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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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und jedes kleine Uebel für höchst gefährlich ansehen
und fürchten, in der Regel von dem Augenblick an,
wo sich bei ihnen ein wirkliches organisches Uebel bil-
det, ganz von selbst ihren Zustand als leicht und un-
bedenklich anzusehen anfangen, und während sie vor-
her den Arzt mit Hererzählung aller Symptome ihrer
Uebel ermüdeten, nun beinahe gezwungen werden
müssen, ihm genügende Information zu geben, und
anstatt ihn zurückzuhalten, eben so froh als er selbst
scheinen, wenn die Conferenz zu Ende ist. Eben so
gibt sich die Furcht; und ich habe Viele gesehen, die,
nachdem sie früher Stunden lang durch das Oeffnen
eines Fensters beunruhigt worden waren, die Ankün-
digung eines unvermeidlichen und nicht fernen Todes
mit der größten Seelenruhe anhörten. Viel thut der
Wille."

"Der Dyspepsiker oder Nervenschwache muß fest
entschlossen seyn, von jedem ersten drohenden Gefühle
von Unzufriedenheit und Trauer entweder durch Zer-
streuung wegzulaufen oder es determinirt zu be-
kämpfen
. Das Annähern der hypochondrischen Muth-
losigkeit kann oft noch unterwegs zurückgedrängt wer-
den, wenn man vom ersten Augenblick an es ernst-
lich versucht. Ich will gut seyn, sagt das Kind,
wenn es die Ruthe im Begriff sieht, ihm den Wil-
len
zum Guten zu geben -- und ich will heiter
seyn, muß der Dyspepsiker sagen, wenn ihm die
schlimmere Ruthe der Hypochondrie droht. Es ist
ohne Zweifel leichter zu rathen als zu thun, vorzu-
schreiben als zu folgen; aber das weiß ich aus eigner

und jedes kleine Uebel für höchſt gefährlich anſehen
und fürchten, in der Regel von dem Augenblick an,
wo ſich bei ihnen ein wirkliches organiſches Uebel bil-
det, ganz von ſelbſt ihren Zuſtand als leicht und un-
bedenklich anzuſehen anfangen, und während ſie vor-
her den Arzt mit Hererzählung aller Symptome ihrer
Uebel ermüdeten, nun beinahe gezwungen werden
müſſen, ihm genügende Information zu geben, und
anſtatt ihn zurückzuhalten, eben ſo froh als er ſelbſt
ſcheinen, wenn die Conferenz zu Ende iſt. Eben ſo
gibt ſich die Furcht; und ich habe Viele geſehen, die,
nachdem ſie früher Stunden lang durch das Oeffnen
eines Fenſters beunruhigt worden waren, die Ankün-
digung eines unvermeidlichen und nicht fernen Todes
mit der größten Seelenruhe anhörten. Viel thut der
Wille.“

„Der Dyspepſiker oder Nervenſchwache muß feſt
entſchloſſen ſeyn, von jedem erſten drohenden Gefühle
von Unzufriedenheit und Trauer entweder durch Zer-
ſtreuung wegzulaufen oder es determinirt zu be-
kämpfen
. Das Annähern der hypochondriſchen Muth-
loſigkeit kann oft noch unterwegs zurückgedrängt wer-
den, wenn man vom erſten Augenblick an es ernſt-
lich verſucht. Ich will gut ſeyn, ſagt das Kind,
wenn es die Ruthe im Begriff ſieht, ihm den Wil-
len
zum Guten zu geben — und ich will heiter
ſeyn, muß der Dyspepſiker ſagen, wenn ihm die
ſchlimmere Ruthe der Hypochondrie droht. Es iſt
ohne Zweifel leichter zu rathen als zu thun, vorzu-
ſchreiben als zu folgen; aber das weiß ich aus eigner

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[267/0283] und jedes kleine Uebel für höchſt gefährlich anſehen und fürchten, in der Regel von dem Augenblick an, wo ſich bei ihnen ein wirkliches organiſches Uebel bil- det, ganz von ſelbſt ihren Zuſtand als leicht und un- bedenklich anzuſehen anfangen, und während ſie vor- her den Arzt mit Hererzählung aller Symptome ihrer Uebel ermüdeten, nun beinahe gezwungen werden müſſen, ihm genügende Information zu geben, und anſtatt ihn zurückzuhalten, eben ſo froh als er ſelbſt ſcheinen, wenn die Conferenz zu Ende iſt. Eben ſo gibt ſich die Furcht; und ich habe Viele geſehen, die, nachdem ſie früher Stunden lang durch das Oeffnen eines Fenſters beunruhigt worden waren, die Ankün- digung eines unvermeidlichen und nicht fernen Todes mit der größten Seelenruhe anhörten. Viel thut der Wille.“ „Der Dyspepſiker oder Nervenſchwache muß feſt entſchloſſen ſeyn, von jedem erſten drohenden Gefühle von Unzufriedenheit und Trauer entweder durch Zer- ſtreuung wegzulaufen oder es determinirt zu be- kämpfen. Das Annähern der hypochondriſchen Muth- loſigkeit kann oft noch unterwegs zurückgedrängt wer- den, wenn man vom erſten Augenblick an es ernſt- lich verſucht. Ich will gut ſeyn, ſagt das Kind, wenn es die Ruthe im Begriff ſieht, ihm den Wil- len zum Guten zu geben — und ich will heiter ſeyn, muß der Dyspepſiker ſagen, wenn ihm die ſchlimmere Ruthe der Hypochondrie droht. Es iſt ohne Zweifel leichter zu rathen als zu thun, vorzu- ſchreiben als zu folgen; aber das weiß ich aus eigner

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/283>, abgerufen am 24.11.2024.