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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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tete, wenn gleich der Mohr solcher alles hingebenden
Liebe schrecklich lohnt.

Ehe ich zur Vorstellung selbst übergehe, laß mich
ein paar allgemeine Bemerkungen vorausschicken.

Man streitet fortwährend bei uns, ob man
Shakspeare in wörtlicher, oder freier Uebersetz-
ung, oder gar freier Umarbeitung geben solle.
Ich würde mich für das zweite, nämlich die freie
Uebersetzung, entscheiden, vorausgesetzt, daß die Frei-
heit dieser sich nur darauf beschränkte, im Geiste
deutscher Sprache mit völliger Ungezwungenheit sich
zu bewegen, wenn auch dadurch hie und da ein
Wort- oder Witzspiel auffallen müßte. Am Gange
des Stücks aber bedeutend zu ändern, Scenen ganz
wegzulassen, Shakspeare ganz fremde Worte und
Ideen zu leihen, kann ihn nur verstümmeln, selbst
wenn der größte Dichter es unternähme. Man sagt,
Shakespeare wäre besser zu lesen als zu sehen, und
könne besonders in wörtlichen Uebersetzungen nicht
aufgeführt werden, ohne uns dadurch wieder in die
Kindheit der dramatischen Kunst zu versetzen, wobei
man zugleich behauptet, daß die theatralischen Vor-
stellungen zu Shakspeare's Zeit nur dialogisirten
Mährchen im Costume geglichen hätten. Ich will die
Genauigkeit dieser Angabe dahin gestellt seyn lassen,
aber so viel weiß ich, daß die Aufführung von Ro-
meo und Julie, Macbeth, Hamlet, Othello, auf dem
heutigen englischen Theater, welche Stücke alle doch
nur mit geringen Auslassungen gegeben werden, und

tete, wenn gleich der Mohr ſolcher alles hingebenden
Liebe ſchrecklich lohnt.

Ehe ich zur Vorſtellung ſelbſt übergehe, laß mich
ein paar allgemeine Bemerkungen vorausſchicken.

Man ſtreitet fortwährend bei uns, ob man
Shakspeare in wörtlicher, oder freier Ueberſetz-
ung, oder gar freier Umarbeitung geben ſolle.
Ich würde mich für das zweite, nämlich die freie
Ueberſetzung, entſcheiden, vorausgeſetzt, daß die Frei-
heit dieſer ſich nur darauf beſchränkte, im Geiſte
deutſcher Sprache mit völliger Ungezwungenheit ſich
zu bewegen, wenn auch dadurch hie und da ein
Wort- oder Witzſpiel auffallen müßte. Am Gange
des Stücks aber bedeutend zu ändern, Scenen ganz
wegzulaſſen, Shakspeare ganz fremde Worte und
Ideen zu leihen, kann ihn nur verſtümmeln, ſelbſt
wenn der größte Dichter es unternähme. Man ſagt,
Shakespeare wäre beſſer zu leſen als zu ſehen, und
könne beſonders in wörtlichen Ueberſetzungen nicht
aufgeführt werden, ohne uns dadurch wieder in die
Kindheit der dramatiſchen Kunſt zu verſetzen, wobei
man zugleich behauptet, daß die theatraliſchen Vor-
ſtellungen zu Shakspeare’s Zeit nur dialogiſirten
Mährchen im Coſtume geglichen hätten. Ich will die
Genauigkeit dieſer Angabe dahin geſtellt ſeyn laſſen,
aber ſo viel weiß ich, daß die Aufführung von Ro-
meo und Julie, Macbeth, Hamlet, Othello, auf dem
heutigen engliſchen Theater, welche Stücke alle doch
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[336/0354] tete, wenn gleich der Mohr ſolcher alles hingebenden Liebe ſchrecklich lohnt. Ehe ich zur Vorſtellung ſelbſt übergehe, laß mich ein paar allgemeine Bemerkungen vorausſchicken. Man ſtreitet fortwährend bei uns, ob man Shakspeare in wörtlicher, oder freier Ueberſetz- ung, oder gar freier Umarbeitung geben ſolle. Ich würde mich für das zweite, nämlich die freie Ueberſetzung, entſcheiden, vorausgeſetzt, daß die Frei- heit dieſer ſich nur darauf beſchränkte, im Geiſte deutſcher Sprache mit völliger Ungezwungenheit ſich zu bewegen, wenn auch dadurch hie und da ein Wort- oder Witzſpiel auffallen müßte. Am Gange des Stücks aber bedeutend zu ändern, Scenen ganz wegzulaſſen, Shakspeare ganz fremde Worte und Ideen zu leihen, kann ihn nur verſtümmeln, ſelbſt wenn der größte Dichter es unternähme. Man ſagt, Shakespeare wäre beſſer zu leſen als zu ſehen, und könne beſonders in wörtlichen Ueberſetzungen nicht aufgeführt werden, ohne uns dadurch wieder in die Kindheit der dramatiſchen Kunſt zu verſetzen, wobei man zugleich behauptet, daß die theatraliſchen Vor- ſtellungen zu Shakspeare’s Zeit nur dialogiſirten Mährchen im Coſtume geglichen hätten. Ich will die Genauigkeit dieſer Angabe dahin geſtellt ſeyn laſſen, aber ſo viel weiß ich, daß die Aufführung von Ro- meo und Julie, Macbeth, Hamlet, Othello, auf dem heutigen engliſchen Theater, welche Stücke alle doch nur mit geringen Auslaſſungen gegeben werden, und

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/354>, abgerufen am 24.11.2024.