht. Zu Erhaltung
des Gleichgewichts zwischen beiden Religionstheilen
war das unstreitig das einzige Mittel. Auf an-
dere Art würde jener Grundsatz von der vollkomme-
nen Gleichheit der beiden Religionen, und daß ein
Theil mit dem andern gleiche Rechte haben sollte,
nie zur Erfüllung haben gebracht werden können.


XXV.

Ich sage, Gleichheit der beiden Religio-
nen. Das ist sowohl die Sprache des Westphä-
lischen Friedens als der nachherigen Reichsgrund-
gesetze; Nicht drey Religionen. Denn wenn gleich
unter den Augsburgischen Confessionsverwandten

sowohl

VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648.
dern die Frage war: wann ſoll die Mehrheit der
Stimmen ihre Wirkſamkeit verliehren? Die Ant-
wort war: Nicht nur in Religionsſachen, und
anderen Faͤllen, wo jede Staͤnde nur als einzeln
zu betrachten ſind; ſondern auch in allen und jeden
Sachen, wo beide Religionstheile ſich in ihren
Behauptungen von einander trennen.


XXIV.

Es war alſo nichts weniger als dem Sinne
dieſer Stelle gemaͤß, wenn man die eingeſchraͤnkte
Auslegung davon machen wollte, daß eine ſolche
Trennung der beiden Religionstheile nicht anders
als in Religionsſachen ſtatt finden duͤrfe. Eben
darum war das zur wahren Schutzwehr der Pro-
teſtanten feſtgeſetzt, daß, wenn in reichsſtaͤndiſchen
Verſammlungen die catholiſchen Staͤnde die Mehr-
heit der Stimmen zu ihrem Vortheile benutzen woll-
ten, dagegen dieſes Huͤlfsmittel zur Hand genommen
werden koͤnne, ohne erſt in eine beſondere Eroͤrterung
hineingehen zu duͤrfen, ob von einer Religionsſache,
oder von einem nahen oder entferntern Einfluſſe der
Religion die Frage ſey, oder nicht. Zu Erhaltung
des Gleichgewichts zwiſchen beiden Religionstheilen
war das unſtreitig das einzige Mittel. Auf an-
dere Art wuͤrde jener Grundſatz von der vollkomme-
nen Gleichheit der beiden Religionen, und daß ein
Theil mit dem andern gleiche Rechte haben ſollte,
nie zur Erfuͤllung haben gebracht werden koͤnnen.


XXV.

Ich ſage, Gleichheit der beiden Religio-
nen. Das iſt ſowohl die Sprache des Weſtphaͤ-
liſchen Friedens als der nachherigen Reichsgrund-
geſetze; Nicht drey Religionen. Denn wenn gleich
unter den Augsburgiſchen Confeſſionsverwandten

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[80/0122] VII. Neuere Zeit. Weſtph. Fr. 1648. dern die Frage war: wann ſoll die Mehrheit der Stimmen ihre Wirkſamkeit verliehren? Die Ant- wort war: Nicht nur in Religionsſachen, und anderen Faͤllen, wo jede Staͤnde nur als einzeln zu betrachten ſind; ſondern auch in allen und jeden Sachen, wo beide Religionstheile ſich in ihren Behauptungen von einander trennen. Es war alſo nichts weniger als dem Sinne dieſer Stelle gemaͤß, wenn man die eingeſchraͤnkte Auslegung davon machen wollte, daß eine ſolche Trennung der beiden Religionstheile nicht anders als in Religionsſachen ſtatt finden duͤrfe. Eben darum war das zur wahren Schutzwehr der Pro- teſtanten feſtgeſetzt, daß, wenn in reichsſtaͤndiſchen Verſammlungen die catholiſchen Staͤnde die Mehr- heit der Stimmen zu ihrem Vortheile benutzen woll- ten, dagegen dieſes Huͤlfsmittel zur Hand genommen werden koͤnne, ohne erſt in eine beſondere Eroͤrterung hineingehen zu duͤrfen, ob von einer Religionsſache, oder von einem nahen oder entferntern Einfluſſe der Religion die Frage ſey, oder nicht. Zu Erhaltung des Gleichgewichts zwiſchen beiden Religionstheilen war das unſtreitig das einzige Mittel. Auf an- dere Art wuͤrde jener Grundſatz von der vollkomme- nen Gleichheit der beiden Religionen, und daß ein Theil mit dem andern gleiche Rechte haben ſollte, nie zur Erfuͤllung haben gebracht werden koͤnnen. Ich ſage, Gleichheit der beiden Religio- nen. Das iſt ſowohl die Sprache des Weſtphaͤ- liſchen Friedens als der nachherigen Reichsgrund- geſetze; Nicht drey Religionen. Denn wenn gleich unter den Augsburgiſchen Confeſſionsverwandten ſowohl

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/122>, abgerufen am 21.11.2024.