es auch, daß der Pabst aus dem Fegefeuer helfen könnte, so sey es billig, daß er es ohne Geld da- für zu fordern aus Liebe thue etc.
VII.
Bey Abfassung dieser Schrift dachte Luther noch nicht daran, als ein Reformator in der Kir- che aufzutreten, und eine allgemeine Kirchenrei- nigung zu veranlaßen. Er schmeichelte sich, daß der Pabst selbst den von ihm gerügten Mißbrauch des Ablaßes abstellen würde. Noch war er ent- fernt, eine Volkssache daraus zu machen; er hatte wohlbedächtlich die Sache als eine gelehrte Strei- tigkeit in Lateinischer Sprache behandelt. Tetzel hingegen hielt gleich Predigten gegen Luthern. Darauf hielt nun auch Luther einen Sermon vom Ablaß, wiewohl ohne seinen Gegner noch zu nen- nen, nur so, daß er dem Volke nützliche Wahr- heiten vorzutragen suchte, wie er ferner in einer Erklärung der sieben Bußpsalme und des Vater unser that. Durch Hülfe der Druckereyen wur- den diese Schriften in kurzer Zeit in ganz Teutsch- land und in einem großen Theile von Europa be- kannt, und häufig mit Beyfall gelesen. Jeder- mann war froh, daß einmal ein Mann Muth gefasset hatte, solche Wahrheiten laut zu sagen. Man war begierig, wie man zu Rom die Sache ansehen würde.
VIII.
Leo der X. ließ sich bereden, die Sache gleich auf den Fuß zu nehmen, daß man mit einem Retzerproceß derselben kurz und gut ein Ende machte. Ein hierzu delegirtes Gericht wurde schon zu Rom ernannt, wovor Luther zu erscheinen vor- geladen ward. Doch einer solchen Evocation eines
Wit-
IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
es auch, daß der Pabſt aus dem Fegefeuer helfen koͤnnte, ſo ſey es billig, daß er es ohne Geld da- fuͤr zu fordern aus Liebe thue ꝛc.
VII.
Bey Abfaſſung dieſer Schrift dachte Luther noch nicht daran, als ein Reformator in der Kir- che aufzutreten, und eine allgemeine Kirchenrei- nigung zu veranlaßen. Er ſchmeichelte ſich, daß der Pabſt ſelbſt den von ihm geruͤgten Mißbrauch des Ablaßes abſtellen wuͤrde. Noch war er ent- fernt, eine Volksſache daraus zu machen; er hatte wohlbedaͤchtlich die Sache als eine gelehrte Strei- tigkeit in Lateiniſcher Sprache behandelt. Tetzel hingegen hielt gleich Predigten gegen Luthern. Darauf hielt nun auch Luther einen Sermon vom Ablaß, wiewohl ohne ſeinen Gegner noch zu nen- nen, nur ſo, daß er dem Volke nuͤtzliche Wahr- heiten vorzutragen ſuchte, wie er ferner in einer Erklaͤrung der ſieben Bußpſalme und des Vater unſer that. Durch Huͤlfe der Druckereyen wur- den dieſe Schriften in kurzer Zeit in ganz Teutſch- land und in einem großen Theile von Europa be- kannt, und haͤufig mit Beyfall geleſen. Jeder- mann war froh, daß einmal ein Mann Muth gefaſſet hatte, ſolche Wahrheiten laut zu ſagen. Man war begierig, wie man zu Rom die Sache anſehen wuͤrde.
VIII.
Leo der X. ließ ſich bereden, die Sache gleich auf den Fuß zu nehmen, daß man mit einem Retzerproceß derſelben kurz und gut ein Ende machte. Ein hierzu delegirtes Gericht wurde ſchon zu Rom ernannt, wovor Luther zu erſcheinen vor- geladen ward. Doch einer ſolchen Evocation eines
Wit-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0382"n="348"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IV.</hi> Neuere Zeit. Max <hirendition="#aq">I.</hi> 1493-1519.</hi></fw><lb/>
es auch, daß der Pabſt aus dem Fegefeuer helfen<lb/>
koͤnnte, ſo ſey es billig, daß er es ohne Geld da-<lb/>
fuͤr zu fordern aus Liebe thue ꝛc.</p><lb/><noteplace="left"><hirendition="#aq">VII.</hi></note><p>Bey Abfaſſung dieſer Schrift dachte Luther<lb/>
noch nicht daran, als ein Reformator in der Kir-<lb/>
che aufzutreten, und eine allgemeine Kirchenrei-<lb/>
nigung zu veranlaßen. Er ſchmeichelte ſich, daß<lb/>
der Pabſt ſelbſt den von ihm geruͤgten Mißbrauch<lb/>
des Ablaßes abſtellen wuͤrde. Noch war er ent-<lb/>
fernt, eine Volksſache daraus zu machen; er hatte<lb/>
wohlbedaͤchtlich die Sache als eine gelehrte Strei-<lb/>
tigkeit in Lateiniſcher Sprache behandelt. Tetzel<lb/>
hingegen hielt gleich Predigten gegen Luthern.<lb/>
Darauf hielt nun auch Luther einen Sermon vom<lb/>
Ablaß, wiewohl ohne ſeinen Gegner noch zu nen-<lb/>
nen, nur ſo, daß er dem Volke nuͤtzliche Wahr-<lb/>
heiten vorzutragen ſuchte, wie er ferner in einer<lb/>
Erklaͤrung der ſieben Bußpſalme und des Vater<lb/>
unſer that. Durch Huͤlfe der Druckereyen wur-<lb/>
den dieſe Schriften in kurzer Zeit in ganz Teutſch-<lb/>
land und in einem großen Theile von Europa be-<lb/>
kannt, und haͤufig mit Beyfall geleſen. Jeder-<lb/>
mann war froh, daß einmal ein Mann Muth<lb/>
gefaſſet hatte, ſolche Wahrheiten laut zu ſagen.<lb/>
Man war begierig, wie man zu Rom die Sache<lb/>
anſehen wuͤrde.</p><lb/><noteplace="left"><hirendition="#aq">VIII.</hi></note><p>Leo der <hirendition="#aq">X.</hi> ließ ſich bereden, die Sache gleich<lb/>
auf den Fuß zu nehmen, daß man mit einem<lb/><hirendition="#fr">Retzerproceß</hi> derſelben kurz und gut ein Ende<lb/>
machte. Ein hierzu delegirtes Gericht wurde ſchon<lb/>
zu Rom ernannt, wovor Luther zu erſcheinen vor-<lb/>
geladen ward. Doch einer ſolchen Evocation eines<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Wit-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[348/0382]
IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
es auch, daß der Pabſt aus dem Fegefeuer helfen
koͤnnte, ſo ſey es billig, daß er es ohne Geld da-
fuͤr zu fordern aus Liebe thue ꝛc.
Bey Abfaſſung dieſer Schrift dachte Luther
noch nicht daran, als ein Reformator in der Kir-
che aufzutreten, und eine allgemeine Kirchenrei-
nigung zu veranlaßen. Er ſchmeichelte ſich, daß
der Pabſt ſelbſt den von ihm geruͤgten Mißbrauch
des Ablaßes abſtellen wuͤrde. Noch war er ent-
fernt, eine Volksſache daraus zu machen; er hatte
wohlbedaͤchtlich die Sache als eine gelehrte Strei-
tigkeit in Lateiniſcher Sprache behandelt. Tetzel
hingegen hielt gleich Predigten gegen Luthern.
Darauf hielt nun auch Luther einen Sermon vom
Ablaß, wiewohl ohne ſeinen Gegner noch zu nen-
nen, nur ſo, daß er dem Volke nuͤtzliche Wahr-
heiten vorzutragen ſuchte, wie er ferner in einer
Erklaͤrung der ſieben Bußpſalme und des Vater
unſer that. Durch Huͤlfe der Druckereyen wur-
den dieſe Schriften in kurzer Zeit in ganz Teutſch-
land und in einem großen Theile von Europa be-
kannt, und haͤufig mit Beyfall geleſen. Jeder-
mann war froh, daß einmal ein Mann Muth
gefaſſet hatte, ſolche Wahrheiten laut zu ſagen.
Man war begierig, wie man zu Rom die Sache
anſehen wuͤrde.
Leo der X. ließ ſich bereden, die Sache gleich
auf den Fuß zu nehmen, daß man mit einem
Retzerproceß derſelben kurz und gut ein Ende
machte. Ein hierzu delegirtes Gericht wurde ſchon
zu Rom ernannt, wovor Luther zu erſcheinen vor-
geladen ward. Doch einer ſolchen Evocation eines
Wit-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/382>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.