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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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2) Reichshofrath u. Austräge.

Aber auch andere, unter welchen keine Ver-VII.
träge hierüber obwalteten, hatten sich gut dabey
befunden, daß eine Art von Herkommen jedem Be-
klagten, der vom Kläger darum ersucht war, es
zur Schuldigkeit machte, die Hand dazu zu bieten,
daß ihre Rechtssache einem dritten Austrag heim-
gestellt wurde. Dieses bisherige bloße Herkom-
men verwandelte man jetzt in eine gesetzliche Vor-
schrift, daß ein beklagter Fürst auf des Klägers
Antrag in vier Wochen zu antworten schuldig seyn
solle. Man machte nur einigen Unterschied, ob
ein Fürst von seines Gleichen, oder von einem ge-
ringern belanget würde. In jenem Falle sollte der
Beklagte dem Kläger vier Fürsten vorschlagen,
woraus dieser einen zu wehlen hätte. Im andern
Falle sollte der beklagte Fürst von seinen eignen
Räthen fünf adeliche und vier gelehrte zur Erör-
terung der Sache niedersetzen, und deshalb ihrer
Pflichten gegen ihn entlaßen. So wurden also
aus dem, was bisher bloße Gewohnheit war, jetzt
gesetzmäßige so genannte Legal-Austräge, wie
man sie seitdem von jenen gewillkührten oder Con-
ventional-Austrägen unterscheidet. Beide Gattun-
gen dürfen aber jetzt gegen keinen Beklagten, der
einmal das Recht dazu hat, übergangen werden.

Nur die einzige Hauptbestimmung hat manVIII.
nun noch hinzugefüget, daß ein jedes Austrägal-
gericht jetzt zugleich als eine kaiserliche Commission
angesehen werden solle, vermöge eines auf bestän-
dig geltenden allgemeinen Auftrages, den der Kai-
ser gleich in der ersten Cammergerichtsordnung allen
künftigen Austrägen jetzt ein vor allemal schon zum
voraus ertheilte. Damit erhielt man den Vortheil,

daß,
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2) Reichshofrath u. Auſtraͤge.

Aber auch andere, unter welchen keine Ver-VII.
traͤge hieruͤber obwalteten, hatten ſich gut dabey
befunden, daß eine Art von Herkommen jedem Be-
klagten, der vom Klaͤger darum erſucht war, es
zur Schuldigkeit machte, die Hand dazu zu bieten,
daß ihre Rechtsſache einem dritten Austrag heim-
geſtellt wurde. Dieſes bisherige bloße Herkom-
men verwandelte man jetzt in eine geſetzliche Vor-
ſchrift, daß ein beklagter Fuͤrſt auf des Klaͤgers
Antrag in vier Wochen zu antworten ſchuldig ſeyn
ſolle. Man machte nur einigen Unterſchied, ob
ein Fuͤrſt von ſeines Gleichen, oder von einem ge-
ringern belanget wuͤrde. In jenem Falle ſollte der
Beklagte dem Klaͤger vier Fuͤrſten vorſchlagen,
woraus dieſer einen zu wehlen haͤtte. Im andern
Falle ſollte der beklagte Fuͤrſt von ſeinen eignen
Raͤthen fuͤnf adeliche und vier gelehrte zur Eroͤr-
terung der Sache niederſetzen, und deshalb ihrer
Pflichten gegen ihn entlaßen. So wurden alſo
aus dem, was bisher bloße Gewohnheit war, jetzt
geſetzmaͤßige ſo genannte Legal-Austraͤge, wie
man ſie ſeitdem von jenen gewillkuͤhrten oder Con-
ventional-Austraͤgen unterſcheidet. Beide Gattun-
gen duͤrfen aber jetzt gegen keinen Beklagten, der
einmal das Recht dazu hat, uͤbergangen werden.

Nur die einzige Hauptbeſtimmung hat manVIII.
nun noch hinzugefuͤget, daß ein jedes Auſtraͤgal-
gericht jetzt zugleich als eine kaiſerliche Commiſſion
angeſehen werden ſolle, vermoͤge eines auf beſtaͤn-
dig geltenden allgemeinen Auftrages, den der Kai-
ſer gleich in der erſten Cammergerichtsordnung allen
kuͤnftigen Austraͤgen jetzt ein vor allemal ſchon zum
voraus ertheilte. Damit erhielt man den Vortheil,

daß,
X
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[321/0355] 2) Reichshofrath u. Auſtraͤge. Aber auch andere, unter welchen keine Ver- traͤge hieruͤber obwalteten, hatten ſich gut dabey befunden, daß eine Art von Herkommen jedem Be- klagten, der vom Klaͤger darum erſucht war, es zur Schuldigkeit machte, die Hand dazu zu bieten, daß ihre Rechtsſache einem dritten Austrag heim- geſtellt wurde. Dieſes bisherige bloße Herkom- men verwandelte man jetzt in eine geſetzliche Vor- ſchrift, daß ein beklagter Fuͤrſt auf des Klaͤgers Antrag in vier Wochen zu antworten ſchuldig ſeyn ſolle. Man machte nur einigen Unterſchied, ob ein Fuͤrſt von ſeines Gleichen, oder von einem ge- ringern belanget wuͤrde. In jenem Falle ſollte der Beklagte dem Klaͤger vier Fuͤrſten vorſchlagen, woraus dieſer einen zu wehlen haͤtte. Im andern Falle ſollte der beklagte Fuͤrſt von ſeinen eignen Raͤthen fuͤnf adeliche und vier gelehrte zur Eroͤr- terung der Sache niederſetzen, und deshalb ihrer Pflichten gegen ihn entlaßen. So wurden alſo aus dem, was bisher bloße Gewohnheit war, jetzt geſetzmaͤßige ſo genannte Legal-Austraͤge, wie man ſie ſeitdem von jenen gewillkuͤhrten oder Con- ventional-Austraͤgen unterſcheidet. Beide Gattun- gen duͤrfen aber jetzt gegen keinen Beklagten, der einmal das Recht dazu hat, uͤbergangen werden. VII. Nur die einzige Hauptbeſtimmung hat man nun noch hinzugefuͤget, daß ein jedes Auſtraͤgal- gericht jetzt zugleich als eine kaiſerliche Commiſſion angeſehen werden ſolle, vermoͤge eines auf beſtaͤn- dig geltenden allgemeinen Auftrages, den der Kai- ſer gleich in der erſten Cammergerichtsordnung allen kuͤnftigen Austraͤgen jetzt ein vor allemal ſchon zum voraus ertheilte. Damit erhielt man den Vortheil, daß, VIII. X

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/355>, abgerufen am 19.05.2024.