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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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11) Fried. I.--II. 1125-1235.
indem er den Waldensern alle öffentliche Uebung
gestattete. Dawider ließ nun Innocenz der III.
nicht nur seine Bannflüche ergehen, sondern auch
das Kreuz, wie bisher gegen Türken und Ungläu-
bige geschehen war, predigen, und zwar mit sol-
chem Erfolge, daß Simon Graf von Montfort
(1215.) mit einem Kriegsheere von 500. tausend
Mann sich der ganzen Grafschaft bemächtigte.

Sehr gelegen kamen um diese Zeit zwey Stif-IV.
ter neuer Mönchsorden, die nicht, wie die bis-
herigen Mönchsgesellschaften, Andachtsübungen
nur zu eigner höherer Vollkommenheit, sondern
vielmehr Thätigkeit unter dem Volke mit Predi-
gen, Unterweisen und Ketzerbekehren zu ihrer
Hauptabsicht nahmen (x). Den bisherigen Mön-
chen schien selbst der Reichthum an liegenden Grün-
den und Einkünften, womit bald jede Stiftung
überhäuft wurde, ihre Betriebsamkeit unter dem
Volke zu benehmen. Beide Stifter dieser neuen
Orden, der eine, ein vornehmer Spanier, Domi-
nicus Guzmann, der andere, eines Italiänischen
Kaufmanns Sohn Franz von Assissi, die beynahe
zu gleicher Zeit von einerley enthusiastischem Triebe
belebt wurden, machten sich und ihren Ordensbrü-
dern es zur Pflicht ihren Unterhalt nur zu erbet-
teln. Ein Kloster von dieser Art zu stiften, wur-
de also weiter nichts erfordert, als nur für den
Bau des Klosters und der Kirche zu sorgen. So
gab Innocenz gern seine Einwilligung zur Errich-
tung dieser beiden Orden, der Dominicaner oder
Prediger, und der Franciscaner, oder wie sie
sich hernach aus Demuth nannten, der Minori-

ten
(x) Spittlers Kirchengesch. (Aufl. 2.) S. 307.
N 3

11) Fried. I.—II. 1125-1235.
indem er den Waldenſern alle oͤffentliche Uebung
geſtattete. Dawider ließ nun Innocenz der III.
nicht nur ſeine Bannfluͤche ergehen, ſondern auch
das Kreuz, wie bisher gegen Tuͤrken und Unglaͤu-
bige geſchehen war, predigen, und zwar mit ſol-
chem Erfolge, daß Simon Graf von Montfort
(1215.) mit einem Kriegsheere von 500. tauſend
Mann ſich der ganzen Grafſchaft bemaͤchtigte.

Sehr gelegen kamen um dieſe Zeit zwey Stif-IV.
ter neuer Moͤnchsorden, die nicht, wie die bis-
herigen Moͤnchsgeſellſchaften, Andachtsuͤbungen
nur zu eigner hoͤherer Vollkommenheit, ſondern
vielmehr Thaͤtigkeit unter dem Volke mit Predi-
gen, Unterweiſen und Ketzerbekehren zu ihrer
Hauptabſicht nahmen (x). Den bisherigen Moͤn-
chen ſchien ſelbſt der Reichthum an liegenden Gruͤn-
den und Einkuͤnften, womit bald jede Stiftung
uͤberhaͤuft wurde, ihre Betriebſamkeit unter dem
Volke zu benehmen. Beide Stifter dieſer neuen
Orden, der eine, ein vornehmer Spanier, Domi-
nicus Guzmann, der andere, eines Italiaͤniſchen
Kaufmanns Sohn Franz von Aſſiſſi, die beynahe
zu gleicher Zeit von einerley enthuſiaſtiſchem Triebe
belebt wurden, machten ſich und ihren Ordensbruͤ-
dern es zur Pflicht ihren Unterhalt nur zu erbet-
teln. Ein Kloſter von dieſer Art zu ſtiften, wur-
de alſo weiter nichts erfordert, als nur fuͤr den
Bau des Kloſters und der Kirche zu ſorgen. So
gab Innocenz gern ſeine Einwilligung zur Errich-
tung dieſer beiden Orden, der Dominicaner oder
Prediger, und der Franciſcaner, oder wie ſie
ſich hernach aus Demuth nannten, der Minori-

ten
(x) Spittlers Kirchengeſch. (Aufl. 2.) S. 307.
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[197/0231] 11) Fried. I.—II. 1125-1235. indem er den Waldenſern alle oͤffentliche Uebung geſtattete. Dawider ließ nun Innocenz der III. nicht nur ſeine Bannfluͤche ergehen, ſondern auch das Kreuz, wie bisher gegen Tuͤrken und Unglaͤu- bige geſchehen war, predigen, und zwar mit ſol- chem Erfolge, daß Simon Graf von Montfort (1215.) mit einem Kriegsheere von 500. tauſend Mann ſich der ganzen Grafſchaft bemaͤchtigte. Sehr gelegen kamen um dieſe Zeit zwey Stif- ter neuer Moͤnchsorden, die nicht, wie die bis- herigen Moͤnchsgeſellſchaften, Andachtsuͤbungen nur zu eigner hoͤherer Vollkommenheit, ſondern vielmehr Thaͤtigkeit unter dem Volke mit Predi- gen, Unterweiſen und Ketzerbekehren zu ihrer Hauptabſicht nahmen (x). Den bisherigen Moͤn- chen ſchien ſelbſt der Reichthum an liegenden Gruͤn- den und Einkuͤnften, womit bald jede Stiftung uͤberhaͤuft wurde, ihre Betriebſamkeit unter dem Volke zu benehmen. Beide Stifter dieſer neuen Orden, der eine, ein vornehmer Spanier, Domi- nicus Guzmann, der andere, eines Italiaͤniſchen Kaufmanns Sohn Franz von Aſſiſſi, die beynahe zu gleicher Zeit von einerley enthuſiaſtiſchem Triebe belebt wurden, machten ſich und ihren Ordensbruͤ- dern es zur Pflicht ihren Unterhalt nur zu erbet- teln. Ein Kloſter von dieſer Art zu ſtiften, wur- de alſo weiter nichts erfordert, als nur fuͤr den Bau des Kloſters und der Kirche zu ſorgen. So gab Innocenz gern ſeine Einwilligung zur Errich- tung dieſer beiden Orden, der Dominicaner oder Prediger, und der Franciſcaner, oder wie ſie ſich hernach aus Demuth nannten, der Minori- ten IV. (x) Spittlers Kirchengeſch. (Aufl. 2.) S. 307. N 3

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/231>, abgerufen am 24.11.2024.