Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

5) D. Luther 1517-1519.
Wittenbergischen Lehrers widersetzte sich der Chur-
fürst von Sachsen. Die Sache wurde vielmehr
so eingeleitet, daß der Pabst dem Cardinal Caje-
tan, der zu einem von Max nach Augsburg ange-
setzten Reichstage als päbstlicher Botschafter abge-
hen sollte, den Auftrag gab, zu Augsburg auch
Luthern zu verhören. Zu diesem Verhöre stellte sich
Luther, wollte sich aber zu keinem Wiederrufe, den
man ihm zumuthete, bequemen, und erhielt darauf
einen widrigen Ausspruch des päbstlichen Botschaf-
ters. Doch davon stand ihm nun noch eine Instanz
offen, da er von demselben als Commissarien an den
Pabst als Committenten appelliren konnte.

Glücklich kam Luther noch nach WittenbergIX.
zurück. Allein schon am 9. Nov. 1518. erfolgte
eine päbstliche Bulle, die alles das, was Luther
noch als unentschieden von der Kirche angegeben
hatte, zum Vortheile des Ablaßes entschied. So
war leicht vorauszusehen, was seine Appellation für
ein Schicksal haben würde. Und was sollte dann
Luthern retten, da Max in seinen letzten Jahren dem
päbstlichen Stuhle nur zu ergeben war, und der Chur-
fürst von Sachsen dessen Befehlen auf die Dauer
nicht würde haben widerstehen können? Würklich
stand Luther schon im Begriff, von Wittenberg nach
Paris abzugehen, als die Nachricht von des Kaisers
Tode kam, die zugleich Friedrich den Weisen als
nunmehrigen Reichsverweser in den Sächsischen Län-
dern in Stand setzte, seinem Wittenbergischen Pro-
fessor vorerst Schutz angedeihen zu laßen. So blieb
die weitere Entwickelung auch dieser Geschichte erst
der folgenden Regierung vorbehalten.




Fünf-

5) D. Luther 1517-1519.
Wittenbergiſchen Lehrers widerſetzte ſich der Chur-
fuͤrſt von Sachſen. Die Sache wurde vielmehr
ſo eingeleitet, daß der Pabſt dem Cardinal Caje-
tan, der zu einem von Max nach Augsburg ange-
ſetzten Reichstage als paͤbſtlicher Botſchafter abge-
hen ſollte, den Auftrag gab, zu Augsburg auch
Luthern zu verhoͤren. Zu dieſem Verhoͤre ſtellte ſich
Luther, wollte ſich aber zu keinem Wiederrufe, den
man ihm zumuthete, bequemen, und erhielt darauf
einen widrigen Ausſpruch des paͤbſtlichen Botſchaf-
ters. Doch davon ſtand ihm nun noch eine Inſtanz
offen, da er von demſelben als Commiſſarien an den
Pabſt als Committenten appelliren konnte.

Gluͤcklich kam Luther noch nach WittenbergIX.
zuruͤck. Allein ſchon am 9. Nov. 1518. erfolgte
eine paͤbſtliche Bulle, die alles das, was Luther
noch als unentſchieden von der Kirche angegeben
hatte, zum Vortheile des Ablaßes entſchied. So
war leicht vorauszuſehen, was ſeine Appellation fuͤr
ein Schickſal haben wuͤrde. Und was ſollte dann
Luthern retten, da Max in ſeinen letzten Jahren dem
paͤbſtlichen Stuhle nur zu ergeben war, und der Chur-
fuͤrſt von Sachſen deſſen Befehlen auf die Dauer
nicht wuͤrde haben widerſtehen koͤnnen? Wuͤrklich
ſtand Luther ſchon im Begriff, von Wittenberg nach
Paris abzugehen, als die Nachricht von des Kaiſers
Tode kam, die zugleich Friedrich den Weiſen als
nunmehrigen Reichsverweſer in den Saͤchſiſchen Laͤn-
dern in Stand ſetzte, ſeinem Wittenbergiſchen Pro-
feſſor vorerſt Schutz angedeihen zu laßen. So blieb
die weitere Entwickelung auch dieſer Geſchichte erſt
der folgenden Regierung vorbehalten.




Fuͤnf-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0383" n="349"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">5) D. Luther 1517-1519.</hi></fw><lb/>
Wittenbergi&#x017F;chen Lehrers wider&#x017F;etzte &#x017F;ich der Chur-<lb/>
fu&#x0364;r&#x017F;t von Sach&#x017F;en. Die Sache wurde vielmehr<lb/>
&#x017F;o eingeleitet, daß der Pab&#x017F;t dem Cardinal Caje-<lb/>
tan, der zu einem von Max nach Augsburg ange-<lb/>
&#x017F;etzten Reichstage als pa&#x0364;b&#x017F;tlicher Bot&#x017F;chafter abge-<lb/>
hen &#x017F;ollte, den Auftrag gab, zu Augsburg auch<lb/>
Luthern zu verho&#x0364;ren. Zu die&#x017F;em Verho&#x0364;re &#x017F;tellte &#x017F;ich<lb/>
Luther, wollte &#x017F;ich aber zu keinem Wiederrufe, den<lb/>
man ihm zumuthete, bequemen, und erhielt darauf<lb/>
einen widrigen Aus&#x017F;pruch des pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Bot&#x017F;chaf-<lb/>
ters. Doch davon &#x017F;tand ihm nun noch eine In&#x017F;tanz<lb/>
offen, da er von dem&#x017F;elben als Commi&#x017F;&#x017F;arien an den<lb/>
Pab&#x017F;t als Committenten appelliren konnte.</p><lb/>
          <p>Glu&#x0364;cklich kam Luther noch nach Wittenberg<note place="right"><hi rendition="#aq">IX.</hi></note><lb/>
zuru&#x0364;ck. Allein &#x017F;chon am 9. Nov. 1518. erfolgte<lb/>
eine <hi rendition="#fr">pa&#x0364;b&#x017F;tliche Bulle,</hi> die alles das, was Luther<lb/>
noch als unent&#x017F;chieden von der Kirche angegeben<lb/>
hatte, zum Vortheile des Ablaßes ent&#x017F;chied. So<lb/>
war leicht vorauszu&#x017F;ehen, was &#x017F;eine Appellation fu&#x0364;r<lb/>
ein Schick&#x017F;al haben wu&#x0364;rde. Und was &#x017F;ollte dann<lb/>
Luthern retten, da Max in &#x017F;einen letzten Jahren dem<lb/>
pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Stuhle nur zu ergeben war, und der Chur-<lb/>
fu&#x0364;r&#x017F;t von Sach&#x017F;en de&#x017F;&#x017F;en Befehlen auf die Dauer<lb/>
nicht wu&#x0364;rde haben wider&#x017F;tehen ko&#x0364;nnen? Wu&#x0364;rklich<lb/>
&#x017F;tand Luther &#x017F;chon im Begriff, von Wittenberg nach<lb/>
Paris abzugehen, als die Nachricht von des Kai&#x017F;ers<lb/>
Tode kam, die zugleich Friedrich den Wei&#x017F;en als<lb/>
nunmehrigen Reichsverwe&#x017F;er in den Sa&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen La&#x0364;n-<lb/>
dern in Stand &#x017F;etzte, &#x017F;einem Wittenbergi&#x017F;chen Pro-<lb/>
fe&#x017F;&#x017F;or vorer&#x017F;t Schutz angedeihen zu laßen. So blieb<lb/>
die weitere Entwickelung auch die&#x017F;er Ge&#x017F;chichte er&#x017F;t<lb/>
der folgenden Regierung vorbehalten.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Fu&#x0364;nf-</hi> </hi> </fw><lb/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0383] 5) D. Luther 1517-1519. Wittenbergiſchen Lehrers widerſetzte ſich der Chur- fuͤrſt von Sachſen. Die Sache wurde vielmehr ſo eingeleitet, daß der Pabſt dem Cardinal Caje- tan, der zu einem von Max nach Augsburg ange- ſetzten Reichstage als paͤbſtlicher Botſchafter abge- hen ſollte, den Auftrag gab, zu Augsburg auch Luthern zu verhoͤren. Zu dieſem Verhoͤre ſtellte ſich Luther, wollte ſich aber zu keinem Wiederrufe, den man ihm zumuthete, bequemen, und erhielt darauf einen widrigen Ausſpruch des paͤbſtlichen Botſchaf- ters. Doch davon ſtand ihm nun noch eine Inſtanz offen, da er von demſelben als Commiſſarien an den Pabſt als Committenten appelliren konnte. Gluͤcklich kam Luther noch nach Wittenberg zuruͤck. Allein ſchon am 9. Nov. 1518. erfolgte eine paͤbſtliche Bulle, die alles das, was Luther noch als unentſchieden von der Kirche angegeben hatte, zum Vortheile des Ablaßes entſchied. So war leicht vorauszuſehen, was ſeine Appellation fuͤr ein Schickſal haben wuͤrde. Und was ſollte dann Luthern retten, da Max in ſeinen letzten Jahren dem paͤbſtlichen Stuhle nur zu ergeben war, und der Chur- fuͤrſt von Sachſen deſſen Befehlen auf die Dauer nicht wuͤrde haben widerſtehen koͤnnen? Wuͤrklich ſtand Luther ſchon im Begriff, von Wittenberg nach Paris abzugehen, als die Nachricht von des Kaiſers Tode kam, die zugleich Friedrich den Weiſen als nunmehrigen Reichsverweſer in den Saͤchſiſchen Laͤn- dern in Stand ſetzte, ſeinem Wittenbergiſchen Pro- feſſor vorerſt Schutz angedeihen zu laßen. So blieb die weitere Entwickelung auch dieſer Geſchichte erſt der folgenden Regierung vorbehalten. IX. Fuͤnf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/383
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/383>, abgerufen am 22.11.2024.