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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.

IV.

Auch in Frey- und Reichsstädten, wo bisher
beide Religionen im Gange gewesen, sollten die-
selben hinfüro auch also bleiben. Bürger und
andere Einwohner derselben, geistlichen oder welt-
lichen Standes, sollten friedlich und ruhig bey ein-
ander wohnen. Kein Theil sollte sich unterstehen,
des andern Religion und Kirchengebräuche abzu-
thun oder ihn davon zu dringen; sondern jeder
Theil sollte den andern sowohl bey seiner Religion
und Kirchengebräuchen als bey seinem Hab und
Gute und allem andern ruhig und friedlich blei-
ben laßen.


V.

In der That war das der einzige rechte Weg,
der hier eingeschlagen werden konnte. Da ein-
mal ein so großer Theil der Nation seine Gesin-
nungen in der Religion geändert hatte, ein ande-
rer Theil aber bey dem, wie es bisher gewesen
war, beharrte; so blieb nichts übrig, als daß
ein jeder den andern bey seiner Gesinnung ließ,
und übrigens das Band, worin alle Reichsstände
als Mitglieder eines Reiches unter einander stan-
den, in seinem Wesen gelaßen wurde. Aller Re-
ligionszwang war ohnedem der Natur zuwider.
Und der Teutschen Reichsverfassung war es völlig
angemessen, daß der Religionsfriede reichsständische
Länder und Reichsstädte als zweyerley verschiedene
Gegenstände behandelte. Von jenen war ein jedes
für sich. Sobald da Herr und Land einig waren,
Kirchengebräuche und Ceremonien nach ihrem nun-
mehrigen Glauben einzurichten, so hatte billig kein
Dritter dabey etwas zu erinnern. In Reichs-
städten ließ sich ein vermischter Zustand gedenken,

da
V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558.

IV.

Auch in Frey- und Reichsſtaͤdten, wo bisher
beide Religionen im Gange geweſen, ſollten die-
ſelben hinfuͤro auch alſo bleiben. Buͤrger und
andere Einwohner derſelben, geiſtlichen oder welt-
lichen Standes, ſollten friedlich und ruhig bey ein-
ander wohnen. Kein Theil ſollte ſich unterſtehen,
des andern Religion und Kirchengebraͤuche abzu-
thun oder ihn davon zu dringen; ſondern jeder
Theil ſollte den andern ſowohl bey ſeiner Religion
und Kirchengebraͤuchen als bey ſeinem Hab und
Gute und allem andern ruhig und friedlich blei-
ben laßen.


V.

In der That war das der einzige rechte Weg,
der hier eingeſchlagen werden konnte. Da ein-
mal ein ſo großer Theil der Nation ſeine Geſin-
nungen in der Religion geaͤndert hatte, ein ande-
rer Theil aber bey dem, wie es bisher geweſen
war, beharrte; ſo blieb nichts uͤbrig, als daß
ein jeder den andern bey ſeiner Geſinnung ließ,
und uͤbrigens das Band, worin alle Reichsſtaͤnde
als Mitglieder eines Reiches unter einander ſtan-
den, in ſeinem Weſen gelaßen wurde. Aller Re-
ligionszwang war ohnedem der Natur zuwider.
Und der Teutſchen Reichsverfaſſung war es voͤllig
angemeſſen, daß der Religionsfriede reichsſtaͤndiſche
Laͤnder und Reichsſtaͤdte als zweyerley verſchiedene
Gegenſtaͤnde behandelte. Von jenen war ein jedes
fuͤr ſich. Sobald da Herr und Land einig waren,
Kirchengebraͤuche und Ceremonien nach ihrem nun-
mehrigen Glauben einzurichten, ſo hatte billig kein
Dritter dabey etwas zu erinnern. In Reichs-
ſtaͤdten ließ ſich ein vermiſchter Zuſtand gedenken,

da
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[408/0442] V. Neuere Zeit. Carl V. 1519-1558. Auch in Frey- und Reichsſtaͤdten, wo bisher beide Religionen im Gange geweſen, ſollten die- ſelben hinfuͤro auch alſo bleiben. Buͤrger und andere Einwohner derſelben, geiſtlichen oder welt- lichen Standes, ſollten friedlich und ruhig bey ein- ander wohnen. Kein Theil ſollte ſich unterſtehen, des andern Religion und Kirchengebraͤuche abzu- thun oder ihn davon zu dringen; ſondern jeder Theil ſollte den andern ſowohl bey ſeiner Religion und Kirchengebraͤuchen als bey ſeinem Hab und Gute und allem andern ruhig und friedlich blei- ben laßen. In der That war das der einzige rechte Weg, der hier eingeſchlagen werden konnte. Da ein- mal ein ſo großer Theil der Nation ſeine Geſin- nungen in der Religion geaͤndert hatte, ein ande- rer Theil aber bey dem, wie es bisher geweſen war, beharrte; ſo blieb nichts uͤbrig, als daß ein jeder den andern bey ſeiner Geſinnung ließ, und uͤbrigens das Band, worin alle Reichsſtaͤnde als Mitglieder eines Reiches unter einander ſtan- den, in ſeinem Weſen gelaßen wurde. Aller Re- ligionszwang war ohnedem der Natur zuwider. Und der Teutſchen Reichsverfaſſung war es voͤllig angemeſſen, daß der Religionsfriede reichsſtaͤndiſche Laͤnder und Reichsſtaͤdte als zweyerley verſchiedene Gegenſtaͤnde behandelte. Von jenen war ein jedes fuͤr ſich. Sobald da Herr und Land einig waren, Kirchengebraͤuche und Ceremonien nach ihrem nun- mehrigen Glauben einzurichten, ſo hatte billig kein Dritter dabey etwas zu erinnern. In Reichs- ſtaͤdten ließ ſich ein vermiſchter Zuſtand gedenken, da

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/442>, abgerufen am 22.11.2024.