nie wieder völlig erholen konnte. Bey der Wahl eines neuen Rectors, da bisher die Böhmen von den drey übrigen Nationen immer waren über- stimmt worden, sollten von nun an die Stimmen der Böhmischen Magister mehr gelten, als der übri- gen. Darüber giengen in kurzem meist alle Teut- sche, viele tausend an der Zahl, von Prag weg, zum unwiederbringlichen Nachtheile dieser neuen Universität.
Die Vortheile, die Carl seiner Residenz mitXV. Anlegung der dortigen Universität verschafft hatte, hatten inzwischen schon mehrere Teutsche Fürsten be- wogen, diesem Beyspiele zu folgen. Zu Wien hatte der Herzog Albrecht der III. von Oesterreich im Jahre 1365., zu Heidelberg der Churfürst Rupprecht der I. von der Pfalz 1386. eine Univer- sität errichtet. Nunmehr benutzte Marggraf Fried- rich von Meissen den Unfall, der sich 1409. zu Prag ereignete, um ebenfalls eine hohe Schule zu Leipzig anzulegen. Zu allen diesen gelehrten An- stalten hielt man damals nur eine päbstliche Ver- leihung nöthig, womit gemeiniglich dem Bischofe, in dessen Dioeces der Sitz der Universität war, die Canzlerwürde mit der Gerichtbarkeit über die zur Universität gehörigen geistlichen Personen, und mit der Aufsicht über die zu ertheilenden academischen Würden, vorbehalten wurde. Das übrige wurde durch landesherrliche Privilegien bestimmt. Von der Universität zu Leipzig kömmt es zuerst vor, daß nebst der päbstlichen Begnadigung auch eine kaiser- liche Bestätigung derselben geschehen ist. Von später errichteten Universitäten werden nur kaiser- liche Privilegien namhaft gemacht, als von Greifs-
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4) Carl IV. — Sigism. 1356-1414.
nie wieder voͤllig erholen konnte. Bey der Wahl eines neuen Rectors, da bisher die Boͤhmen von den drey uͤbrigen Nationen immer waren uͤber- ſtimmt worden, ſollten von nun an die Stimmen der Boͤhmiſchen Magiſter mehr gelten, als der uͤbri- gen. Daruͤber giengen in kurzem meiſt alle Teut- ſche, viele tauſend an der Zahl, von Prag weg, zum unwiederbringlichen Nachtheile dieſer neuen Univerſitaͤt.
Die Vortheile, die Carl ſeiner Reſidenz mitXV. Anlegung der dortigen Univerſitaͤt verſchafft hatte, hatten inzwiſchen ſchon mehrere Teutſche Fuͤrſten be- wogen, dieſem Beyſpiele zu folgen. Zu Wien hatte der Herzog Albrecht der III. von Oeſterreich im Jahre 1365., zu Heidelberg der Churfuͤrſt Rupprecht der I. von der Pfalz 1386. eine Univer- ſitaͤt errichtet. Nunmehr benutzte Marggraf Fried- rich von Meiſſen den Unfall, der ſich 1409. zu Prag ereignete, um ebenfalls eine hohe Schule zu Leipzig anzulegen. Zu allen dieſen gelehrten An- ſtalten hielt man damals nur eine paͤbſtliche Ver- leihung noͤthig, womit gemeiniglich dem Biſchofe, in deſſen Dioeces der Sitz der Univerſitaͤt war, die Canzlerwuͤrde mit der Gerichtbarkeit uͤber die zur Univerſitaͤt gehoͤrigen geiſtlichen Perſonen, und mit der Aufſicht uͤber die zu ertheilenden academiſchen Wuͤrden, vorbehalten wurde. Das uͤbrige wurde durch landesherrliche Privilegien beſtimmt. Von der Univerſitaͤt zu Leipzig koͤmmt es zuerſt vor, daß nebſt der paͤbſtlichen Begnadigung auch eine kaiſer- liche Beſtaͤtigung derſelben geſchehen iſt. Von ſpaͤter errichteten Univerſitaͤten werden nur kaiſer- liche Privilegien namhaft gemacht, als von Greifs-
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4) Carl IV. — Sigism. 1356-1414.
nie wieder voͤllig erholen konnte. Bey der Wahl
eines neuen Rectors, da bisher die Boͤhmen von
den drey uͤbrigen Nationen immer waren uͤber-
ſtimmt worden, ſollten von nun an die Stimmen
der Boͤhmiſchen Magiſter mehr gelten, als der uͤbri-
gen. Daruͤber giengen in kurzem meiſt alle Teut-
ſche, viele tauſend an der Zahl, von Prag weg,
zum unwiederbringlichen Nachtheile dieſer neuen
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Die Vortheile, die Carl ſeiner Reſidenz mit
Anlegung der dortigen Univerſitaͤt verſchafft hatte,
hatten inzwiſchen ſchon mehrere Teutſche Fuͤrſten be-
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hatte der Herzog Albrecht der III. von Oeſterreich
im Jahre 1365., zu Heidelberg der Churfuͤrſt
Rupprecht der I. von der Pfalz 1386. eine Univer-
ſitaͤt errichtet. Nunmehr benutzte Marggraf Fried-
rich von Meiſſen den Unfall, der ſich 1409. zu
Prag ereignete, um ebenfalls eine hohe Schule zu
Leipzig anzulegen. Zu allen dieſen gelehrten An-
ſtalten hielt man damals nur eine paͤbſtliche Ver-
leihung noͤthig, womit gemeiniglich dem Biſchofe,
in deſſen Dioeces der Sitz der Univerſitaͤt war,
die Canzlerwuͤrde mit der Gerichtbarkeit uͤber die zur
Univerſitaͤt gehoͤrigen geiſtlichen Perſonen, und mit
der Aufſicht uͤber die zu ertheilenden academiſchen
Wuͤrden, vorbehalten wurde. Das uͤbrige wurde
durch landesherrliche Privilegien beſtimmt. Von
der Univerſitaͤt zu Leipzig koͤmmt es zuerſt vor, daß
nebſt der paͤbſtlichen Begnadigung auch eine kaiſer-
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/311>, abgerufen am 23.07.2024.
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