Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

11) Fried. I.--II. 1152-1235.
entschlossene Gegner des päbstlichen Despotismus
geworden wären," kamen die Bettelmönche dem
päbstlichen Stuhle zu statten, da sie sich in die
theologische und philosophische Facultäten eindran-
gen, jede Facultätsstatute aber nur mit Vorbehalt
ihrer Ordensregel und des darin begriffenen Ge-
horsams gegen den Pabst beschworen, und dann
jedem Schlusse, der gegen eine päbstliche Usurpa-
tion gefasset werden sollte, sich mächtig widersetz-
ten (d). Das hatte aber auch bald auf den Zu-
stand der ganzen Gelehrsamkeit den Einfluß, daß
sie fast überall nur in casuistische Disputirsucht aus-
artete, hingegen Volksaberglaube von allen Gat-
tungen desto allgemeiner unterhalten wurde (e).

Nichts konnte dem allem noch einen größerenVII.
Nachdruck geben, als da vollends noch die In-
quisition
in Gang gebracht wurde, indem die
Dominicaner zu Tilgung der im südlichen Frank-
reich noch übrig gebliebenen Ketzereyen anfangs
den Auftrag erhielten, jeden Ketzer, den sie ver-
geblich zu bekehren suchten, der weltlichen Obrig-
keit zur Bestrafung anzuzeigen, und, da weder
das, noch ein bald hernach in jeder beträchtlichen
Stadt mit einem Prälaten und drey weltlichen
Personen besetztes eignes Inquisitionscollegium der
Sache ein Gnüge zu thun schien, endlich (1233.)
der Dominicanerorden selbst die unbeschränkte Macht
erhielt, überall Ketzer auszuspähen und ohne alle
Weitläuftigkeit eines gesetzmäßigen Verfahrens auf
den Scheiterhaufen zu bringen (f).


Noch
(d) Spittlers Kirchengesch. S. 309. u. f.
(e) Spittler eben das. S. 310.
(f) Spittler eben das. S. 311. u. f.
N 5

11) Fried. I.—II. 1152-1235.
entſchloſſene Gegner des paͤbſtlichen Deſpotiſmus
geworden waͤren,” kamen die Bettelmoͤnche dem
paͤbſtlichen Stuhle zu ſtatten, da ſie ſich in die
theologiſche und philoſophiſche Facultaͤten eindran-
gen, jede Facultaͤtsſtatute aber nur mit Vorbehalt
ihrer Ordensregel und des darin begriffenen Ge-
horſams gegen den Pabſt beſchworen, und dann
jedem Schluſſe, der gegen eine paͤbſtliche Uſurpa-
tion gefaſſet werden ſollte, ſich maͤchtig widerſetz-
ten (d). Das hatte aber auch bald auf den Zu-
ſtand der ganzen Gelehrſamkeit den Einfluß, daß
ſie faſt uͤberall nur in caſuiſtiſche Disputirſucht aus-
artete, hingegen Volksaberglaube von allen Gat-
tungen deſto allgemeiner unterhalten wurde (e).

Nichts konnte dem allem noch einen groͤßerenVII.
Nachdruck geben, als da vollends noch die In-
quiſition
in Gang gebracht wurde, indem die
Dominicaner zu Tilgung der im ſuͤdlichen Frank-
reich noch uͤbrig gebliebenen Ketzereyen anfangs
den Auftrag erhielten, jeden Ketzer, den ſie ver-
geblich zu bekehren ſuchten, der weltlichen Obrig-
keit zur Beſtrafung anzuzeigen, und, da weder
das, noch ein bald hernach in jeder betraͤchtlichen
Stadt mit einem Praͤlaten und drey weltlichen
Perſonen beſetztes eignes Inquiſitionscollegium der
Sache ein Gnuͤge zu thun ſchien, endlich (1233.)
der Dominicanerorden ſelbſt die unbeſchraͤnkte Macht
erhielt, uͤberall Ketzer auszuſpaͤhen und ohne alle
Weitlaͤuftigkeit eines geſetzmaͤßigen Verfahrens auf
den Scheiterhaufen zu bringen (f).


Noch
(d) Spittlers Kirchengeſch. S. 309. u. f.
(e) Spittler eben daſ. S. 310.
(f) Spittler eben daſ. S. 311. u. f.
N 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0235" n="201"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">11) Fried. <hi rendition="#aq">I.&#x2014;II.</hi> 1152-1235.</hi></fw><lb/>
ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Gegner des pa&#x0364;b&#x017F;tlichen De&#x017F;poti&#x017F;mus<lb/>
geworden wa&#x0364;ren,&#x201D; kamen die Bettelmo&#x0364;nche dem<lb/>
pa&#x0364;b&#x017F;tlichen Stuhle zu &#x017F;tatten, da &#x017F;ie &#x017F;ich in die<lb/>
theologi&#x017F;che und philo&#x017F;ophi&#x017F;che Faculta&#x0364;ten eindran-<lb/>
gen, jede Faculta&#x0364;ts&#x017F;tatute aber nur mit Vorbehalt<lb/>
ihrer Ordensregel und des darin begriffenen Ge-<lb/>
hor&#x017F;ams gegen den Pab&#x017F;t be&#x017F;chworen, und dann<lb/>
jedem Schlu&#x017F;&#x017F;e, der gegen eine pa&#x0364;b&#x017F;tliche U&#x017F;urpa-<lb/>
tion gefa&#x017F;&#x017F;et werden &#x017F;ollte, &#x017F;ich ma&#x0364;chtig wider&#x017F;etz-<lb/>
ten <note place="foot" n="(d)"><hi rendition="#fr">Spittlers</hi> Kirchenge&#x017F;ch. S. 309. u. f.</note>. Das hatte aber auch bald auf den Zu-<lb/>
&#x017F;tand der ganzen Gelehr&#x017F;amkeit den Einfluß, daß<lb/>
&#x017F;ie fa&#x017F;t u&#x0364;berall nur in ca&#x017F;ui&#x017F;ti&#x017F;che Disputir&#x017F;ucht aus-<lb/>
artete, hingegen Volksaberglaube von allen Gat-<lb/>
tungen de&#x017F;to allgemeiner unterhalten wurde <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#fr">Spittler</hi> eben da&#x017F;. S. 310.</note>.</p><lb/>
          <p>Nichts konnte dem allem noch einen gro&#x0364;ßeren<note place="right"><hi rendition="#aq">VII.</hi></note><lb/>
Nachdruck geben, als da vollends noch die <hi rendition="#fr">In-<lb/>
qui&#x017F;ition</hi> in Gang gebracht wurde, indem die<lb/>
Dominicaner zu Tilgung der im &#x017F;u&#x0364;dlichen Frank-<lb/>
reich noch u&#x0364;brig gebliebenen Ketzereyen anfangs<lb/>
den Auftrag erhielten, jeden Ketzer, den &#x017F;ie ver-<lb/>
geblich zu bekehren &#x017F;uchten, der weltlichen Obrig-<lb/>
keit zur Be&#x017F;trafung anzuzeigen, und, da weder<lb/>
das, noch ein bald hernach in jeder betra&#x0364;chtlichen<lb/>
Stadt mit einem Pra&#x0364;laten und drey weltlichen<lb/>
Per&#x017F;onen be&#x017F;etztes eignes Inqui&#x017F;itionscollegium der<lb/>
Sache ein Gnu&#x0364;ge zu thun &#x017F;chien, endlich (1233.)<lb/>
der Dominicanerorden &#x017F;elb&#x017F;t die unbe&#x017F;chra&#x0364;nkte Macht<lb/>
erhielt, u&#x0364;berall Ketzer auszu&#x017F;pa&#x0364;hen und ohne alle<lb/>
Weitla&#x0364;uftigkeit eines ge&#x017F;etzma&#x0364;ßigen Verfahrens auf<lb/>
den Scheiterhaufen zu bringen <note place="foot" n="(f)"><hi rendition="#fr">Spittler</hi> eben da&#x017F;. S. 311. u. f.</note>.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">N 5</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Noch</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[201/0235] 11) Fried. I.—II. 1152-1235. entſchloſſene Gegner des paͤbſtlichen Deſpotiſmus geworden waͤren,” kamen die Bettelmoͤnche dem paͤbſtlichen Stuhle zu ſtatten, da ſie ſich in die theologiſche und philoſophiſche Facultaͤten eindran- gen, jede Facultaͤtsſtatute aber nur mit Vorbehalt ihrer Ordensregel und des darin begriffenen Ge- horſams gegen den Pabſt beſchworen, und dann jedem Schluſſe, der gegen eine paͤbſtliche Uſurpa- tion gefaſſet werden ſollte, ſich maͤchtig widerſetz- ten (d). Das hatte aber auch bald auf den Zu- ſtand der ganzen Gelehrſamkeit den Einfluß, daß ſie faſt uͤberall nur in caſuiſtiſche Disputirſucht aus- artete, hingegen Volksaberglaube von allen Gat- tungen deſto allgemeiner unterhalten wurde (e). Nichts konnte dem allem noch einen groͤßeren Nachdruck geben, als da vollends noch die In- quiſition in Gang gebracht wurde, indem die Dominicaner zu Tilgung der im ſuͤdlichen Frank- reich noch uͤbrig gebliebenen Ketzereyen anfangs den Auftrag erhielten, jeden Ketzer, den ſie ver- geblich zu bekehren ſuchten, der weltlichen Obrig- keit zur Beſtrafung anzuzeigen, und, da weder das, noch ein bald hernach in jeder betraͤchtlichen Stadt mit einem Praͤlaten und drey weltlichen Perſonen beſetztes eignes Inquiſitionscollegium der Sache ein Gnuͤge zu thun ſchien, endlich (1233.) der Dominicanerorden ſelbſt die unbeſchraͤnkte Macht erhielt, uͤberall Ketzer auszuſpaͤhen und ohne alle Weitlaͤuftigkeit eines geſetzmaͤßigen Verfahrens auf den Scheiterhaufen zu bringen (f). VII. Noch (d) Spittlers Kirchengeſch. S. 309. u. f. (e) Spittler eben daſ. S. 310. (f) Spittler eben daſ. S. 311. u. f. N 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/235
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/235>, abgerufen am 03.05.2024.