Stelle gewehlte König Conrad derI. nach einer nur sechsjährigen Regierung unbeerbt abgieng 918(+ 918. Dec. 23.); so mußte noch einmal eine freye Wahl geschehen, bis erst mit dem nunmehr 919erwehlten Henrich dem I. ein neuer regierender Stamm von Sächsischer Herkunft wieder etwas mehr Festigkeit erhielt.
VI.
Schon diese Umstände, da in einer Zeit von 32. Jahren vier Könige auf einander folgten, de- ren jeder seine Thronbesteigung einer freyen Wahl zu danken hatte, worunter überdies ein minder- jähriger war, und dem einen nur Ruhe, dem an- dern das Glück fehlte, -- diese Umstände zusam- mengenommen machten, daß der Zeitraum nach dem Sturz Carls des Dicken gewiß nicht der be- quemste war, um das herstellen zu können, was seit Carls des Großen Zeiten einen Verfall in sei- ner Monarchie schon so merklich gemacht hatte. Es traten vielmehr noch manche Umstände hinzu, die das Uebel noch ärger machen halfen.
VII.
Dem geistlichen Stande verschafften die Isido- rischen Grundsätze bald merklich immer größere Vor- theile, bald in königlichen Befreyungen von her- zoglichen oder gräflichen Rechten, bald in ausser- ordentlichen Gnadenverleihungen, bald in beträcht- lichen Schenkungen von allerley Gattungen. Eben damit wuchs aber auch die Eifersucht der weltli- chen über die geistlichen Herren zusehends. Dar- über brachen oft namhafte Befehdungen aus, die zwar noch von Zeit zu Zeit selbst durch Todesstra- fen, die der König mit Fürstenrecht darauf er- kannte, geahndet wurden; aber ohne daß doch das
zuneh-
II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
Stelle gewehlte Koͤnig Conrad derI. nach einer nur ſechsjaͤhrigen Regierung unbeerbt abgieng 918(† 918. Dec. 23.); ſo mußte noch einmal eine freye Wahl geſchehen, bis erſt mit dem nunmehr 919erwehlten Henrich dem I. ein neuer regierender Stamm von Saͤchſiſcher Herkunft wieder etwas mehr Feſtigkeit erhielt.
VI.
Schon dieſe Umſtaͤnde, da in einer Zeit von 32. Jahren vier Koͤnige auf einander folgten, de- ren jeder ſeine Thronbeſteigung einer freyen Wahl zu danken hatte, worunter uͤberdies ein minder- jaͤhriger war, und dem einen nur Ruhe, dem an- dern das Gluͤck fehlte, — dieſe Umſtaͤnde zuſam- mengenommen machten, daß der Zeitraum nach dem Sturz Carls des Dicken gewiß nicht der be- quemſte war, um das herſtellen zu koͤnnen, was ſeit Carls des Großen Zeiten einen Verfall in ſei- ner Monarchie ſchon ſo merklich gemacht hatte. Es traten vielmehr noch manche Umſtaͤnde hinzu, die das Uebel noch aͤrger machen halfen.
VII.
Dem geiſtlichen Stande verſchafften die Iſido- riſchen Grundſaͤtze bald merklich immer groͤßere Vor- theile, bald in koͤniglichen Befreyungen von her- zoglichen oder graͤflichen Rechten, bald in auſſer- ordentlichen Gnadenverleihungen, bald in betraͤcht- lichen Schenkungen von allerley Gattungen. Eben damit wuchs aber auch die Eiferſucht der weltli- chen uͤber die geiſtlichen Herren zuſehends. Dar- uͤber brachen oft namhafte Befehdungen aus, die zwar noch von Zeit zu Zeit ſelbſt durch Todesſtra- fen, die der Koͤnig mit Fuͤrſtenrecht darauf er- kannte, geahndet wurden; aber ohne daß doch das
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II. Mittlere Zeiten a) 888-1235.
Stelle gewehlte Koͤnig Conrad der I. nach einer
nur ſechsjaͤhrigen Regierung unbeerbt abgieng
(† 918. Dec. 23.); ſo mußte noch einmal eine
freye Wahl geſchehen, bis erſt mit dem nunmehr
erwehlten Henrich dem I. ein neuer regierender
Stamm von Saͤchſiſcher Herkunft wieder etwas
mehr Feſtigkeit erhielt.
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Schon dieſe Umſtaͤnde, da in einer Zeit von
32. Jahren vier Koͤnige auf einander folgten, de-
ren jeder ſeine Thronbeſteigung einer freyen Wahl
zu danken hatte, worunter uͤberdies ein minder-
jaͤhriger war, und dem einen nur Ruhe, dem an-
dern das Gluͤck fehlte, — dieſe Umſtaͤnde zuſam-
mengenommen machten, daß der Zeitraum nach
dem Sturz Carls des Dicken gewiß nicht der be-
quemſte war, um das herſtellen zu koͤnnen, was
ſeit Carls des Großen Zeiten einen Verfall in ſei-
ner Monarchie ſchon ſo merklich gemacht hatte. Es
traten vielmehr noch manche Umſtaͤnde hinzu, die
das Uebel noch aͤrger machen halfen.
Dem geiſtlichen Stande verſchafften die Iſido-
riſchen Grundſaͤtze bald merklich immer groͤßere Vor-
theile, bald in koͤniglichen Befreyungen von her-
zoglichen oder graͤflichen Rechten, bald in auſſer-
ordentlichen Gnadenverleihungen, bald in betraͤcht-
lichen Schenkungen von allerley Gattungen. Eben
damit wuchs aber auch die Eiferſucht der weltli-
chen uͤber die geiſtlichen Herren zuſehends. Dar-
uͤber brachen oft namhafte Befehdungen aus, die
zwar noch von Zeit zu Zeit ſelbſt durch Todesſtra-
fen, die der Koͤnig mit Fuͤrſtenrecht darauf er-
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/136>, abgerufen am 23.11.2024.
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