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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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kleinen Ponys bespannt, der des Königs mit vieren,
die er selbst fährt, die andern mit zweien, und die
meisten Pferde von verschiedenen Farben. Lord H....
sah diese Equipagen mit Schrecken, da sie ihn fürch-
ten ließen, der König möchte uns begegnen, und sich
mal a son aise fühlen, unerwartete Fremde zu sehen,
denn der Monarch ist darin seltsam. Es ist ihm
unangenehm, irgend ein fremdes Gesicht, oder über-
haupt Menschen in seiner Besitzung zu sehen, und
der Park ist daher auch, die hindurchführenden Hauptstra-
ßen ausgenommen, eine völlige Einsamkeit. Des
Königs Lieblingsparthien sind außerdem dicht um-
schlossen, und täglich werden noch große Pflanzun-
gen angelegt, um Alles mehr privatim und versteckt
zu machen. An manchen Orten, deren Beschaffenheit
so ist, daß man leicht einen lauschenden Blick hinein-
werfen könnte, sind sogar drei Etagen Plankenzaun
übereinander gethürmt.

Wir eilten daher sehr, wenigstens die Giraffe zu
sehen, die uns zwei Türken, die sie von Afrika her-
übergebracht, vorführten. Ein seltsames Thier in
der That! Du kennst seine Gestalt, aber nichts kann
eine Idee von der Schönheit seiner Augen geben.
Denke Dir ein Mittelding zwischen den Augen des
schönsten arabischen Pferdes und des reizendsten süd-
lichen Mädchens mit langen rabenschwarzen Wim-
pern und dem innigsten Ausdruck von Güte, verbun-
den mit vulkanischem Feuer. Die Giraffe liebt die
Menschen, und ist äußerst "gentle" und von gutem
Humor, auch gutem Appetit, denn sie säuft täglich
die Milch von drei Kühen, die neben ihr ruhen.

kleinen Ponys beſpannt, der des Königs mit vieren,
die er ſelbſt fährt, die andern mit zweien, und die
meiſten Pferde von verſchiedenen Farben. Lord H....
ſah dieſe Equipagen mit Schrecken, da ſie ihn fürch-
ten ließen, der König möchte uns begegnen, und ſich
mal à son aise fühlen, unerwartete Fremde zu ſehen,
denn der Monarch iſt darin ſeltſam. Es iſt ihm
unangenehm, irgend ein fremdes Geſicht, oder über-
haupt Menſchen in ſeiner Beſitzung zu ſehen, und
der Park iſt daher auch, die hindurchführenden Hauptſtra-
ßen ausgenommen, eine völlige Einſamkeit. Des
Königs Lieblingsparthien ſind außerdem dicht um-
ſchloſſen, und täglich werden noch große Pflanzun-
gen angelegt, um Alles mehr privatim und verſteckt
zu machen. An manchen Orten, deren Beſchaffenheit
ſo iſt, daß man leicht einen lauſchenden Blick hinein-
werfen könnte, ſind ſogar drei Etagen Plankenzaun
übereinander gethürmt.

Wir eilten daher ſehr, wenigſtens die Giraffe zu
ſehen, die uns zwei Türken, die ſie von Afrika her-
übergebracht, vorführten. Ein ſeltſames Thier in
der That! Du kennſt ſeine Geſtalt, aber nichts kann
eine Idee von der Schönheit ſeiner Augen geben.
Denke Dir ein Mittelding zwiſchen den Augen des
ſchönſten arabiſchen Pferdes und des reizendſten ſüd-
lichen Mädchens mit langen rabenſchwarzen Wim-
pern und dem innigſten Ausdruck von Güte, verbun-
den mit vulkaniſchem Feuer. Die Giraffe liebt die
Menſchen, und iſt äußerſt „gentle“ und von gutem
Humor, auch gutem Appetit, denn ſie ſäuft täglich
die Milch von drei Kühen, die neben ihr ruhen.

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[149/0165] kleinen Ponys beſpannt, der des Königs mit vieren, die er ſelbſt fährt, die andern mit zweien, und die meiſten Pferde von verſchiedenen Farben. Lord H.... ſah dieſe Equipagen mit Schrecken, da ſie ihn fürch- ten ließen, der König möchte uns begegnen, und ſich mal à son aise fühlen, unerwartete Fremde zu ſehen, denn der Monarch iſt darin ſeltſam. Es iſt ihm unangenehm, irgend ein fremdes Geſicht, oder über- haupt Menſchen in ſeiner Beſitzung zu ſehen, und der Park iſt daher auch, die hindurchführenden Hauptſtra- ßen ausgenommen, eine völlige Einſamkeit. Des Königs Lieblingsparthien ſind außerdem dicht um- ſchloſſen, und täglich werden noch große Pflanzun- gen angelegt, um Alles mehr privatim und verſteckt zu machen. An manchen Orten, deren Beſchaffenheit ſo iſt, daß man leicht einen lauſchenden Blick hinein- werfen könnte, ſind ſogar drei Etagen Plankenzaun übereinander gethürmt. Wir eilten daher ſehr, wenigſtens die Giraffe zu ſehen, die uns zwei Türken, die ſie von Afrika her- übergebracht, vorführten. Ein ſeltſames Thier in der That! Du kennſt ſeine Geſtalt, aber nichts kann eine Idee von der Schönheit ſeiner Augen geben. Denke Dir ein Mittelding zwiſchen den Augen des ſchönſten arabiſchen Pferdes und des reizendſten ſüd- lichen Mädchens mit langen rabenſchwarzen Wim- pern und dem innigſten Ausdruck von Güte, verbun- den mit vulkaniſchem Feuer. Die Giraffe liebt die Menſchen, und iſt äußerſt „gentle“ und von gutem Humor, auch gutem Appetit, denn ſie ſäuft täglich die Milch von drei Kühen, die neben ihr ruhen.

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/165>, abgerufen am 24.11.2024.