Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

"stummes Staunen, daß so viel Edelmuth noch in
"Israel gefunden werde, dann aber ließ rauschender
"und enthusiastischer Beifall den zu krönenden Sie-
"ger nicht länger mehr zweifelhaft."

Bei der eleganten und wohl furnirten Library ist
ebenfalls immer Jemand bei der Hand, die verlang-
ten Bücher zu suchen. Alle Journale trifft man
wohlgeordnet im Lesezimmer an, und daneben im
Carten-Kabinet *) eine Auswahl des neuesten und
besten in diesem Fach. Dieses ist so eingerichtet, daß
sämmtliche Carten, zusammengerollt, in abnehmen-
der Länge an den Wänden übereinander hängen, und
jede an einer in der Mitte befindlichen Schnur
über die unteren leicht zur Besichtigung herabgezogen
werden kann. Der Zug an einer Seitenschnur
rollt hingegen, durch einen einfachen Mechanismus,
die Carte mit großer Schnelligkeit wieder auf. Das
betreffende Land ist auf dem runden Mahagonistabe,
auf dem sich die Carte rollt, mit so großen Buchsta-
ben verzeichnet, daß auch die vom Auge entfernteste
Inschrift bequem gelesen wird. Auf diese Weise kann
man in einem ganz kleinen Kabinet eine große Menge
Carten über einander anbringen und alle ohne die
mindesten Umstände, wie man sie eben braucht, au-

*) Ich bemerke hier ein für allemal, daß, seit Preußen eine
Charte (Constitution) versprochen worden ist, mein Freund
zu besserer Distinktion die Orthographie angenommen hatte:
geographische Carte und Spiel karte zu schreiben. Er
hofft noch immer, daß diese Vorsicht nicht unnütz gewesen sey.

„ſtummes Staunen, daß ſo viel Edelmuth noch in
„Israel gefunden werde, dann aber ließ rauſchender
„und enthuſiaſtiſcher Beifall den zu krönenden Sie-
„ger nicht länger mehr zweifelhaft.“

Bei der eleganten und wohl furnirten Library iſt
ebenfalls immer Jemand bei der Hand, die verlang-
ten Bücher zu ſuchen. Alle Journale trifft man
wohlgeordnet im Leſezimmer an, und daneben im
Carten-Kabinet *) eine Auswahl des neueſten und
beſten in dieſem Fach. Dieſes iſt ſo eingerichtet, daß
ſämmtliche Carten, zuſammengerollt, in abnehmen-
der Länge an den Wänden übereinander hängen, und
jede an einer in der Mitte befindlichen Schnur
über die unteren leicht zur Beſichtigung herabgezogen
werden kann. Der Zug an einer Seitenſchnur
rollt hingegen, durch einen einfachen Mechanismus,
die Carte mit großer Schnelligkeit wieder auf. Das
betreffende Land iſt auf dem runden Mahagoniſtabe,
auf dem ſich die Carte rollt, mit ſo großen Buchſta-
ben verzeichnet, daß auch die vom Auge entfernteſte
Inſchrift bequem geleſen wird. Auf dieſe Weiſe kann
man in einem ganz kleinen Kabinet eine große Menge
Carten über einander anbringen und alle ohne die
mindeſten Umſtände, wie man ſie eben braucht, au-

*) Ich bemerke hier ein fuͤr allemal, daß, ſeit Preußen eine
Charte (Conſtitution) verſprochen worden iſt, mein Freund
zu beſſerer Diſtinktion die Orthographie angenommen hatte:
geographiſche Carte und Spiel karte zu ſchreiben. Er
hofft noch immer, daß dieſe Vorſicht nicht unnuͤtz geweſen ſey.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0146" n="106"/>
&#x201E;&#x017F;tummes Staunen, daß &#x017F;o viel Edelmuth noch in<lb/>
&#x201E;Israel gefunden werde, dann aber ließ rau&#x017F;chender<lb/>
&#x201E;und enthu&#x017F;ia&#x017F;ti&#x017F;cher Beifall den zu krönenden Sie-<lb/>
&#x201E;ger nicht länger mehr zweifelhaft.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Bei der eleganten und wohl furnirten Library i&#x017F;t<lb/>
ebenfalls immer Jemand bei der Hand, die verlang-<lb/>
ten Bücher zu &#x017F;uchen. Alle Journale trifft man<lb/>
wohlgeordnet im Le&#x017F;ezimmer an, und daneben im<lb/>
Carten-Kabinet <note place="foot" n="*)">Ich bemerke hier ein fu&#x0364;r allemal, daß, &#x017F;eit Preußen eine<lb/><hi rendition="#g">Charte</hi> (Con&#x017F;titution) ver&#x017F;prochen worden i&#x017F;t, mein Freund<lb/>
zu be&#x017F;&#x017F;erer Di&#x017F;tinktion die Orthographie angenommen hatte:<lb/>
geographi&#x017F;che <hi rendition="#g">Carte</hi> und Spiel <hi rendition="#g">karte</hi> zu &#x017F;chreiben. Er<lb/>
hofft noch immer, daß die&#x017F;e Vor&#x017F;icht nicht unnu&#x0364;tz gewe&#x017F;en &#x017F;ey.</note> eine Auswahl des neue&#x017F;ten und<lb/>
be&#x017F;ten in die&#x017F;em Fach. Die&#x017F;es i&#x017F;t &#x017F;o eingerichtet, daß<lb/>
&#x017F;ämmtliche Carten, zu&#x017F;ammengerollt, in abnehmen-<lb/>
der Länge an den Wänden übereinander hängen, und<lb/>
jede an einer <hi rendition="#g">in der Mitte</hi> befindlichen Schnur<lb/>
über die unteren leicht zur Be&#x017F;ichtigung herabgezogen<lb/>
werden kann. Der Zug an einer <hi rendition="#g">Seiten&#x017F;</hi>chnur<lb/>
rollt hingegen, durch einen einfachen Mechanismus,<lb/>
die Carte mit großer Schnelligkeit wieder auf. Das<lb/>
betreffende Land i&#x017F;t auf dem runden Mahagoni&#x017F;tabe,<lb/>
auf dem &#x017F;ich die Carte rollt, mit &#x017F;o großen Buch&#x017F;ta-<lb/>
ben verzeichnet, daß auch die vom Auge entfernte&#x017F;te<lb/>
In&#x017F;chrift bequem gele&#x017F;en wird. Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e kann<lb/>
man in einem ganz kleinen Kabinet eine große Menge<lb/>
Carten über einander anbringen und alle ohne die<lb/>
minde&#x017F;ten Um&#x017F;tände, wie man &#x017F;ie eben braucht, au-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[106/0146] „ſtummes Staunen, daß ſo viel Edelmuth noch in „Israel gefunden werde, dann aber ließ rauſchender „und enthuſiaſtiſcher Beifall den zu krönenden Sie- „ger nicht länger mehr zweifelhaft.“ Bei der eleganten und wohl furnirten Library iſt ebenfalls immer Jemand bei der Hand, die verlang- ten Bücher zu ſuchen. Alle Journale trifft man wohlgeordnet im Leſezimmer an, und daneben im Carten-Kabinet *) eine Auswahl des neueſten und beſten in dieſem Fach. Dieſes iſt ſo eingerichtet, daß ſämmtliche Carten, zuſammengerollt, in abnehmen- der Länge an den Wänden übereinander hängen, und jede an einer in der Mitte befindlichen Schnur über die unteren leicht zur Beſichtigung herabgezogen werden kann. Der Zug an einer Seitenſchnur rollt hingegen, durch einen einfachen Mechanismus, die Carte mit großer Schnelligkeit wieder auf. Das betreffende Land iſt auf dem runden Mahagoniſtabe, auf dem ſich die Carte rollt, mit ſo großen Buchſta- ben verzeichnet, daß auch die vom Auge entfernteſte Inſchrift bequem geleſen wird. Auf dieſe Weiſe kann man in einem ganz kleinen Kabinet eine große Menge Carten über einander anbringen und alle ohne die mindeſten Umſtände, wie man ſie eben braucht, au- *) Ich bemerke hier ein fuͤr allemal, daß, ſeit Preußen eine Charte (Conſtitution) verſprochen worden iſt, mein Freund zu beſſerer Diſtinktion die Orthographie angenommen hatte: geographiſche Carte und Spiel karte zu ſchreiben. Er hofft noch immer, daß dieſe Vorſicht nicht unnuͤtz geweſen ſey.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/146
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/146>, abgerufen am 22.11.2024.