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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
daß, da sonst die Austräge als Schiedsrichter eigent-
lich nicht appellabel gewesen wären, jetzt von einem
jeden Austrägalgerichte an das Cammergericht, so
wie von jedem andern Commissarien an seinen Com-
mittenten, appellirt werden konnte. Also ward es
nunmehr zu einer förmlichen Austrägalinstanz,
die sich auf solche Art in das mit Errichtung des
Cammergerichts aufgestellte neue System der ganzen
Gerichtsverfassung ganz wohl einpassen ließ. Das
Cammergericht wurde nach dieser Einrichtung ein
Tribunal, das ordentlicher Weise nur in der höchsten
und letzten Instanz urtheilen sollte; über mittelbare
Mitglieder des Reichs, sofern ein Unterthan durch
seine Landesgerichte sich beschwert fände; über un-
mittelbare, wenn von der Austrägalinstanz appellirt
würde. In erster Instanz wurden dem Cammer-
gerichte bey seiner ersten Errichtung nur die Land-
friedensbruchs-Sachen vorbehalten.


IX.

Dergleichen Ausnahmen, da ein Fürst auch in
erster Instanz gleich beym Cammergerichte belanget
werden kann, sind in folgenden Zeiten noch einige
mehrere hinzugekommen. Außerdem aber ist es
noch immer die Regel, daß Fürsten und Churfürsten
von niemanden gerade zu beym Cammergerichte be-
langet werden können, sondern immer erst die Aus-
trägalinstanz erlediget seyn muß. In so weit ist es
jedesmal für beide Theile vortheilhaft, daß sie sich
nicht mit einer einzigen Instanz begnügen müßen,
sondern wenn auch ein Spruch widrig ausfällt der-
jenige, der sich beschwert hält, die Sache noch in
einer zweyten Instanz aufs neue durchfechten kann,
wo vielleicht die Sache der Parthey oder ihrem

Schrift-

IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
daß, da ſonſt die Austraͤge als Schiedsrichter eigent-
lich nicht appellabel geweſen waͤren, jetzt von einem
jeden Auſtraͤgalgerichte an das Cammergericht, ſo
wie von jedem andern Commiſſarien an ſeinen Com-
mittenten, appellirt werden konnte. Alſo ward es
nunmehr zu einer foͤrmlichen Auſtraͤgalinſtanz,
die ſich auf ſolche Art in das mit Errichtung des
Cammergerichts aufgeſtellte neue Syſtem der ganzen
Gerichtsverfaſſung ganz wohl einpaſſen ließ. Das
Cammergericht wurde nach dieſer Einrichtung ein
Tribunal, das ordentlicher Weiſe nur in der hoͤchſten
und letzten Inſtanz urtheilen ſollte; uͤber mittelbare
Mitglieder des Reichs, ſofern ein Unterthan durch
ſeine Landesgerichte ſich beſchwert faͤnde; uͤber un-
mittelbare, wenn von der Auſtraͤgalinſtanz appellirt
wuͤrde. In erſter Inſtanz wurden dem Cammer-
gerichte bey ſeiner erſten Errichtung nur die Land-
friedensbruchs-Sachen vorbehalten.


IX.

Dergleichen Ausnahmen, da ein Fuͤrſt auch in
erſter Inſtanz gleich beym Cammergerichte belanget
werden kann, ſind in folgenden Zeiten noch einige
mehrere hinzugekommen. Außerdem aber iſt es
noch immer die Regel, daß Fuͤrſten und Churfuͤrſten
von niemanden gerade zu beym Cammergerichte be-
langet werden koͤnnen, ſondern immer erſt die Aus-
traͤgalinſtanz erlediget ſeyn muß. In ſo weit iſt es
jedesmal fuͤr beide Theile vortheilhaft, daß ſie ſich
nicht mit einer einzigen Inſtanz begnuͤgen muͤßen,
ſondern wenn auch ein Spruch widrig ausfaͤllt der-
jenige, der ſich beſchwert haͤlt, die Sache noch in
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wo vielleicht die Sache der Parthey oder ihrem

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[322/0356] IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519. daß, da ſonſt die Austraͤge als Schiedsrichter eigent- lich nicht appellabel geweſen waͤren, jetzt von einem jeden Auſtraͤgalgerichte an das Cammergericht, ſo wie von jedem andern Commiſſarien an ſeinen Com- mittenten, appellirt werden konnte. Alſo ward es nunmehr zu einer foͤrmlichen Auſtraͤgalinſtanz, die ſich auf ſolche Art in das mit Errichtung des Cammergerichts aufgeſtellte neue Syſtem der ganzen Gerichtsverfaſſung ganz wohl einpaſſen ließ. Das Cammergericht wurde nach dieſer Einrichtung ein Tribunal, das ordentlicher Weiſe nur in der hoͤchſten und letzten Inſtanz urtheilen ſollte; uͤber mittelbare Mitglieder des Reichs, ſofern ein Unterthan durch ſeine Landesgerichte ſich beſchwert faͤnde; uͤber un- mittelbare, wenn von der Auſtraͤgalinſtanz appellirt wuͤrde. In erſter Inſtanz wurden dem Cammer- gerichte bey ſeiner erſten Errichtung nur die Land- friedensbruchs-Sachen vorbehalten. Dergleichen Ausnahmen, da ein Fuͤrſt auch in erſter Inſtanz gleich beym Cammergerichte belanget werden kann, ſind in folgenden Zeiten noch einige mehrere hinzugekommen. Außerdem aber iſt es noch immer die Regel, daß Fuͤrſten und Churfuͤrſten von niemanden gerade zu beym Cammergerichte be- langet werden koͤnnen, ſondern immer erſt die Aus- traͤgalinſtanz erlediget ſeyn muß. In ſo weit iſt es jedesmal fuͤr beide Theile vortheilhaft, daß ſie ſich nicht mit einer einzigen Inſtanz begnuͤgen muͤßen, ſondern wenn auch ein Spruch widrig ausfaͤllt der- jenige, der ſich beſchwert haͤlt, die Sache noch in einer zweyten Inſtanz aufs neue durchfechten kann, wo vielleicht die Sache der Parthey oder ihrem Schrift-

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/356>, abgerufen am 22.11.2024.