Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

und die furchtbaren Zähne fletschendes, Crocodill
klettert eben an ihm herauf, einen ungeheuren Raub-
vogel verjagend und den andern Crocodillen drohend,
die aus dem See eilig zum Fraße herbeischwimmen.
Auf den Aesten der Bäume wiegen sich Geyer, und
in den Büschen zeigt sich eben der Kopf eines Ti-
gers. Auf der andern Seite erblickt man aber schon
mächtigere Raubthiere, nämlich drei englische Jäger,
deren Büchsen bereits auf das große Crocodill ange-
legt sind, und bald unter der gräulichen Versamm-
lung noch gräulichere Verwirrung erregen werden.

Ein anderes Stück spielt in Afrika. Das Ufer
des Meers ist die Scene. Man entdeckt Schiffe in
weiter Ferne. In der Nähe senkt sich ein Palmen-
wald, von Lianen durchzogen, bis in die klare Fluth bin-
ab, wo ein Boot am Anker liegt, in dem ein Neger
schläft -- aber in welcher schauderhaften Umgebung!
Eine der riesenhaften Boa-Schlangen ist aus dem
Walde hervorgesprungen, und während ihr Schweif
noch dort ruht, hat sie vorn schon einen losen Ring
um den Schläfer geschlagen, und streckt nun ihren
Hals hoch empor, zischend den Rachen gegen die Ge-
fährten des Negers öffnend, die mit Beilen zu Hilfe
eilen. Eben hat der Eine glücklich einen Theil ihres
Körpers zerschnitten, und so den nun erwachten, mit
den Zügen des gräßlichsten Entsetzens auf die
Schlange starrenden Sclaven gerettet; denn sobald
die Rückenmuskeln der Boa irgendwo durchschnitten
sind, verliert ihr ganzer Körper augenblicklich alle

und die furchtbaren Zähne fletſchendes, Crocodill
klettert eben an ihm herauf, einen ungeheuren Raub-
vogel verjagend und den andern Crocodillen drohend,
die aus dem See eilig zum Fraße herbeiſchwimmen.
Auf den Aeſten der Bäume wiegen ſich Geyer, und
in den Büſchen zeigt ſich eben der Kopf eines Ti-
gers. Auf der andern Seite erblickt man aber ſchon
mächtigere Raubthiere, nämlich drei engliſche Jäger,
deren Büchſen bereits auf das große Crocodill ange-
legt ſind, und bald unter der gräulichen Verſamm-
lung noch gräulichere Verwirrung erregen werden.

Ein anderes Stück ſpielt in Afrika. Das Ufer
des Meers iſt die Scene. Man entdeckt Schiffe in
weiter Ferne. In der Nähe ſenkt ſich ein Palmen-
wald, von Lianen durchzogen, bis in die klare Fluth bin-
ab, wo ein Boot am Anker liegt, in dem ein Neger
ſchläft — aber in welcher ſchauderhaften Umgebung!
Eine der rieſenhaften Boa-Schlangen iſt aus dem
Walde hervorgeſprungen, und während ihr Schweif
noch dort ruht, hat ſie vorn ſchon einen loſen Ring
um den Schläfer geſchlagen, und ſtreckt nun ihren
Hals hoch empor, ziſchend den Rachen gegen die Ge-
fährten des Negers öffnend, die mit Beilen zu Hilfe
eilen. Eben hat der Eine glücklich einen Theil ihres
Körpers zerſchnitten, und ſo den nun erwachten, mit
den Zügen des gräßlichſten Entſetzens auf die
Schlange ſtarrenden Sclaven gerettet; denn ſobald
die Rückenmuskeln der Boa irgendwo durchſchnitten
ſind, verliert ihr ganzer Körper augenblicklich alle

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0110" n="94"/>
und die furchtbaren Zähne flet&#x017F;chendes, Crocodill<lb/>
klettert eben an ihm herauf, einen ungeheuren Raub-<lb/>
vogel verjagend und den andern Crocodillen drohend,<lb/>
die aus dem See eilig zum Fraße herbei&#x017F;chwimmen.<lb/>
Auf den Ae&#x017F;ten der Bäume wiegen &#x017F;ich Geyer, und<lb/>
in den Bü&#x017F;chen zeigt &#x017F;ich eben der Kopf eines Ti-<lb/>
gers. Auf der andern Seite erblickt man aber &#x017F;chon<lb/>
mächtigere Raubthiere, nämlich drei engli&#x017F;che Jäger,<lb/>
deren Büch&#x017F;en bereits auf das große Crocodill ange-<lb/>
legt &#x017F;ind, und bald unter der gräulichen Ver&#x017F;amm-<lb/>
lung noch gräulichere Verwirrung erregen werden.</p><lb/>
          <p>Ein anderes Stück &#x017F;pielt in Afrika. Das Ufer<lb/>
des Meers i&#x017F;t die Scene. Man entdeckt Schiffe in<lb/>
weiter Ferne. In der Nähe &#x017F;enkt &#x017F;ich ein Palmen-<lb/>
wald, von Lianen durchzogen, bis in die klare Fluth bin-<lb/>
ab, wo ein Boot am Anker liegt, in dem ein Neger<lb/>
&#x017F;chläft &#x2014; aber in welcher &#x017F;chauderhaften Umgebung!<lb/>
Eine der rie&#x017F;enhaften Boa-Schlangen i&#x017F;t aus dem<lb/>
Walde hervorge&#x017F;prungen, und während ihr Schweif<lb/>
noch dort ruht, hat &#x017F;ie vorn &#x017F;chon einen lo&#x017F;en Ring<lb/>
um den Schläfer ge&#x017F;chlagen, und &#x017F;treckt nun ihren<lb/>
Hals hoch empor, zi&#x017F;chend den Rachen gegen die Ge-<lb/>
fährten des Negers öffnend, die mit Beilen zu Hilfe<lb/>
eilen. Eben hat der Eine glücklich einen Theil ihres<lb/>
Körpers zer&#x017F;chnitten, und &#x017F;o den nun erwachten, mit<lb/>
den Zügen des gräßlich&#x017F;ten Ent&#x017F;etzens auf die<lb/>
Schlange &#x017F;tarrenden Sclaven gerettet; denn &#x017F;obald<lb/>
die Rückenmuskeln der Boa irgendwo durch&#x017F;chnitten<lb/>
&#x017F;ind, verliert ihr ganzer Körper augenblicklich alle<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0110] und die furchtbaren Zähne fletſchendes, Crocodill klettert eben an ihm herauf, einen ungeheuren Raub- vogel verjagend und den andern Crocodillen drohend, die aus dem See eilig zum Fraße herbeiſchwimmen. Auf den Aeſten der Bäume wiegen ſich Geyer, und in den Büſchen zeigt ſich eben der Kopf eines Ti- gers. Auf der andern Seite erblickt man aber ſchon mächtigere Raubthiere, nämlich drei engliſche Jäger, deren Büchſen bereits auf das große Crocodill ange- legt ſind, und bald unter der gräulichen Verſamm- lung noch gräulichere Verwirrung erregen werden. Ein anderes Stück ſpielt in Afrika. Das Ufer des Meers iſt die Scene. Man entdeckt Schiffe in weiter Ferne. In der Nähe ſenkt ſich ein Palmen- wald, von Lianen durchzogen, bis in die klare Fluth bin- ab, wo ein Boot am Anker liegt, in dem ein Neger ſchläft — aber in welcher ſchauderhaften Umgebung! Eine der rieſenhaften Boa-Schlangen iſt aus dem Walde hervorgeſprungen, und während ihr Schweif noch dort ruht, hat ſie vorn ſchon einen loſen Ring um den Schläfer geſchlagen, und ſtreckt nun ihren Hals hoch empor, ziſchend den Rachen gegen die Ge- fährten des Negers öffnend, die mit Beilen zu Hilfe eilen. Eben hat der Eine glücklich einen Theil ihres Körpers zerſchnitten, und ſo den nun erwachten, mit den Zügen des gräßlichſten Entſetzens auf die Schlange ſtarrenden Sclaven gerettet; denn ſobald die Rückenmuskeln der Boa irgendwo durchſchnitten ſind, verliert ihr ganzer Körper augenblicklich alle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/110
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/110>, abgerufen am 28.04.2024.