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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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12) Friedrich der II. 1220-1235.
hohen Adel seyn mußten, weil sie über Personen
von eben dem Stande Urtheile sprechen sollten.
Die Urtheile durften sie aber nicht nach eignem
Gutdünken aussprechen, sondern nach dem Aus-
spruche einer gewissen Zahl Urtheiler oder Beysitzer,
die jedesmal dazu gezogen wurden. Darin war
bey der damaligen Einrichtung noch ein Unter-
schied von der jetzigen Gerichtsverfassung, da
man damals noch kein beständiges Justitzcolle-
gium hatte, dessen sämmtliche Mitglieder immer
einerley gewesen wären; sondern nur die Person
des Richters war bestimmt, die Beysitzer waren
veränderlich, wie sie zur Beurtheilung einer jeden
Sache eben bey der Hand waren. Die collegia-
lische Gerichtsverfassung ist hernach erst mit Errich-
tung des noch jetzt bestehenden Cammergerichts in
Gang gekommen.

Mit dem heutigen Cammergerichte hatte übri-XI.
gens jenes Hofgericht noch dieses gemein, daß es
die kaiserliche Gerichtbarkeit doch nicht ganz unbe-
schränkt in allen und jeden Sachen auszuüben
hatte. Wo es Fürsten und anderen hohen Leu-
ten an ihren Leib, ihre Ehre, an ihr Recht, au
ihr Erbe, an ihr Lehn gieng; das behielt der
Kaiser sich vor selber zu richten. Nehmlich da
sollte das gewöhnliche Fürstenrecht unter des Kai-
sers eignem Vorsitze gehalten werden. (So soll
auch das Cammergericht nicht sprechen in Sachen
ganze Fürstenthümer und Grafschaften betreffend.
Vom Reichshofrathe ist von allem dem nichts
ausgenommen. Also kann eher das Cammerge-
richt, als der Reichshofrath in Beziehung auf jenes
Hofgericht gesetzt werden.)


Der
O 2

12) Friedrich der II. 1220-1235.
hohen Adel ſeyn mußten, weil ſie uͤber Perſonen
von eben dem Stande Urtheile ſprechen ſollten.
Die Urtheile durften ſie aber nicht nach eignem
Gutduͤnken ausſprechen, ſondern nach dem Aus-
ſpruche einer gewiſſen Zahl Urtheiler oder Beyſitzer,
die jedesmal dazu gezogen wurden. Darin war
bey der damaligen Einrichtung noch ein Unter-
ſchied von der jetzigen Gerichtsverfaſſung, da
man damals noch kein beſtaͤndiges Juſtitzcolle-
gium hatte, deſſen ſaͤmmtliche Mitglieder immer
einerley geweſen waͤren; ſondern nur die Perſon
des Richters war beſtimmt, die Beyſitzer waren
veraͤnderlich, wie ſie zur Beurtheilung einer jeden
Sache eben bey der Hand waren. Die collegia-
liſche Gerichtsverfaſſung iſt hernach erſt mit Errich-
tung des noch jetzt beſtehenden Cammergerichts in
Gang gekommen.

Mit dem heutigen Cammergerichte hatte uͤbri-XI.
gens jenes Hofgericht noch dieſes gemein, daß es
die kaiſerliche Gerichtbarkeit doch nicht ganz unbe-
ſchraͤnkt in allen und jeden Sachen auszuuͤben
hatte. Wo es Fuͤrſten und anderen hohen Leu-
ten an ihren Leib, ihre Ehre, an ihr Recht, au
ihr Erbe, an ihr Lehn gieng; das behielt der
Kaiſer ſich vor ſelber zu richten. Nehmlich da
ſollte das gewoͤhnliche Fuͤrſtenrecht unter des Kai-
ſers eignem Vorſitze gehalten werden. (So ſoll
auch das Cammergericht nicht ſprechen in Sachen
ganze Fuͤrſtenthuͤmer und Grafſchaften betreffend.
Vom Reichshofrathe iſt von allem dem nichts
ausgenommen. Alſo kann eher das Cammerge-
richt, als der Reichshofrath in Beziehung auf jenes
Hofgericht geſetzt werden.)


Der
O 2
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[211/0245] 12) Friedrich der II. 1220-1235. hohen Adel ſeyn mußten, weil ſie uͤber Perſonen von eben dem Stande Urtheile ſprechen ſollten. Die Urtheile durften ſie aber nicht nach eignem Gutduͤnken ausſprechen, ſondern nach dem Aus- ſpruche einer gewiſſen Zahl Urtheiler oder Beyſitzer, die jedesmal dazu gezogen wurden. Darin war bey der damaligen Einrichtung noch ein Unter- ſchied von der jetzigen Gerichtsverfaſſung, da man damals noch kein beſtaͤndiges Juſtitzcolle- gium hatte, deſſen ſaͤmmtliche Mitglieder immer einerley geweſen waͤren; ſondern nur die Perſon des Richters war beſtimmt, die Beyſitzer waren veraͤnderlich, wie ſie zur Beurtheilung einer jeden Sache eben bey der Hand waren. Die collegia- liſche Gerichtsverfaſſung iſt hernach erſt mit Errich- tung des noch jetzt beſtehenden Cammergerichts in Gang gekommen. Mit dem heutigen Cammergerichte hatte uͤbri- gens jenes Hofgericht noch dieſes gemein, daß es die kaiſerliche Gerichtbarkeit doch nicht ganz unbe- ſchraͤnkt in allen und jeden Sachen auszuuͤben hatte. Wo es Fuͤrſten und anderen hohen Leu- ten an ihren Leib, ihre Ehre, an ihr Recht, au ihr Erbe, an ihr Lehn gieng; das behielt der Kaiſer ſich vor ſelber zu richten. Nehmlich da ſollte das gewoͤhnliche Fuͤrſtenrecht unter des Kai- ſers eignem Vorſitze gehalten werden. (So ſoll auch das Cammergericht nicht ſprechen in Sachen ganze Fuͤrſtenthuͤmer und Grafſchaften betreffend. Vom Reichshofrathe iſt von allem dem nichts ausgenommen. Alſo kann eher das Cammerge- richt, als der Reichshofrath in Beziehung auf jenes Hofgericht geſetzt werden.) XI. Der O 2

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/245>, abgerufen am 23.11.2024.