und er schickte mir seinen Schwiegersohn M. F...., den ich schon in Dresden gesehen hatte, und hier des- sen Bekanntschaft mit Vergnügen erneuerte, um mich herumzuführen. Das Schloß ist modern gothisch, und prachtvoll meublirt. Man tritt zuerst in eine Halle mit bunten Fenstern, die auf einen innern Hof die Aussicht öffnen, der als Blumengarten benutzt ist; aus der Halle gelangt man seitwärts durch eine lange mit Waffen behangene Gallerie an die reich aus Holz geschnitzte Treppe, welche in den obern Stock führt, und von da in die Bibliothek, die hier fast immer auch als Hauptsalon für die Gesellschaft dient. Alles dies ist ebner Erde. Die Bibliothek hat zwei kleine Cabinets nach dem Garten zu, beide mit seltenen Sachen angefüllt. Unter diesen gefielen mir besonders zwei humoristische Handzeichnungen von Denon, dar- stellend das Lever des Cardinal Bernis in Rom, und ein Dine bei Voltaire, mit dem Abbe Maury, Dide- rot, Helvetius d'Alembert und einigen andern Philo- sophen. Sämmtliche Personen sind Portraits.
Interessant war auch ein vollständiges kleines Ameu- blement der Königin Antoinette, auf dem die Bild- nisse ihres Gemahls und Heinrich des Vierten an mehreren Orten angebracht waren. Aus der Biblio- thek ging man in ein eben so reiches zweites Gesell- schaftszimmer, und aus diesem in den Speisesaal. Neben beiden zog sich ein Gewächshaus in Form ei- ner Capelle hin, und überall boten die bis auf den Boden gehenden Fenster die Aussicht auf den herr- lichsten, von einem Fluß durchströmten Park. Auf
Briefe eines Verstorbenen. III. 14
und er ſchickte mir ſeinen Schwiegerſohn M. F...., den ich ſchon in Dresden geſehen hatte, und hier des- ſen Bekanntſchaft mit Vergnügen erneuerte, um mich herumzuführen. Das Schloß iſt modern gothiſch, und prachtvoll meublirt. Man tritt zuerſt in eine Halle mit bunten Fenſtern, die auf einen innern Hof die Ausſicht öffnen, der als Blumengarten benutzt iſt; aus der Halle gelangt man ſeitwärts durch eine lange mit Waffen behangene Gallerie an die reich aus Holz geſchnitzte Treppe, welche in den obern Stock führt, und von da in die Bibliothek, die hier faſt immer auch als Hauptſalon für die Geſellſchaft dient. Alles dies iſt ebner Erde. Die Bibliothek hat zwei kleine Cabinets nach dem Garten zu, beide mit ſeltenen Sachen angefüllt. Unter dieſen gefielen mir beſonders zwei humoriſtiſche Handzeichnungen von Denon, dar- ſtellend das Lever des Cardinal Bernis in Rom, und ein Diné bei Voltaire, mit dem Abbé Maury, Dide- rot, Helvétius d’Alembert und einigen andern Philo- ſophen. Sämmtliche Perſonen ſind Portraits.
Intereſſant war auch ein vollſtändiges kleines Ameu- blement der Königin Antoinette, auf dem die Bild- niſſe ihres Gemahls und Heinrich des Vierten an mehreren Orten angebracht waren. Aus der Biblio- thek ging man in ein eben ſo reiches zweites Geſell- ſchaftszimmer, und aus dieſem in den Speiſeſaal. Neben beiden zog ſich ein Gewächshaus in Form ei- ner Capelle hin, und überall boten die bis auf den Boden gehenden Fenſter die Ausſicht auf den herr- lichſten, von einem Fluß durchſtrömten Park. Auf
Briefe eines Verſtorbenen. III. 14
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und er ſchickte mir ſeinen Schwiegerſohn M. F....,
den ich ſchon in Dresden geſehen hatte, und hier des-
ſen Bekanntſchaft mit Vergnügen erneuerte, um mich
herumzuführen. Das Schloß iſt modern gothiſch,
und prachtvoll meublirt. Man tritt zuerſt in eine Halle
mit bunten Fenſtern, die auf einen innern Hof die
Ausſicht öffnen, der als Blumengarten benutzt iſt;
aus der Halle gelangt man ſeitwärts durch eine lange
mit Waffen behangene Gallerie an die reich aus Holz
geſchnitzte Treppe, welche in den obern Stock führt,
und von da in die Bibliothek, die hier faſt immer
auch als Hauptſalon für die Geſellſchaft dient. Alles
dies iſt ebner Erde. Die Bibliothek hat zwei kleine
Cabinets nach dem Garten zu, beide mit ſeltenen
Sachen angefüllt. Unter dieſen gefielen mir beſonders
zwei humoriſtiſche Handzeichnungen von Denon, dar-
ſtellend das Lever des Cardinal Bernis in Rom, und
ein Diné bei Voltaire, mit dem Abbé Maury, Dide-
rot, Helvétius d’Alembert und einigen andern Philo-
ſophen. Sämmtliche Perſonen ſind Portraits.
Intereſſant war auch ein vollſtändiges kleines Ameu-
blement der Königin Antoinette, auf dem die Bild-
niſſe ihres Gemahls und Heinrich des Vierten an
mehreren Orten angebracht waren. Aus der Biblio-
thek ging man in ein eben ſo reiches zweites Geſell-
ſchaftszimmer, und aus dieſem in den Speiſeſaal.
Neben beiden zog ſich ein Gewächshaus in Form ei-
ner Capelle hin, und überall boten die bis auf den
Boden gehenden Fenſter die Ausſicht auf den herr-
lichſten, von einem Fluß durchſtrömten Park. Auf
Briefe eines Verſtorbenen. III. 14
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/253>, abgerufen am 24.11.2024.
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