Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

4) Carl IV. -- Sigism. 1356-1414.
nie wieder völlig erholen konnte. Bey der Wahl
eines neuen Rectors, da bisher die Böhmen von
den drey übrigen Nationen immer waren über-
stimmt worden, sollten von nun an die Stimmen
der Böhmischen Magister mehr gelten, als der übri-
gen. Darüber giengen in kurzem meist alle Teut-
sche, viele tausend an der Zahl, von Prag weg,
zum unwiederbringlichen Nachtheile dieser neuen
Universität.

Die Vortheile, die Carl seiner Residenz mitXV.
Anlegung der dortigen Universität verschafft hatte,
hatten inzwischen schon mehrere Teutsche Fürsten be-
wogen, diesem Beyspiele zu folgen. Zu Wien
hatte der Herzog Albrecht der III. von Oesterreich
im Jahre 1365., zu Heidelberg der Churfürst
Rupprecht der I. von der Pfalz 1386. eine Univer-
sität errichtet. Nunmehr benutzte Marggraf Fried-
rich von Meissen den Unfall, der sich 1409. zu
Prag ereignete, um ebenfalls eine hohe Schule zu
Leipzig anzulegen. Zu allen diesen gelehrten An-
stalten hielt man damals nur eine päbstliche Ver-
leihung nöthig, womit gemeiniglich dem Bischofe,
in dessen Dioeces der Sitz der Universität war,
die Canzlerwürde mit der Gerichtbarkeit über die zur
Universität gehörigen geistlichen Personen, und mit
der Aufsicht über die zu ertheilenden academischen
Würden, vorbehalten wurde. Das übrige wurde
durch landesherrliche Privilegien bestimmt. Von
der Universität zu Leipzig kömmt es zuerst vor, daß
nebst der päbstlichen Begnadigung auch eine kaiser-
liche Bestätigung derselben geschehen ist. Von
später errichteten Universitäten werden nur kaiser-
liche Privilegien namhaft gemacht, als von Greifs-

wal-
S 3

4) Carl IV. — Sigism. 1356-1414.
nie wieder voͤllig erholen konnte. Bey der Wahl
eines neuen Rectors, da bisher die Boͤhmen von
den drey uͤbrigen Nationen immer waren uͤber-
ſtimmt worden, ſollten von nun an die Stimmen
der Boͤhmiſchen Magiſter mehr gelten, als der uͤbri-
gen. Daruͤber giengen in kurzem meiſt alle Teut-
ſche, viele tauſend an der Zahl, von Prag weg,
zum unwiederbringlichen Nachtheile dieſer neuen
Univerſitaͤt.

Die Vortheile, die Carl ſeiner Reſidenz mitXV.
Anlegung der dortigen Univerſitaͤt verſchafft hatte,
hatten inzwiſchen ſchon mehrere Teutſche Fuͤrſten be-
wogen, dieſem Beyſpiele zu folgen. Zu Wien
hatte der Herzog Albrecht der III. von Oeſterreich
im Jahre 1365., zu Heidelberg der Churfuͤrſt
Rupprecht der I. von der Pfalz 1386. eine Univer-
ſitaͤt errichtet. Nunmehr benutzte Marggraf Fried-
rich von Meiſſen den Unfall, der ſich 1409. zu
Prag ereignete, um ebenfalls eine hohe Schule zu
Leipzig anzulegen. Zu allen dieſen gelehrten An-
ſtalten hielt man damals nur eine paͤbſtliche Ver-
leihung noͤthig, womit gemeiniglich dem Biſchofe,
in deſſen Dioeces der Sitz der Univerſitaͤt war,
die Canzlerwuͤrde mit der Gerichtbarkeit uͤber die zur
Univerſitaͤt gehoͤrigen geiſtlichen Perſonen, und mit
der Aufſicht uͤber die zu ertheilenden academiſchen
Wuͤrden, vorbehalten wurde. Das uͤbrige wurde
durch landesherrliche Privilegien beſtimmt. Von
der Univerſitaͤt zu Leipzig koͤmmt es zuerſt vor, daß
nebſt der paͤbſtlichen Begnadigung auch eine kaiſer-
liche Beſtaͤtigung derſelben geſchehen iſt. Von
ſpaͤter errichteten Univerſitaͤten werden nur kaiſer-
liche Privilegien namhaft gemacht, als von Greifs-

wal-
S 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0311" n="277"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">4) Carl <hi rendition="#aq">IV.</hi> &#x2014; Sigism. 1356-1414.</hi></fw><lb/>
nie wieder vo&#x0364;llig erholen konnte. Bey der Wahl<lb/>
eines neuen Rectors, da bisher die Bo&#x0364;hmen von<lb/>
den drey u&#x0364;brigen Nationen immer waren u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;timmt worden, &#x017F;ollten von nun an die Stimmen<lb/>
der Bo&#x0364;hmi&#x017F;chen Magi&#x017F;ter mehr gelten, als der u&#x0364;bri-<lb/>
gen. Daru&#x0364;ber giengen in kurzem mei&#x017F;t alle Teut-<lb/>
&#x017F;che, viele tau&#x017F;end an der Zahl, von Prag weg,<lb/>
zum unwiederbringlichen Nachtheile die&#x017F;er neuen<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t.</p><lb/>
          <p>Die Vortheile, die Carl &#x017F;einer Re&#x017F;idenz mit<note place="right"><hi rendition="#aq">XV.</hi></note><lb/>
Anlegung der dortigen Univer&#x017F;ita&#x0364;t ver&#x017F;chafft hatte,<lb/>
hatten inzwi&#x017F;chen &#x017F;chon mehrere Teut&#x017F;che Fu&#x0364;r&#x017F;ten be-<lb/>
wogen, die&#x017F;em Bey&#x017F;piele zu folgen. Zu Wien<lb/>
hatte der Herzog Albrecht der <hi rendition="#aq">III.</hi> von Oe&#x017F;terreich<lb/>
im Jahre 1365., zu Heidelberg der Churfu&#x0364;r&#x017F;t<lb/>
Rupprecht der <hi rendition="#aq">I.</hi> von der Pfalz 1386. eine Univer-<lb/>
&#x017F;ita&#x0364;t errichtet. Nunmehr benutzte Marggraf Fried-<lb/>
rich von Mei&#x017F;&#x017F;en den Unfall, der &#x017F;ich 1409. zu<lb/>
Prag ereignete, um ebenfalls eine hohe Schule zu<lb/>
Leipzig anzulegen. Zu allen die&#x017F;en gelehrten An-<lb/>
&#x017F;talten hielt man damals nur eine pa&#x0364;b&#x017F;tliche Ver-<lb/>
leihung no&#x0364;thig, womit gemeiniglich dem Bi&#x017F;chofe,<lb/>
in de&#x017F;&#x017F;en Dioeces der Sitz der Univer&#x017F;ita&#x0364;t war,<lb/>
die Canzlerwu&#x0364;rde mit der Gerichtbarkeit u&#x0364;ber die zur<lb/>
Univer&#x017F;ita&#x0364;t geho&#x0364;rigen gei&#x017F;tlichen Per&#x017F;onen, und mit<lb/>
der Auf&#x017F;icht u&#x0364;ber die zu ertheilenden academi&#x017F;chen<lb/>
Wu&#x0364;rden, vorbehalten wurde. Das u&#x0364;brige wurde<lb/>
durch landesherrliche Privilegien be&#x017F;timmt. Von<lb/>
der Univer&#x017F;ita&#x0364;t zu Leipzig ko&#x0364;mmt es zuer&#x017F;t vor, daß<lb/>
neb&#x017F;t der pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Begnadigung auch eine kai&#x017F;er-<lb/>
liche Be&#x017F;ta&#x0364;tigung der&#x017F;elben ge&#x017F;chehen i&#x017F;t. Von<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;ter errichteten Univer&#x017F;ita&#x0364;ten werden nur kai&#x017F;er-<lb/>
liche Privilegien namhaft gemacht, als von Greifs-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 3</fw><fw place="bottom" type="catch">wal-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[277/0311] 4) Carl IV. — Sigism. 1356-1414. nie wieder voͤllig erholen konnte. Bey der Wahl eines neuen Rectors, da bisher die Boͤhmen von den drey uͤbrigen Nationen immer waren uͤber- ſtimmt worden, ſollten von nun an die Stimmen der Boͤhmiſchen Magiſter mehr gelten, als der uͤbri- gen. Daruͤber giengen in kurzem meiſt alle Teut- ſche, viele tauſend an der Zahl, von Prag weg, zum unwiederbringlichen Nachtheile dieſer neuen Univerſitaͤt. Die Vortheile, die Carl ſeiner Reſidenz mit Anlegung der dortigen Univerſitaͤt verſchafft hatte, hatten inzwiſchen ſchon mehrere Teutſche Fuͤrſten be- wogen, dieſem Beyſpiele zu folgen. Zu Wien hatte der Herzog Albrecht der III. von Oeſterreich im Jahre 1365., zu Heidelberg der Churfuͤrſt Rupprecht der I. von der Pfalz 1386. eine Univer- ſitaͤt errichtet. Nunmehr benutzte Marggraf Fried- rich von Meiſſen den Unfall, der ſich 1409. zu Prag ereignete, um ebenfalls eine hohe Schule zu Leipzig anzulegen. Zu allen dieſen gelehrten An- ſtalten hielt man damals nur eine paͤbſtliche Ver- leihung noͤthig, womit gemeiniglich dem Biſchofe, in deſſen Dioeces der Sitz der Univerſitaͤt war, die Canzlerwuͤrde mit der Gerichtbarkeit uͤber die zur Univerſitaͤt gehoͤrigen geiſtlichen Perſonen, und mit der Aufſicht uͤber die zu ertheilenden academiſchen Wuͤrden, vorbehalten wurde. Das uͤbrige wurde durch landesherrliche Privilegien beſtimmt. Von der Univerſitaͤt zu Leipzig koͤmmt es zuerſt vor, daß nebſt der paͤbſtlichen Begnadigung auch eine kaiſer- liche Beſtaͤtigung derſelben geſchehen iſt. Von ſpaͤter errichteten Univerſitaͤten werden nur kaiſer- liche Privilegien namhaft gemacht, als von Greifs- wal- XV. S 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/311
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/311>, abgerufen am 22.11.2024.