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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
Klöster von den älteren Mönchsorden darin, daß
sie nicht Einöden und Waldungen oder unbearbei-
tetes Land, sondern gleich bewohnte Städte zu
ihrem Sitze wehlten.


VI.

Jeder Bettelorden bekam nun seinen General, der
zu Rom seinen Sitz hatte, durch den der päbstliche
Stuhl unmittelbar, wo er es gut fand, in allen
Ländern den wirksamsten Einfluß haben konnte; ohne
daß von den Verhältnissen, worin Bischöfe und be-
güterte Klöster wegen ihrer Güter gegen weltliche
Obrigkeiten standen, weiter einige Hindernisse zu
besorgen waren (c). Selbst bey Universitäten,
"welche sonst als geschlossene privilegirte Gesell-
schaften sich bald fühlen gelernt hätten, und bey der
glücklichen Unabhängigkeit, welche ihnen theils ihr
Ruf, theils die ganze Art ihrer Einkünfte sicherte,

ent-
zu den Klöstern und ihren Kirchen angelockt wur-
den. Zweytes Sendschreiben eines Laien über das
während der Jesuiter-Epoche ausgestreute Unkraut.
(Frkf. und Lpz. 1786.) S. 12.
(c) "Wollte von dieser Zeit an ein Pabst in
irgend einem Reiche Unruhen anrichten; wer war
ihm dazu geschickter, als diese Bettelmönche?
Kein anderer Geistlicher und kein anderer Mönch
kam so unter dem niedrigsten Volke und so weit
und breit herum, als Franciscaner und Dominica-
ner. Bischöfe und reiche Benedictinermönche konn-
ten bey so vielen liegenden Gründen, die sie hat-
ten, gegen die Gnade und Ungnade der Könige
nicht ganz gleichgültig seyn. Sie wagten es also
nicht, nach jeder Laune des Pabstes sich zu empö-
ren. Aber der Mönch, dessen ganzes Vermögen eine
braune Kutte oder ein Bettelsack war, konnte
nichts verliehren; er konnte trotzen, wie Diogenes
in seiner Tonne." Spittlers Kirchengesch. S. 309.

II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
Kloͤſter von den aͤlteren Moͤnchsorden darin, daß
ſie nicht Einoͤden und Waldungen oder unbearbei-
tetes Land, ſondern gleich bewohnte Staͤdte zu
ihrem Sitze wehlten.


VI.

Jeder Bettelorden bekam nun ſeinen General, der
zu Rom ſeinen Sitz hatte, durch den der paͤbſtliche
Stuhl unmittelbar, wo er es gut fand, in allen
Laͤndern den wirkſamſten Einfluß haben konnte; ohne
daß von den Verhaͤltniſſen, worin Biſchoͤfe und be-
guͤterte Kloͤſter wegen ihrer Guͤter gegen weltliche
Obrigkeiten ſtanden, weiter einige Hinderniſſe zu
beſorgen waren (c). Selbſt bey Univerſitaͤten,
“welche ſonſt als geſchloſſene privilegirte Geſell-
ſchaften ſich bald fuͤhlen gelernt haͤtten, und bey der
gluͤcklichen Unabhaͤngigkeit, welche ihnen theils ihr
Ruf, theils die ganze Art ihrer Einkuͤnfte ſicherte,

ent-
zu den Kloͤſtern und ihren Kirchen angelockt wur-
den. Zweytes Sendſchreiben eines Laien uͤber das
waͤhrend der Jeſuiter-Epoche ausgeſtreute Unkraut.
(Frkf. und Lpz. 1786.) S. 12.
(c) “Wollte von dieſer Zeit an ein Pabſt in
irgend einem Reiche Unruhen anrichten; wer war
ihm dazu geſchickter, als dieſe Bettelmoͤnche?
Kein anderer Geiſtlicher und kein anderer Moͤnch
kam ſo unter dem niedrigſten Volke und ſo weit
und breit herum, als Franciſcaner und Dominica-
ner. Biſchoͤfe und reiche Benedictinermoͤnche konn-
ten bey ſo vielen liegenden Gruͤnden, die ſie hat-
ten, gegen die Gnade und Ungnade der Koͤnige
nicht ganz gleichguͤltig ſeyn. Sie wagten es alſo
nicht, nach jeder Laune des Pabſtes ſich zu empoͤ-
ren. Aber der Moͤnch, deſſen ganzes Vermoͤgen eine
braune Kutte oder ein Bettelſack war, konnte
nichts verliehren; er konnte trotzen, wie Diogenes
in ſeiner Tonne.” Spittlers Kirchengeſch. S. 309.
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[200/0234] II. Mittlere Zeiten a) 888-1235. Kloͤſter von den aͤlteren Moͤnchsorden darin, daß ſie nicht Einoͤden und Waldungen oder unbearbei- tetes Land, ſondern gleich bewohnte Staͤdte zu ihrem Sitze wehlten. Jeder Bettelorden bekam nun ſeinen General, der zu Rom ſeinen Sitz hatte, durch den der paͤbſtliche Stuhl unmittelbar, wo er es gut fand, in allen Laͤndern den wirkſamſten Einfluß haben konnte; ohne daß von den Verhaͤltniſſen, worin Biſchoͤfe und be- guͤterte Kloͤſter wegen ihrer Guͤter gegen weltliche Obrigkeiten ſtanden, weiter einige Hinderniſſe zu beſorgen waren (c). Selbſt bey Univerſitaͤten, “welche ſonſt als geſchloſſene privilegirte Geſell- ſchaften ſich bald fuͤhlen gelernt haͤtten, und bey der gluͤcklichen Unabhaͤngigkeit, welche ihnen theils ihr Ruf, theils die ganze Art ihrer Einkuͤnfte ſicherte, ent- (b) (c) “Wollte von dieſer Zeit an ein Pabſt in irgend einem Reiche Unruhen anrichten; wer war ihm dazu geſchickter, als dieſe Bettelmoͤnche? Kein anderer Geiſtlicher und kein anderer Moͤnch kam ſo unter dem niedrigſten Volke und ſo weit und breit herum, als Franciſcaner und Dominica- ner. Biſchoͤfe und reiche Benedictinermoͤnche konn- ten bey ſo vielen liegenden Gruͤnden, die ſie hat- ten, gegen die Gnade und Ungnade der Koͤnige nicht ganz gleichguͤltig ſeyn. Sie wagten es alſo nicht, nach jeder Laune des Pabſtes ſich zu empoͤ- ren. Aber der Moͤnch, deſſen ganzes Vermoͤgen eine braune Kutte oder ein Bettelſack war, konnte nichts verliehren; er konnte trotzen, wie Diogenes in ſeiner Tonne.” Spittlers Kirchengeſch. S. 309. (b) zu den Kloͤſtern und ihren Kirchen angelockt wur- den. Zweytes Sendſchreiben eines Laien uͤber das waͤhrend der Jeſuiter-Epoche ausgeſtreute Unkraut. (Frkf. und Lpz. 1786.) S. 12.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/234>, abgerufen am 24.11.2024.