Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Nie, äußerte er beiläufig, habe er sich jener lu-
xurieusen Haarzierden zu erfreuen gehabt, mit denen
man ihn so reichlich auszustatten pflege, und daher
oft selbst über die Carrikaturen lachen müsse, die er
in den Kaufläden von sich erblickt.

Ausser ihm waren in der Gesellschaft noch zwei
andere merkwürdige Spanier gegenwärtig. Arguel-
les, Minister unter dem constitutionellen Regime
und einer der ersten Volksredner in Spanien, ein
Mann von gewinnendem Aeussern und feinen Ma-
nieren, und der General Valdez, Commandant von
Cadix während der letzten Belagerung. Er führte
auf seinem Admiralschiff (denn er war auch Admiral
und zwar der Aelteste in der Marine) Ferdinand den
Vielgeliebten in das französische Lager. Obgleich der
König, wie er erzählte, ihn vorher und während der
Ueberfahrt mit Liebkosungen überhäuft, vielfach sei-
nen Dank für die ihm in Cadix wiederfahrne gute
Behandlung ausgedrückt, und viel Versprechungen
für die Zukunft gemacht, so wäre doch für den ar-
men Valdez das schlimmste Loos bestimmt gewesen.
"So wie der König das Schiff verließ," fuhr Valdez
fort, "änderte sich sein Betragen plötzlich, und sich
endlich sicher wissend, warf er zu früh einen durch-
bohrenden Blick des Triumphs und einer lange zu-
rückgehaltenen Wuth auf mich. Ich kannte diesen
Blick und entschloß mich schnell. Ohne mich länger
zu besinnen noch zu beurlauben, sprang ich augen-
blicklich zurück auf das Schiff, befahl es schnell um-
zuwenden, und eilte mit vollen Segeln Cadix wieder

Nie, äußerte er beiläufig, habe er ſich jener lu-
xurieuſen Haarzierden zu erfreuen gehabt, mit denen
man ihn ſo reichlich auszuſtatten pflege, und daher
oft ſelbſt über die Carrikaturen lachen müſſe, die er
in den Kaufläden von ſich erblickt.

Auſſer ihm waren in der Geſellſchaft noch zwei
andere merkwürdige Spanier gegenwärtig. Arguel-
les, Miniſter unter dem conſtitutionellen Regime
und einer der erſten Volksredner in Spanien, ein
Mann von gewinnendem Aeuſſern und feinen Ma-
nieren, und der General Valdez, Commandant von
Cadix während der letzten Belagerung. Er führte
auf ſeinem Admiralſchiff (denn er war auch Admiral
und zwar der Aelteſte in der Marine) Ferdinand den
Vielgeliebten in das franzöſiſche Lager. Obgleich der
König, wie er erzählte, ihn vorher und während der
Ueberfahrt mit Liebkoſungen überhäuft, vielfach ſei-
nen Dank für die ihm in Cadix wiederfahrne gute
Behandlung ausgedrückt, und viel Verſprechungen
für die Zukunft gemacht, ſo wäre doch für den ar-
men Valdez das ſchlimmſte Loos beſtimmt geweſen.
„So wie der König das Schiff verließ,“ fuhr Valdez
fort, „änderte ſich ſein Betragen plötzlich, und ſich
endlich ſicher wiſſend, warf er zu früh einen durch-
bohrenden Blick des Triumphs und einer lange zu-
rückgehaltenen Wuth auf mich. Ich kannte dieſen
Blick und entſchloß mich ſchnell. Ohne mich länger
zu beſinnen noch zu beurlauben, ſprang ich augen-
blicklich zurück auf das Schiff, befahl es ſchnell um-
zuwenden, und eilte mit vollen Segeln Cadix wieder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0352" n="334"/>
Nie, äußerte er beiläufig, habe er &#x017F;ich jener lu-<lb/>
xurieu&#x017F;en Haarzierden zu erfreuen gehabt, mit denen<lb/>
man ihn &#x017F;o reichlich auszu&#x017F;tatten pflege, und daher<lb/>
oft &#x017F;elb&#x017F;t über die Carrikaturen lachen mü&#x017F;&#x017F;e, die er<lb/>
in den Kaufläden von &#x017F;ich erblickt.</p><lb/>
          <p>Au&#x017F;&#x017F;er ihm waren in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft noch zwei<lb/>
andere merkwürdige Spanier gegenwärtig. Arguel-<lb/>
les, Mini&#x017F;ter unter dem con&#x017F;titutionellen Regime<lb/>
und einer der er&#x017F;ten Volksredner in Spanien, ein<lb/>
Mann von gewinnendem Aeu&#x017F;&#x017F;ern und feinen Ma-<lb/>
nieren, und der General Valdez, Commandant von<lb/>
Cadix während der letzten Belagerung. Er führte<lb/>
auf &#x017F;einem Admiral&#x017F;chiff (denn er war auch Admiral<lb/>
und zwar der Aelte&#x017F;te in der Marine) Ferdinand den<lb/>
Vielgeliebten in das franzö&#x017F;i&#x017F;che Lager. Obgleich der<lb/>
König, wie er erzählte, ihn vorher und während der<lb/>
Ueberfahrt mit Liebko&#x017F;ungen überhäuft, vielfach &#x017F;ei-<lb/>
nen Dank für die ihm in Cadix wiederfahrne gute<lb/>
Behandlung ausgedrückt, und viel Ver&#x017F;prechungen<lb/>
für die Zukunft gemacht, &#x017F;o wäre doch für den ar-<lb/>
men Valdez das &#x017F;chlimm&#x017F;te Loos be&#x017F;timmt gewe&#x017F;en.<lb/>
&#x201E;So wie der König das Schiff verließ,&#x201C; fuhr Valdez<lb/>
fort, &#x201E;änderte &#x017F;ich &#x017F;ein Betragen plötzlich, und &#x017F;ich<lb/>
endlich &#x017F;icher wi&#x017F;&#x017F;end, warf er zu früh einen durch-<lb/>
bohrenden Blick des Triumphs und einer lange zu-<lb/>
rückgehaltenen Wuth auf mich. Ich kannte die&#x017F;en<lb/>
Blick und ent&#x017F;chloß mich &#x017F;chnell. Ohne mich länger<lb/>
zu be&#x017F;innen noch zu beurlauben, &#x017F;prang ich augen-<lb/>
blicklich zurück auf das Schiff, befahl es &#x017F;chnell um-<lb/>
zuwenden, und eilte mit vollen Segeln Cadix wieder<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[334/0352] Nie, äußerte er beiläufig, habe er ſich jener lu- xurieuſen Haarzierden zu erfreuen gehabt, mit denen man ihn ſo reichlich auszuſtatten pflege, und daher oft ſelbſt über die Carrikaturen lachen müſſe, die er in den Kaufläden von ſich erblickt. Auſſer ihm waren in der Geſellſchaft noch zwei andere merkwürdige Spanier gegenwärtig. Arguel- les, Miniſter unter dem conſtitutionellen Regime und einer der erſten Volksredner in Spanien, ein Mann von gewinnendem Aeuſſern und feinen Ma- nieren, und der General Valdez, Commandant von Cadix während der letzten Belagerung. Er führte auf ſeinem Admiralſchiff (denn er war auch Admiral und zwar der Aelteſte in der Marine) Ferdinand den Vielgeliebten in das franzöſiſche Lager. Obgleich der König, wie er erzählte, ihn vorher und während der Ueberfahrt mit Liebkoſungen überhäuft, vielfach ſei- nen Dank für die ihm in Cadix wiederfahrne gute Behandlung ausgedrückt, und viel Verſprechungen für die Zukunft gemacht, ſo wäre doch für den ar- men Valdez das ſchlimmſte Loos beſtimmt geweſen. „So wie der König das Schiff verließ,“ fuhr Valdez fort, „änderte ſich ſein Betragen plötzlich, und ſich endlich ſicher wiſſend, warf er zu früh einen durch- bohrenden Blick des Triumphs und einer lange zu- rückgehaltenen Wuth auf mich. Ich kannte dieſen Blick und entſchloß mich ſchnell. Ohne mich länger zu beſinnen noch zu beurlauben, ſprang ich augen- blicklich zurück auf das Schiff, befahl es ſchnell um- zuwenden, und eilte mit vollen Segeln Cadix wieder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/352
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/352>, abgerufen am 22.05.2024.